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GAMES

Gründe, sich für eine oder keine Seite des Konsolenkriegs zu entscheiden

Xbox One und PlayStation 4 sind da. Wir haben sie ausprobiert und entdeckt: We go both ways!

Beta-Tester um 499 Euro bzw. 399 Euro gesucht
Seit fast drei Jahrzehnten erlebe ich es mit, dass ein Videospiel-Systemkrieg wütet. Hieß es in den 80er Jahren noch Commodore gegen Atari und Sega gegen Nintendo, so wütet aktuell der Kampf der Hardware-Giganten Sony gegen Microsoft. Eins vorweg: Dieser Meinungskasten wendet sich nicht an die Hardcore-Videospielgemeinschaft—denn diese hat ohnehin vor Monaten eine Vorbestellung aufgegeben und zockt vermutlich schon fleißig mit der neuen Konsole. Dem Rest sei empfohlen: Vielleicht einfach noch das üppige Spielangebot der letzten Gerätegeneration (PS3, Xbox 360 und Wii) in vollen Zügen genießen. Meist kann man zu Schnäppchenpreisen Toptitel aus so gut wie allen Genres kaufen, die auch immer noch technisch überzeugen. Lasst einfach ein halbes Jahr verstreichen und schafft euch dann in aller Ruhe den eigenen Spielvorlieben entsprechend (und abhängig davon, welche Exklusivtitel welcher Konsole die besten für euch sind) ein neues Gerät an. Die Anfangsschwierigkeiten wie Produktionsfehler, Software-Patches, Bugs und Glitches werden dann auch schon beseitigt sein. Vergesst nicht, dass die Spiele von PS4 und Xbox One derzeit an die 70 Euro kosten.
ANDRANIK GHALUSTIANS

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Mit dieser zur Geduld mahnenden Ansprache von unserem Games-Guru Nik, der auch Spielautomaten besser kennt, als ihr eure mit Tabakbrösel verdreckten Westentaschen, feiern wir das aktuelle Treffen der Spielkonsolen-Generationen und eröffnen offiziell den großen Verriss. Wir können uns nämlich NICHT gedulden. Wir sind gierig, hungrig und voller nägelabkauender Fragen, wie: Wird die Hardware-Schlacht von PS4 und Xbox One friedlich verlaufen—oder vielleicht sogar sexy?

Der eine verspricht Microsoft ewige Treue, verbringt aber eine versaute Nacht mit Sony. Der offenkundige PlayStation-Fanat liebäugelt im Kleiderschrank mit Kinect. Aber warum sollte man es sich eigentlich so schwer machen, warum sich mit der Wahl quälen? Wir leben schließlich in freien, emanzipierten und aufgeschlossenen Zeiten (beziehungsweise: wer sich eine dieser teuren Teile kaufen kann, kann sich vermutlich auch gleich beide kaufen).

Noch nie zuvor hatte ich dermaßen zwiegespaltene Gefühle und erkenne, während ich heimlich im Badezimmer eingesperrt meine Präferenzen überdenke: Man muss einfach auf beide Konsolen stehen! Es ist keine Schande und ich nenne diese Erscheinung einfach einmal „Bi-Gaming" (am besten wie „Bigamie" aussprechen, mit einem lasziv leisen, chinesisch klingenden „-ng" hinten dran). I'm a Cross-Gamer—and proud of it! Take that, Kroatien und all ihr anderen normativen Länder, die ihr uns vorschreiben wollt, welche Art von Beziehungen gut für uns sind!

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Jetzt aber im Ernst: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die eine Markenkonsole die andere verdrängen wird, so wie South Park das anhand des VHS-Betamax-Vergleichs vereinfacht. In Amerika hat sich die PlayStation 4 innerhalb von 24 Stunden über 1 Million Mal verkauft. Da die Xbox One die USA im Fokus haben, hat auch sie am Tag Eins des Verkaufskrieges die Million-Barriere mit Leichtigkeit geknackt.

Also: die Dinger sind fertig, finden offenbar ihre Abnehmer und liefern beide nachsintflutliche Hardware, auf denen man Muskelschwund-hervorrufend schöne Videospiele zocken kann—auch wenn es bis März eigentlich wenig gute Launch-Titel gibt. Es wird auch sicher eine Konsole mit etwas mehr Markt-Dominanz geben und auch wenn ich mich wiederhole (wie im eher pessimistischen Artikel X-Station 4 One erwähnt) fällt die Entscheidung darüber, wer die Herrschaft des zukünftigen Home-Entertainment Centers übernehmen wird, auf dem Schlachtfeld der kommenden, exklusiven Spieletitel—sozusagen am „Spielfeld". Beide haben Exklusiv-Hits, die mir in feuchter Vorahnung Mund und Augen wassrig machen. Jetzt heißt es für Sony und Microsoft weiterhin, die Kisten richtig zu vermarkten.

Blöderweise haben beide Firmen PR-technisch nicht optimal gearbeitet. Anfangs hatte Microsoft ankgekündigt, dass man mit der Xbox One permanent online sein muss und keine gebrauchten Spiele verwenden kann, was alles mittlerweile nicht mehr der Wahrheit entspricht—da schnell alles zurückgenommen wurde. Manchen 0815-Konsumenten ist das aber trotzdem im Gedächtnis verblieben. Auch Sony hat sich mit Gerüchten von Sabotage und hoher Fehlerquote bei der neuen PS4 herumschlagen müssen, komplett aufgebauscht und nicht belegt, aber für das Geschäft sind solche Gerüchte genauso beschissen. Da zeigen uninformierte potenzielle Käufer den Konsolen schnell die kalte Schulter.

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Man sollte aber viel mehr Angst vor der großen DLC-Verarschung haben. Soll heißen, dass man sich Spiele um teuer Geld kauft und dann immer gezwungen ist, für Erweiterungen, Zusatz-Levels, zusätzliche Figuren und allgemeine Spielinhalte auch noch zu zahlen. Online Multiplayer-Gaming ist bei beiden Konsolen sowieso schon mit Kosten verbunden, das neue Killer Instinct ist zwar gratis (!), aber ohne Charaktere ein ziemlich fades Schlägerspiel, und Forza 5 hat scheinbar auch einige der Strecken und Fuhrparks nur gegen extra Geld im Angebot.

Jetzt sehen wir uns mal an, was wirklich dahinter steckt: hinter der Hardware und hinter der Promo. Wir waren am selben Tag auf beiden marktschreierischen Presse-Veranstaltungen von Sony und Microsoft.

PlayStation 4 von Sony

Foto: VICE Media

PlayStation hat uns in die mehrstöckige Wohnung von profil-Chef Christian Rainers Bruder eingeladen. Hier wurden wir mit der traumhaften Aussicht auf den Stephansdom und einer extra PlayStation-Nostalgie-generierenden Etage umschmeichelt, in der wir die Geschichte der japanischen „Spielestation" Revue passieren lassen durften.

Wusstet ihr beispielsweise, dass die PS2 zwölf Jahre lang produziert wurde und sich weltweit 160 Millionen Mal verkauft hat? Die PS3 werden sie jetzt auch noch 4 bis 5 Jahre weiterbauen. Auch wenn die Mitarbeiter vor Ort wenig bis keine Ahnung von den Geräten hatten, war es spaßig, mit der einen Brünetten Buzz (für die 2er PlayStation) zu spielen und ich genoss ein qualitativ hochwertiges Omelette.

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Foto: VICE Media

Mittlerweile habe ich auch eine PlayStation 4 im Wohnzimmer stehen und muss sie aber bald wieder zurückgeben. Damn you, Repo-Man. Erster Eindruck: Es sieht schon alles verdammt geil aus, aber gleichzeitig fühle ich diese Meisterwerke der modernen Computertechnik irgendwie an mich verschwendet. So wie wenn du der 70-jährigen, christlich-fanatischen Tante die Hintergründe von Antichrist zu erklären versuchst, gibt es auch bei mir einfach manchmal Wahrnehmungs-Limits. Ich hab schon Angstzustände, die genialen Details und die atemberaubende Grafik nicht genug zu genießen.

Das neue Betriebssystem der Japaner ist völlig in Ordnung, hat zwar kleine Sony-typische Ungereimtheiten und Kinderkrankheiten im Netzwerk und Download-Bereich, aber nichts Schlimmes vor allem nichts, das von einem ordentlichen Update nicht gelöst werden könnte. Das PSN-Plus Angebot, für extra Content und Online Gaming, kostet circa 50 Dollar im Jahr. Ein erweitertes Social Media-System lässt dich 2000 PS4-Friends haben, was natürlich bei tatsächlicher Ausnützung komplett unübersichtlich wird, aber wer braucht schon Freunde. (Außerdem hat doch auch wirklich niemand von euch die Facebook-Obergrenze von 5000 Bekanntschaften jemals erreicht, oder?)

Bisschen Black Flag zocken, während der Steffel auf uns runterneidet. Foto: VICE Media

Der einfache und sehr freundliche Share Button am so bunt strahlenden, neuen PS4-Controller wird zur Überflutung des Internets mit den ständig gleichen Gameplay-Videos und Spoilern führen, da beide Konsolen Live-Video-Capture-Funktionen anbieten. Das heißt, ihr könnt eure Highscores, Headshots und Haidokens mitfilmen, um uns alle auf Twitch, Youtube und Facebook damit zu quälen.

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GIVE ME PLAYSTATION OR GIVE ME DEATH
Ich bin eigentlich sowieso kein Fan von nicht-tragbaren Konsolen, aber wenn ich mich schon in diese Schlacht werfe, dann sicher nicht für die Xbox One! Erstens habe ich Microsoft den Red Ring of Death aus Prinzip nie verziehen, zweitens ist die Xbox 360 sowieso immer die Konsole für den „Obnoxious Frat Boy" ohne Geschmack gewesen. Da schon lieber die lässig schlanke PS4—diesmal offenbar sogar mit normaler Prozessorarchitektur—, so dass das Programmieren darauf hoffentlich einladender wird. Ich mag auch Sonys Strategie, verstärkt kleinere oder ungewöhnlichere Spiele für den erwachsenen, etwas anspruchsvolleren Spieler zu pushen, während Microsofts Zielpublikum eher die bodenständigen Shooter- und Sport-Fans zu sein scheinen. Zu ernst sollte man den Konsolenkrieg aber dann noch nicht werden lassen, sondern einfach mal abwarten.
ANDREAS DOBERSBERGER

**Xbox One von *Microsoft***

Okay, ja, eine geschenkte Konsole wäre vielleicht wirklich zu viel gewesen und ein Headset reicht natürlich auch. Das wurde mir dann beim Fortgehen danach fast geklaut. (Foto: VICE Media)

Am gleichen Tag, benommen von zu vielen Bildschirmen und schon ganz zittrig manisch von den 50 Espresso-Shots, kamen wir leicht skeptisch im Microsoft Headquarter an und warteten. Eine Wohnhaus-Bautechnik-Konferenz hatte nämlich einen Parallelevent neben den nutznießenden Gamer-Journalisten. Wir bekamen als zeitliche Überbrückung eine Präsentation der Xbox One (inklusive Schleichwerbung für ein T-Mobile Wifi-Cube im Kombi-Angebot. Moment, jetzt habe ich es auch getan!)

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Die Xbox One ist ganz klar eine ur-amerikanische Konsole. Dort macht das Ding auch wirklich Sinn, mit Netflix-Kompatibilität, funktionierender Spracherkennung (Österreich spricht dafür scheinbar nicht Deutsch genug) und den nötigen Lizenzen der Privatfernsehen-Anbieter, die hierzulande auch noch nicht vorliegen. Man kauft zur Zeit viel (aber auch noch nicht voll ausgeschöpftes) Potential. Auch wurde mir schnell klar, dass die wahren Xbox One Anhänger extrovertierte, fast eingebildete Computer-Nerds sind, die mit ihrem Fachwissen den trotzdem herzhaft motivierten Microsoft-Typen ins Schwitzen brachten. Eigentlich war die Zielgruppe abzusehen, da im Bezug auf Hardware der Sprung vom PC zur Xbone nicht sehr groß ist.

Die Snap-Funktion beim Betriebssystem von der Xbox One und eine Frau mit Zither beim Parallel-Event von den sanitären Bautechnikern. (Foto: VICE Media)

Überhaupt sieht auch das Betriebssystem aus wie Windows 8 oder der Screen eines Android-Handys. Sprich Microsoft kann in puncto OS echt ziemlich brillieren, bietet traumhaft komplexes Multitasking, Pin-Systeme (die ich persönlich wieder als unnötigen Bullshit identifizieren muss) und eine Snap-Funktion. Letzteres teilt den Bildschirm in eine große Haupt-Spieloberfläche und einem kleineren Fenster an der Seite, zum Fernsehen, Skypen oder Musikhören—wahrscheinlich um die ewigen Ladezeiten zu verkürzen.

Auch hier explodieren die Möglichkeiten, Social Media einzusetzen. Es ist fast, als ob Steam und Facebook einen 69er hinlegen, während Youtube zuschaut und onaniert. Auch interessant, dass unser grüner Präsentations-Dude immer wieder über YouPorn scherzte, dabei aber mit der Maske der witzelnden Ironie dessen Kompatibilität mit den integrierten Broser zusicherte. Hardware aus der Zukunft für die Pornos der Zukunft. Microsoft ist eben NICHT Apple.

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Foto: VICE Media

Wir drifteten langsam weg in der süßen Monotonie des begeisterten Software-Jargons und hofften nur noch auf Bier und Fressen, da dieser „Countdown"-Launch-Event bis in die Nacht dauern sollte. Unser Wunsch war Microsoft Befehl und schon umspielte ein spooky Schatten-DJ das Catering mit mittelmäßigem Minimal. Dann wurde erst einmal Dead Rising 3 probiert und man muss sich eingestehen: Bei diesen Unmengen von Zombies geht einem das Herz auf, gerade wenn die Framerate nicht kippt. Auch der Security, der am PlayStation Event zuvor gearbeitet hatte und nun bei Microsoft FIFA 14 zockte (ohne Scheiß, der Typ oben, zweiter von links!), wirkte ziemlich begeistert. Und als nach Gin Tonic Nummer 6 der CEO von Xbox eine Ansprache hielt, applaudierten wir völlig freiwillig—dabei die Shrimps aus unseren Tütchen schüttend. Was ist nun die Conclusio?

Eine für die Zukunft und eine für Jetzt
Wie sich die Dinger im allgemeinen Nutzungsverhalten schlagen, wird sich erst in einigen Monaten zeigen, wenn die wirklich geilen Titel wie Watchdogs, Titan Fall und The Devision herausgekommen sind. Genaueres wissen wir erst, wenn wir im Schutze der eigenen Couch die wahren Nach- und Vorteile kennenlernen und Pizzakäse auf dem Unterhemd oder Bongwasser auf dem Parkettboden eintrocknet. Ist Gesichtserkennung ein Paranoid-machendes Unsinns-Feature? Wer setzt Screencatpure-Funktionen praktischer ein? Wird Spracherkennung jemals ordentlich funktionieren („Bitch, where's my savegame?") und werden bald alle OS-Schnitzer bereinigt sein? Xbox One ist jedenfalls die geniale Konsole der Zukunft (die dir als Multimedia-Gottheit/-Sklave buchstäblich jeden Wunsch von den Augen ablesen und mit dir sprechen wird, wie K.I.T.T., verdammt nochmal), aber die PlayStation ist für Menschen, die in der ordentlich funktionierenden Gegenwart leben und vielleicht jetzt schon einfach nur spielen wollen.

Das letzte Zitat stammt von mir selber und soll so etwas sagen wie: Kauft euch einfach beides und werdet glücklich mit eurem neuentdeckten Bi-Leben—oder aber, ihr wisst es besser, habt keine Geldscheißer oder nur einen Daumen. In allen drei Fällen braucht ihr (maximal) eins von beiden Hype-Geräten. Und auf dem Weg dorthin freuen wir uns über eure eigenen Manifeste zum epischen, aber ungewissen Paradigmenwechsel von verkrusteten Controllern zu mattierter, überdesignter Neuware. Eure Meinung, Hymnen und Lobhudeleien an Xbox One oder PlayStation 4 bitte einfach an mich per Mail.

Josef Zorn auf Twitter: @theZeffo

Andi und Nik auf Bildschirmsprünge