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Bis so guet

Kreisssaal bedeutungsschwangerer Fehlgeburten

Ein Plädoyer für das Ausrasten.

Es gibt einige Dinge, die muss man einfach ausleben. Werden uns diese Dinge verweigert, antworten wir für gewöhnlich mit einer eklatanten Akt der Frustration, die in der modernen Literatur durch die Fratze eines jähzornigen Aggressors verkörpert wird: Der Alter Ego.

Der Alter Ego ist eine Figur, die üblicherweise mit allem abrechnet, was Ego tierisch auf den Sack geht. Die Spaltung, die sie erleidet, ist gewissermassen symptomatisch für den Wahnsinn der Gegenwart, die sie hervorbringt. Sei es der Steppenwolf, Zarathustra, Raoul Duke oder Tyler Durden. Die Schizophrenie der Zeit zelebriert sich an der gespaltenen Zunge eines Protagonisten, der an sich reisst, was ihm genommen wurde, indem er das Dasein in Stücke reisst, das ihm der kollektive Gleichschritt auferlegt hat.

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Foto: theguardian.com (Glenn Greenwald und Laura Poitras/AP)

Das war einmal. Täglich werden wir mit einer Million Gründen bombardiert, um einfach einmal auszurasten. Eine Million Gründe, um der globalen Ignoranzmaschine »Lifestyle« den kulturellen Kleinkrieg anzusagen. Und was geschieht? Nennt mich naiv, aber just in diesem Moment, in dem der Noname Edward Snowden den Mächtigsten der Erde den Mittelfinger zeigt, bricht nicht etwa eine neue Ästhetik des Antihelden aus—nein; der kultivierte, abgeklärte Bonvivant betritt wieder die Bühne der intellektuellen Blitzlichtideale.

Vielleicht werde ich allmählich ich ein kleines bisschen paranoid. Aber langsam fühle ich mich umstellt von selbstgekrönten CEOs, ADs und CDs von Analphabetenverlagen, Schmalspurgalerien und Trittbrettmagazinen. Kaum aus den Windeln ihrer Mittelschichtsgymnasien entlassen, vollziehen die intellektuellen Zinnsoldaten ihre niedliche Usurpation des Geniekults, indem sie sich mit einer schmucken Aura von Exklusivität aufblasen. Inflationäre Hype-Halbgötter. Ein Marketing des Selbstapplauses. Die kleinen Lausbuben. Naja. Schon Napoleon hat erwähnt, zwischen Erhabenheit und Lächerlichkeit sei es nur ein kleiner Schritt. Aber wer interessiert sich schon für einen Mann aus einer Epoche, 200 Jahre vor Ray Banes, Apple oder ClubMate?

Foto: tumblr.com

Der Alter Ego ist ein Dinosaurier. Das neue Super-Ego der Primat, der aus den Fossilien sein Spielzeug bastelt. Er weiss wie bedeutungslos er ist. Und er zelebriert es. Das Symptom: Bedeutungsschwangere Fehlgeburten. Man schwafelt genussvoll von sich, der Trägheit, der Feigheit und der Fahrlässigkeit seiner Generation. Generation.. Dieses Schauderwort der Selbstverherrlichung. Dieses Schimpfwort pseudoavantgarder Kulturkritik. Generation; ein literarisch hochdestillierter Krampfanfall. Allein noch das Bemängeln, Ironisieren oder Loben von sich selbst macht einen zum Künstler, Denker und Poeten. Die Totale Symbiose. So positiv wie essbare Kotze.

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Bevor ich mir also die Ohren abhacke, damit ich nie wieder das Gelaber eines dieser Exemplare der Gattung Mittzwanziger in den Scheindreissigern in ihrem Sabberrausch der Yolo-Aphorismen ertragen muss, richte ich einen verzweifelten Appell an alle, die nicht den Klauen des synchronen Kopfnickens verfallen sind. Ihr übrig gebliebenen Idealisten unter den Kulturschaffenden, erhebt euch. Kultiviert euren Widerstand, dobt euren inneren Schweinehund. Rastet ausMacht irgendwas. Aber bitte zertrümmert diese Spiegelkabinette der lupenrein kaschierten Kreativhurerei.

Foto: cokeandtell.wordpress.com

Um dieses Wochenende das Ausrasten zu erproben, schlagen wir euch folgende Lokalitäten vor:

Donnerstag: Geniessen wir noch die letzten Tage beim Rundfunk FM an der Langstrasse. Die Radiostation bleibt noch bis am 17. August offen und sendet Qualitysound!

Freitag: Es ist Zeit der Alpenstadt wieder mal ein Besuch abzuhalten. Wir gehen ans Churer Fest! Es gibt kaum ein anderer Ort wo 30‘000 Menschen so besoffen und glücklich sind!

In Bern passiert was Spannendes. Falls du überhaupt weißt, dass die 80er eine bedeutende Ära für die Schweiz waren, dann ist das Konzert von Les Reines Prochaines im ONO für dich wahrscheinlich von Interesse.

Auch in Bern. Vinylfetischisten sei die Party «L'Or Noir» empfohlen, wo DJs noch mit echten Platten auflegen (oha).

Samstag: Gehen wir ans Tanz im Park Minimood Edition im Weiher in St.Gallen mit Afterparty in der Kugl.

Im Falle der «Indie Dance Issues» im Bonsoir, Bern sollte man sich als tanzwütiger Indianer nicht von DJ-Namen beirren lassen. Es legen [Ugly Kids ](http:// https://soundcloud.com/uglykids )und Kid Silly auf.

Sonntag: Findet in Winterthur das erste Wochenende der Musikfestwoche statt, lauter kostenlose Musik mit netten Menschen!