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Festival Summer

So überlebst du als über 25-Jähriger das Frequency Festival

Auch als alter Mensch kann man noch auf Festivals gehen. Und ja, 25 ist alt, wenn man von Festivals spricht.

Alle Geschichten zum Frequency 2016 findet ihr hier—und bei unseren Kollegen von VICE.

Generell gilt: Niemand von uns, der nicht wahnsinnig, verloren oder zu einem Studium auf der FH verdonnert ist, hat etwas in St. Pölten zu suchen. Die Hauptstadt des Bundeslandes, das durch weitläufige Flächen nicht überzeugt, ist nämlich ungefähr so attraktiv wie dein letztes Tinder-Date: nämlich gar nicht. St. Pölten ist ein Kaff, in dem Menschen mit eigenartigem Dialekt wohnen und eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln deine geistige Gesundheit gefährden kann. Ich spreche aus Erfahrung. Noch nie durfte ich so simplen Satzbau und Gesprächen der inhaltsbefreiten Sorte lauschen, wie am Weg vom Hauptbahnhof zum Green Park.

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Wie dem auch sei: Einmal im Jahr—dieses Jahr ab dem 17. August—wird der niederösterreichischen Stadt ein elementarer Sinn gegeben. Dieser Sinn hört seit 2009 auf den Namen Frequency (vorher fand es in Wien und Salzburg statt). Es ist das größte und für viele wichtigste Festival Österreichs und überzeugt durch überdimensionale Getränke-Becher, campen am Limit, und ein—naja—sagen wir lustig durchmischtes LineUp. Einige von euch werden schon Bekanntschaft damit gemacht haben. Einige schon vor mehr als zehn Jahren. Feel old yet? Du solltest, denn wahrscheinlich bist du wirklich schon alt.

Sei aber unbesorgt: Man kann auch als 25-jährige/r Oma und Opa auf das Festival gehen. Ich selber bin einer dieser Großeltern, deswegen werde ich hier ständig Worte wie "die Jugendlichen" und "Altersweisheit" verwenden. Hier also ein paar Dinge, die du als Festivalpensionist beachten solltest:

Versuch mal wieder jung zu sein—jedem ist egal, wie du dich verhältst

Foto von Laura Markert

Festivals sind Zonen der Anarchie, in der alle gesellschaftlichen Konventionen über den Haufen geworfen werden. Leute mit Matsch bewerfen? Alltag. Laut und falsch mitsingen? Gehört zum guten Ton (sorry). Lustige Hüte aufsetzen? Sollte eigentlich immer OK sein. Gerade als alter Mensch passiert es schnell, solche Ausbrüche der Jugendlichkeit als Unmöglichkeit abzustempeln. Wenn du ein Festival aber nicht nur überleben, sondern auch Spaß dabei haben willst, solltest du schnell alle diese Vorurteile ab- und dich in den Schlamm werfen.

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Nimm dir eine Rolle Gaffa-Tape mit, damit gewinnst du das Vertrauen der Jugendlichen

Die wichtigste Erfindung der Menschheit seit dem Rad, ist das Gaffa-Tape. Mit seinem Klebestreifen der Liebe hält es die Gesellschaft zusammen. Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass es nichts Nützlicheres auf einem Festival gibt. Dein Rollator ist kaputt? Gaffa her. Du hast deine Hosenträger zuhause vergessen? Gaffa hilft. Behalte das im Hinterkopf und eine Rolle Gaffa in den Taschen, denn du wirst es brauchen. Du kannst auch einen Gaffa-Servicedienst eröffnen. Laufe am Zeltplatz herum und repariere kaputte Campingsessel und flicke undichte Pavillons. So gewinnst du das Vertrauen der Jugendlichen und wirst als eine/r von ihnen akzeptiert. Aber gib dich als Dank nicht mit warmen Bier zufrieden, versuche etwas Wertvolleres wie leckere Briochebrötchen abzustauben. Und dann bedanke dich anschließend beim heiligen Gaffa.

Wenn du kannst, zelte nicht. Wenn du musst, zelte comfort.

Foto via Flickr | Mark Crossfield | CC BY 2.0

Es gibt Wege, um eine der altersfeindlichsten Festivaleigenschaften zu umgehen: Zelte nicht! Buch ein Hotel oder eine miete dir eine Wohnung in der Nähe des Geländes. Man kann auch jeden Abend mit dem Zug nach Wien fahren, wenn du da drauf stehst. Lässt es sich wirklich nicht vermeiden, dann melde dich fürs Green Camping an. Dort ist es verboten, laut zu sein und den Müll nicht wegzuräumen. Du kannst dort also unter halbwegs zivilisierten Bedingungen deine Ravioli aufwärmen. Damit tust du nicht nur dir etwas Gutes, du bist auch naturfreundlicher unterwegs.

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Du musst nicht um 8:30 Uhr mit Alkohol anfangen

Du weißt, warum du hier bist. Du bist alt, willst es aber nicht sein. Zumindest willst du, dass man es dir nicht anmerkt. Immerhin ist das eine der wenigen Gelegenheiten, sich in die jungen Jahre zurückzuversetzen, ohne mit größeren Konsequenzen wie Kündigung oder Zwangsexmatrikulation rechnen zu müssen. Leider gehört zum Jungsein auf Festivals das Guten-Morgen-Bier dazu. Man spült sich nach dem Zähneputzen den Mund mit Bier, kocht die Instantnudeln mit Bier und so weiter. Aber hier musst du versuchen, deine Altersweisheit einzusetzen und etwas weiter in die Zukunft zu blicken. Nämlich genau bis an den nächsten Morgen. Du weißt, dass man als alter Mensch viel mehr am Kater leidet als mit achtzehn. Erinnere dich daran, wenn du die verführerischen Klicks der Bierdosen am Morgen hörst. Übertauche die Zeit bis zum ersten Schluck mit Wasser und Kaffee. Dein Kopf dankt es dir.

Belehre junge Menschen nicht, sondern lerne von ihnen

Foto via Flickr | Alexander Gerl | CC BY 2.0

Du glaubst, du hast genug erlebt in deinem Leben und um deinen jugendlichen Eskapaden einen Sinn zu geben, willst du deine Erfahrungen weitergeben. Vorzüglich an junge Leute, weil die haben ja noch keine Ahnung vom Leben. Weißt du wie man das nennt? Belehrung. Und weißt du, wer gerne belehrt werden will? Niemand. Also behalt deine Pseudo-Lebensweisheiten für dich und versuche etwas von den jungen Leuten zu lernen, anstatt ihnen deinen Bullshit aufzudrängen. Passe dich an sie an, denn Festivals sind ihr natürlicher Lebensraum. Anders kann man es sich nicht erklären, wie jemand drei Tage auf dem Campingplatz überlebt. Der Festival-Darwinismus ist dein Freund, akzeptiere ihn.

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Zieh dir Funktionskleidung an—es ist egal, wie du aussiehst, du bist alt

Foto via Flickr | Joe Kniesek | CC BY 2.0

Anerkennung ist etwas Schönes, wenn es von den richtigen Leuten kommt. Es beruhigt, wenn man in seinem Tun bestätigt wird. Oder Anerkennung für seinen Modegeschmack erhält. Aber muss die Anerkennung von anderen Festivalgängern wirklich über deinem Wohlbefinden stehen? Nein, also zieh dich verdammt nochmal vernünftig an. Die After-Festival-Grippe kommt nicht von Chemtrails oder dem Dreck, in dem du drei Tage gelebt hast. Du warst einfach nicht warm oder wasserdicht genug angezogen. Du bist alt und brauchst niemandem mehr etwas beweisen. Du solltest viel mehr versuchen, einfach nicht zu sterben.

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