"Auf dem Nu Forms buchen wir keine Künstler, die wir charakterlich/menschlich scheiße finden" – Ein Interview mit den Machern des Festivals

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Festivals 2017

"Auf dem Nu Forms buchen wir keine Künstler, die wir charakterlich/menschlich scheiße finden" – Ein Interview mit den Machern des Festivals

Mit Wilkinson, Mary, Delta Heavy, Loadstar oder Current Value wurde die zweite Phase des LineUps bekanntgegeben.

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung des Nu Form Festivals | © Samuel Colombo | Optical Engineers

Von 29. Juni bis 1. Juli wird das Nu Forms Festival das zweite Mal in Wiesen über die Bühne gehen. Wie auch schon letztes Jahr wird das LineUp von den österreichischen D'n'B-Größen Camo & Krooked kuratiert, weshalb Freunde der 170 BPM aufwärts wohl kaum vom LineUp enttäuscht sein werden. Bei Namen wie Netsky b2b Camo & Krooked, Black Sun Empire, High Contrast, Mefjus, Macky Gee oder Disaszt wäre Enttäuschung auch fehl am Platz.

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Seht euch hier die Noisey Doku mit und über Camo & Krooked und die österreichische Drum'n'Bass-Szene an.

Gerade eben wurde die zweite Phase des LineUps bekanntgegeben. Mit Namen wie Wilkinson, Mary, Delta Heavy, Loadstar oder Current Value und Andy C hat sich das Nu Forms weitere große Acts ins Boot geholt. Wir haben Camo & Krooked, Christian Lakatos (Directer) und  Robert Stefan (Body & Soul – Booking) ein paar Fragen gestellt, um herauszufinden, wie es ihnen beim Zusammenstellen des LineUps so erging, welche Fails vom letzten Jahr sie so schnell nicht wieder vergessen werden und wie das mit der Frauenquote bei einem Drum'n'Bass-Festival aussieht.

Noisey: Abgesehen davon, dass der Artist tourt – wie seid ihr bei der Auswahl der Künstler vorgegangen? Habt ihr mehr nach persönlichem Geschmack, wirtschaftlichem oder Konsumenten-Faktor gebucht? 
Christian: Letztendlich entsteht das LineUp aus einem Mix all dieser Faktoren. Würden wir ausschließlich nach persönlichem Geschmack agieren, wäre das Gesamtergebnis ziemlich sicher nicht verkaufsstark genug für ein Festivalgelände wie Wiesen. Die Wünsche der Festivalbesucher haben natürlich einen extrem hohen Stellenwert und somit massiven Einfluss aufs LineUp. Wir wollen aber auch Acts bringen, die für die breitere Masse der NUFler vielleicht noch nicht so oder gänzlich unbekannt sind. Letztendlich aber muss die Balance des Ganzen stimmen.

Besonders in der Szene der elektronischen Musik hört man oft Beschwerden, dass die Acts  unbezahlbar werden. Wie schafft man es dennoch, ein hochwertiges LineUp zusammenzustellen?
Christian: Hierbei stellt das NUF sicher eher eine Ausnahme dar. Wir kennen fast alle Artists, deren Managements oder Agenturen seit vielen Jahren persönlich und pflegen ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Wer beim NUF am LineUp steht, tut dies, weil er das Festival auch spielen will und sich auf sie Show freut. Somit entstehen hier keine Preis-Poker-Turniere wie man es beispielsweise von EDM kennt.

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Welche Learnings habt ihr ad Booking vom letzten Jahr mitgenommen?
Christian: Over all – dass der Tag 36 Stunden haben müsste, um alle Künstler unterzubringen, die wir gerne aufs NUF buchen würden. Und dass wir uns nach wie vor über Kleinigkeiten freuen können – wenn beispielsweise mal eine Agency Invoice vollständig korrekt ausgestellt bei uns einlangt, haha.

Was war der lustigste Fail, der euch letztes Jahr passiert ist?
Christian: Dan von Bad Company hat beim Check In am Flughafen in London sein Macbook beim Security Gate liegen lassen. Er ist – schon im Flieger sitzend – in letzter Sekunde noch draufgekommen, hat es sich im Laufschritt zurückgeholt, jedoch dadurch seinen Flug verpasst. Epic war der Fail in diesem Moment deswegen, weil wir extra alle vier Gründungsmitglieder der Truppe gebucht hatten, um ein wirkliches Special am NUF zu bringen. Ende gut, alles gut: Er hat noch einen späteren Flug erwischt und BC konnten mit etwas delay auftreten.

Gibt es Artists, die euch jetzt schon ein bisschen Nerven gekostet haben (Rider, Kosten, etc)? 
Christian:  Nicht wirklich, da wir ja ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Und wenn mal wer nervig wird, sind es letztendlich auch meistens nicht die Künstler selbst sondern deren Agents …

Was war bisher eure spannendste Erfahrung?
Christian:  MC Goldie alongside Bad Company.

Wie fühlt man sich, wenn man ein LineUp für ein gesamtes Festival zusammengestellt hat?
Camo & Krooked: Man freut sich natürlich über all das gute Feedback, das man bekommt. Es ist auch schön, Freunden zu ermöglichen, auf einem international anerkannten Festival spielen zu dürfen. Das LineUp reflektiert eine gesunde Mischung aus gerade angesagten Acts und unseren persönlichen Favoriten. Es fühlt sich gut an, dieses musikalische Erlebnis mit einer großen Gruppe an Musikenthusiasten zu Teilen.

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Habt ihr beim Booking auch auf die Frauenquote geachtet?
Camo & Krooked: Da für uns ein ausgewogenes LineUp sehr wichtig war, durften natürlich auch weibliche Performer nicht zu kurz kommen. Neben einer Live Show von der international tourenden Riya, haben wir unter anderem die D'n'B-Local Heroes Doree und Pandora an Board, die auch die Switch Stage hostet. Der weibliche Anteil könnte natürlich immer höher sein, jedoch ist der demographische D'n'B-Haushalt extrem männerlastig, was aber genau weibliche Auftritte sehr speziell macht. Im Großen und Ganzen geht es bei unserem Festival natürlich um Musik und nicht um das Geschlecht.

Welche Eigenschaften muss ein Booker haben?
Camo & Krooked: Er muss einen Überblick über die gesamte Szene/Gagen haben – immer am neuesten Stand sein, jedoch auf die alten Hasen nicht vergessen. Die Historie der Szene sollte ein Booker kennen, um immer einen überraschenden Act in petto zu haben. Soziale Kompetenz ist von enormer Wichtigkeit, wie ein Sinn für faire Deals, die keine der involvierten Parteien benachteiligt. Und das sind mehr Leute, als man denkt. Nicht nur der Booker, der Künstler und der Agent sollten glücklich mit den Vereinbarungen sein, sondern auch Veranstalter aus der Umgebung. Daher gilt es, auf nationaler bezeihungsweise sogar internationaler Ebene, immer Absprache mit anderen Bookern zu halten, um keine Clashes zu erzeugen.

Wenn ihr euch die Künstler eures Bookings ansieht: Wo seht ihr den roten Faden?
Camo & Krooked: Der rote Faden ist klar und deutlich Drum'n'Bass. Innerhalb dieser Grenzen toben wir uns wild aus und fahren einmal quer durch den Gemüsegarten. Eine Ausnahme haben wir: eine "No Cheese Policy", haha.

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Was war euer persönlicher Anspruch an das LineUp?
Camo & Krooked: Durch den Facetten-Reichtum von D'n'B und der Fangemeinde haben wir versucht, wirklich für jeden was dabei zu haben. Von Jump-Up-Newcomern für die jüngere Crowd, über Neurofunk-Drescher für die Hau-Drauf-Fraktion bis hin zu alteingesessenen Legenden für jene, die einfach schon lange dabei sind und nostalgische Momente aufkommen lassen wollen. Ein weiterer Anspruch war es, sich durch neue Back2Back Kombinationen, die es davor noch nicht so gegeben hat, frisch und neuartig zu präsentieren.

Wie sehr hilft euch eure Erfahrung im Auflegen bei der Auswahl der Acts?
Camo & Krooked: Unsere Erfahrung, die wir nach sieben Jahren "on the road" gesammelt haben, helfen uns dabei sehr, da wir schon von wirklich fast jedem internationalen D'n'B DJ ein Set gehört haben und die Reaktionen der Crowd gesehen haben. Weiters ist unser Team mit Rob von Body & Soul und Christian Lakatos vollgespickt mit Veteranen, die genug Erfahrung in diesem Bereich mit sich bringen.

Ihr kennt ja bestimmt schon einige Künstler persönlich. Haben Kontakte und Freundschaften beim LineUp eine Rolle gespielt? Vielleicht auch wegen der Kosten?
Camo & Krooked: Wir kennen in etwa 90 Prozent des LineUps persönlich und würden viele davon sogar als gute Freunde einstufen. Wir würden das LineUp aber dennoch nicht als Freunderl-Wirtschaft bezeichnen, da sich jeder Act am LineUp auch seinen Platz verdient hat. Natürlich ist es toll, so eine große Menge an Freunden aus der ganzen Welt einzuladen und mit ihnen mal ordentlich abzufeiern.

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Nun stehen ja alle Acts des Nu Forms 2017 fest. Habt ihr alle Künstler bekommen, die ihr euch gewünscht habt?
Robert: In diesem Moment sollten wir wirklich 3 Mal auf Holz klopfen – bis auf einen alten Bekannten, der durch die Hochzeit seiner Schwester verhindert ist, haben wir unser Wunsch LineUp umsetzen können – , was wirklich eine Ausnahme bei Festivals darstellt.

Auf welche Acts freut ihr euch persönlich am meisten? 
Robert: Man kann bei dieser Fülle der Artists hier kaum einen einzelnen rauspicken. Was uns aber wirklich außerordentlich freut, sind die zahlreichen, noch nicht da gewesenen b2b Performances, die heuer zustande gekommen sind.

Welcher Act war am schwierigsten zu bekommen?
Robert: Body&Soul, haha.

Wer sind derzeit eure persönlichen Favourites in Sachen D'n'B?
Robert: That´s a tricky one. Aber ich würde sagen, das heurige NUF LineUp spiegelt die Antwort dieser Frage ganz gut wider.

Wonach richtete sich euer persönliches Ausschlussverfahren? 
Robert: Ehrlicherweise nehmen wir konsequent Abstand davon, Künstler zu buchen, die wir charakterlich/menschlich scheiße finden.

Was sagt ihr zu dem Klischee, dass D'n'B in Österreich nur von "Kindern" am Land gehört wird?
Robert: … sagte der griesgrämige Techno-Veranstalter, haha. Aber mal ganz im Ernst – ich denke die Entwicklung insbesondere der letzten zwei Jahre in Wien, Innsbruck, Graz, Linz, etc. zeigen ein deutlich anderes Bild.

Isabella auf Twitter: @isaykah

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