Wir haben junge Menschen gefragt, was sie von der Wiener Clubkultur halten

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Wir haben junge Menschen gefragt, was sie von der Wiener Clubkultur halten

"Wien soll sich den Stock aus'm Orsch ziehen."

Header: Anna Sophie und Hannah, alle Fotos (soweit nicht anders angegeben) von der Autorin

Ja, wir wissen: Das Wort "Clubkultur" wurde in Wien schon von so manchem als heißester Anwärter für das Unwort des Jahres genannt. In den letzten Jahren wurde es zu einem inflationären Begriff, der hauptsächlich in einen unerfreulichen Kontext gesetzt wurde. Begleitet von Sperrstunden, Behörden-Wahnsinn oder gar Schließungen. Und trotzdem brauchen wir dieses Wort, um den stagnierenden Club-Zustand der österreichischen Hauptstadt zu beschreiben.

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Wir haben uns schon ein mögliches, neues Geschäftsmodell des Clubs angesehen, mit Leuten geredet, die etwas an dem mangelnden Party-Modus der Stadt ändern wollen und uns diesem Thema schon auf verschiedensten Arten gewidmet. Was uns unter anderem aber auf jeden Fall fehlte, war die Meinung der Leute, die die Szene maßgebend mitbestimmen: euch. Also haben wir unseren Sonnenschutz aka Büro verlassen und euch ein paar Fragen zu dem Thema gestellt.


Von wegen Clubsterben: Es gibt auch Clubs, die leben ewig.


Anna Sophie, 25 und Hannah, 24

Geht ihr regelmäßig in Clubs?
Anna Sophie: Meistens eigentlich am Gürtel oder in die Arena, aber da geht man eigentlich nur so auf Konzerte. Beim Fortgehen dann eher so Chelsea, B72 oder Loft.
Hannah: Ich bin eher auf gemütlich und wenn Party, dann so trashig auf Bravo Hits-Partys im Weberknecht. Also wenn, dann so richtig "tiaf" [Wir alle lachen].

Also seid ihr eigentlich zufrieden mit der Situation, für euch ist alles cool?
AS: Ich eigentlich sehr, find es ganz cool. Wenn man Österreich her nimmt und betrachtet, dann sowieso, wenn man Berlin hernimmt, würd ich wahrscheinlich lieber tauschen.

Glaubst du, hätte ein Club, der 24 Stunden offen haben kann, in Wien eine Chance?
AS: Kommt auf das Lokal drauf an. Ich merke voll oft beim Fortgehen, da könnte ich noch länger aber das wird nichts, mit den Wienern.

Gerade in der alternativen Szene gibt es kaum Afterhours, da hat es die Techno-Szene besser erwischt.
H: Aber es ist schon oft so, dass man sich denkt: Und jetzt? Weil wir stehen dann alle noch motiviert da und man geht gezwungenermaßen heim. Es fehlt zumindest etwas zur Überbrückung, weil direkt nach der Sperrstunde auch nicht die perfekte Zeit fürs Frühstück ist.
AS: Es haut dich einfach nur ins Bett und du hast keine Wahl.

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Shukrije, 25

Da schneidet sie einem Mann gerade die Haare

Da schneidet sie einem Mann gerade die Haare im MQ.

Wo gehst du denn so fort?
Mir ist immer der Eintritt zu viel, deswegen geh ich auch selten wo hin, wo man einen bezahlen muss. Ich bin meistens auf der Gästeliste im Volksgarten, nachdem dort eine Kundin von mir arbeitet. Früher war ich gerne auch in der Pratersauna, aber die neue taugt mir nicht mehr.

Gehst du auch gern länger aus?
Ich war jetzt am Wochenende das erste Mal auf einer Afterhour – vom Life Ball. Da war ich bis um 12:00 Uhr mittags und wir haben die Leute beobachtet, die waren alle drauf. Diese Sachen habe ich schon hinter mich gebracht – Gott sei Dank.

Braucht Wien einen Club, der durchgehend geöffnet hätte?
Ja, sofern man keinen Eintritt zahlen muss.

Es sind ja auch oft einfach die Bookings, die den Eintritts-Preis gestalten …
Wenn die Musik gut ist, dann müssen es auch keine namhaften DJs sein. Denn oft ist die Stimmung auch mit bekannten DJs nicht da.

June, 26

Wie ist denn deine Meinung zur Wiener Clubkultur?
Ich bin eigentlich schon eine Clubgängerin, aber in Wien bisher noch nicht. Mir fehlt das auch ein bisschen, aber ich hab das Gefühl, dass ich den Laden noch nicht gefunden habe, in dem ich mich wohl fühle. Ganz egal bei welchem Programm.

Wo konntest du denn Clubgängerin sein?
In Berlin. Das fehlt mir eben so ein bisschen. Ich tu mir aber auch schwer zu sagen, was mir fehlt. Die Musik? Vielleicht ein bisschen feinerer Techno?

Du kennst es also aus Berlin, dass ein Club länger als 24 Stunden offen hat?
Ja. Glaubst du, das könnte in Wien funktionieren?
Ja! Bitte! So etwas wie das St.Georg oder das ://about blank, kann ich mir hier sehr gut vorstellen.

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Johnny, 22

Johnny.

Was sagst du zur Wiener Clubkultur?
Ich bin mit vielem in Wien zufrieden. Im Sommer bemüht sich die Szene darum, viel unter freiem Himmel zu veranstalten, was ich sehr gut finde. Und wir haben mit der Forelle einen richtig guten Club, der sich international durchaus mit den Besten messen kann. Aber es fehlt auch an Vielem. Die Politik steht richtigen Techno-House-Clubs leider immer noch sehr konservativ gegenüber, was es sehr schwer macht, neue Dinge zu probieren. Die alte Sauna vermisse ich auch sehr. Jeder, der sie kannte, wird mich verstehen.

Was darf sich die Wiener Clubkultur von internationalen Clubs abschauen?
Es wird viel zu oft gesagt, dass Berlin das Vorbild ist, nach dem man sich orientieren sollte. Aber es stimmt leider auch. Mir fehlt ein großer Club, in dem man sich ein ganzes Wochenende lang verlieren kann. Es ist nunmal was anderes, wenn man sich keine Gedanken machen muss, wo man um sechs oder sieben noch hingeht, sondern sich völlig einer Location hingeben kann. So entsteht eine ganz andere Stimmung.

Was würdest du an der jetzigen Situation ändern, wenn du könntest?
Eine andere Sache, die mich stört, die aber zurzeit eh geändert wird, ist, dass es zu wenig Selektion an der Tür gibt. Die Forelle gibt sich zwar schon Mühe, das richtige Publikum für die richtigen Veranstaltungen in den Club zu lassen, aber abgesehen von ihr, macht das fast kein anderer Club. Eine gute Selektion an der Tür ist wichtiger als man denkt. Leider ist die Schlange oft zu kurz, weshalb sich die Clubs das nicht leisten können.

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Amélie, 25

Das Foto hat uns Amélie zur Verfügung gestellt

Welcher Club ist dein Lieblings-Club?
Es war mal die Sauna – but these times are over und Kantine ist auch zu – das tut noch immer weh. Das war einfach so ein Treffpunkt. Alle Freunde waren dort – immer! Ich hab eigentlich keinen Lieblings-Club mehr.

Was würdest du ändern, wenn du könntest?
Wien den Stock aus'm Orsch ziehen und die Behörden ein bisschen auflockern. Zwecks der Musiklautstärke, den konservativen Sperrstunden und alles, was die Clubs dauernd zerstört. Aber im Prinzip könnt's uns schlimmer treffen. Da gibt's Städte, die noch weniger Auswahl haben oder die Behörden noch strenger sind.

Wo warst du früher unterwegs?
Don't judge me – aber ich steh zu meiner Vergangenheit: Club Couture –
aber ins Bollwerk werde ich definitiv nicht gehen.

Was darf sich die Wiener Clubkultur von internationalen Clubs abschauen?
Ich find, Wien ist schon ganz gut dabei, auch wenn derzeit die Clubszene irgendwie nachlässt. Mein Herz sagt, es fehlt ein durchgehend geöffneter Club, mein Hirn sagt, es ist besser für uns alle. Ich glaub nicht, dass das jemals funktionieren würde. Wien ist viel zu prüde und halt nicht so eine Freigeist-Stadt wie Berlin.

Dominik, 30

Bist du mit der Wiener Clubkultur zufrieden?
Eigentlich schon. Seit 17 Jahren immer noch geschafft, irgendwo leiwand zu dancen. Die Pratersauna war einmalig und die früheren Underground-Geschichten á la Wurstsalon waren top. Jetzt noch Forelle und ab und zu Flex. Und so Outdoor-Geschichten wie man sie aus Berlin Calling kennt, gibts mit Porto Pollo auch – Sass ist auch fein. Viel mehr würd wieder nur die Meute zerreißen.

Was würdest du ändern, wenn du könntest?
Es ist eh alles da. Die Marx Halle für große Sachen. Gemütliche Afterhour-Hüttn, HipHop gab's auch immer schon feinen und Kommerzshit sowieso. Jazzclubs à la Porgy & Bess gibt's auch, einen Haufen Kirchen für die Orgelfans, Stadthalle für die Schlager-Habis und auch so Indie-Schuppen wie das B72 – alles unter den Gürtelbögen. Arena seit 15 Jahren für die D'n'B-Kollegen und Rocker, Meggido für die Grufties – das waren Zeiten. Das Werk als ordentlicher Jugendtreff, Loft, MQ oder Reigen. Ich bin zufrieden … du musst mir aber nicht recht geben. Prime und paar andere Sachen kenn ich noch gar nicht.

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Damian, 20

Wo ist so deine Szene?
Als TU-Student auf jeden Fall so Studentenfeiern. Uni-Partys und wenn ich in Clubs gehe, dann U4 … aber so Clubs wie Pratersauna kenne ich noch nicht.

Bist du an sich zufrieden mit dem Wiener Fortgeh-Angebot?
Ja voll, wobei mir etwas im Freien noch fehlt. Ich weiß schon, dass das oft mit den Anrainern ein Problem ist, aber ein Raum sperrt dich einfach immer etwas ein. Oder eine "leistbare" Rooftop-Diskothek wäre auch cool.

Mister X

Hey.

Das Tonband hat leider deine Aufnahme verschissen und nun weiß ich nicht mehr, wie du geheißen hast. Aber das schöne Foto wollen wir dir nicht vorenthalten. Wenn du noch ergänzen möchtest, was du zu Clubukutlur zu sagen hast, schreib ein Mail an Noisey@vice.at.

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