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So solltest du beim Fortgehen mit Kellnern umgehen

Es gibt Jobs, die sind wunderbar. Dann gibt es Jobs, die etwas fürchterliches züchten: tiefen, unheilbaren Menschenhass. Kellnern zum Beispiel.

So sieht es aus, wenn irgendwo die Seele einer Kellnerin stirbt.

UPDATE: Isabella hat mit ihrem Text gestern viel Zustimmung unter ihren Gastro-Kollegen, aber auch viel Kritik von potentiellen Gästen eingesteckt. Der Rest der Redaktion, der normalerweise nur vor der Bar steht und sich über das Personal aufregt, hat sich heute morgen seine Wut hier heruntergeschrieben.

Es gibt Jobs, die sind wunderbar. Und mit wunderbar meine ich, dass sie nichts mit Menschen zu tun haben. Dann gibt es Jobs, die etwas Fürchterliches züchten: tiefen, unheilbaren Menschenhass. Kellnern zum Beispiel. Als recht verwöhntes Kind, dass in Schlössern am See gewohnt hat, auf eine Privatschule ging und der Putzfrau regelmäßig Tipps gegeben hat, wie sie ihren Körpergeruch unter Kontrolle bekommt, habe ich mich vor fünf Jahren dazu entschlossen, ein richtiger Mensch zu werden und besser spät als nie sowas wie Empathie und Compassion zu lernen. Vermutlich habe ich auch unter spätpubertären Nachwehen insgeheim gehofft, mich auflehnen zu können und meiner Mutter mit den Worten „Mama, ich habe beschlossen Lustobjekt für betrunkene, psychisch labile Männer zu werden. Ich werde Kellnerin!“ einen kleinen Schrecken einzujagen. Wobei, nein (Bussi, Mami) Egal. Mittlerweile habe ich schon in einigen Gastronomiebetrieben gearbeitet, und jobbe jetzt neben meinem Halbtagsjob bei Noisey ein bis zwei Mal pro Woche in einer Musikbar. Ich liebe meine zwei Chefs, die schon fast so etwas wie Familie für mich sind—was vermutlich der Grund ist, warum ich dort einfach nicht wegkomme. Die Stammgäste sind OK bis super und wenn gerade keine der (oft beschissenen, sorry) Bands spielt, legen wir unsere eigene Musik auf. So weit, so gut. Der Haken ist offensichtlich: Die Gäste.

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Über Menschen habe ich in den letzten Jahren mehr gelernt, als es mit einem Psychologiestudium möglich ist. Und das meiste davon wollte ich niemals wissen. Zugegeben: In meiner Jugend war ich auch kein einfaches Mädchen und habe Kellner zu meinen Sklaven gemacht. Immerhin habe ich aufrichtig versucht mich zu bessern. Die Sache ist nur: Ich habe mich gebessert, aber ihr euch nicht.

Wenn ihr nie Einblick in die Gläser-tragende, arschkriechende Hölle der Gastronomie hattet, könnt ihr euch wahrscheinlich auch nur schwer vorstellen, warum ihr Arschlöcher seid. Deshalb habe ich beschlossen, euch eine kleine Einführung in den respektablen Umgang und die Do´s and fucking Dont´s zu geben. Das hier könnte übrigens genauso gut ein tausend Seiten umfassender Roman sein. Dafür fehlt mir aber die Zeit.

Hör mit den beschissenen Bestellsprüchen auf
Bestellungssprüche wie „Kannst du mir die Luft aus dem Glas lassen?“, „Einen Gin Tonic—aber für Erwachsenene!“ oder „Ein kleines Bier in einem großen Glas. Und bitte voll machen.“, gehen nicht. Du bist nicht einmal in der angebrochenen Stunde das erste Arschloch, das auf diese „witzige“ Idee kommt. Auch wenn wir lächeln—wir tun ausnahmslos nur so, als wäre das ansatzweise lustig. Du bist ein unkreativer Idiot, der wahrscheinlich noch immer Blondinenwitze erzählt. Und noch was: Wenn wir sehen, dass du in Aufbruchstimmung bist und zu deinem Tisch kommen und fragen: „Willst du zahlen?“, dann—ALTER—denk nicht mal daran zu sagen „Nein, zahlen WILL ich nicht, aber MÜSSEN.“ Wirklich nicht. Du Idiot.

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Hör auf zu denken, dass wir deine Gedanken lesen können
Es gibt sie diese Menschen, die zu dir an die Bar kommen und sagen: „Wein.“ Abgesehen davon, dass „Bitte“ und „Danke“ meistens zu viel verlangt ist, stehen wir auch vor einem anderen Problem: Welchen Wein? Eine häufige Antwort in so einem Fall ist „Naja, einen Chardonnay natürlich.“ N-a-türlich, ganz klar. Wie konnte ich das nicht erkennen? Die Frage nach der Sorte erspart man sich besser. Und wenn ich schon zu deinem Tisch komme und frage, ob du noch ein Bier möchtest, dann möchte ich als Antwort nicht: „Was soll die Frage, sicher will ich noch ein Bier haben.“ hören. Woher soll ich wissen, dass dir deine vier Bier noch nicht gereicht haben? Aus der Kristallkugel?

Gib uns verdammt nochmal Trinkgeld
Newsflash: Kellner leben vom Trinkgeld. Ihr kennt den Spruch ja: Tip is not a town in China. Solange der Kellner nicht vor deinen Augen in dein Getränk reinspuckt, hast du Trinkgeld zu geben. Und zwar nicht unter 5%. Um dein Gedächtnis aufzufrischen: 10% bei Getränken und 20% bei Speisen. Wenn du kein Geld hast, trink Skol oder Tetrawein und nerve jemand anderen. Wenn du mir bei einer Rechnung von EUR 39,60 Vierzig Euro gibst und mit einer gönnerhaften Visage „Passt schon.“ sagst, dann, genau dann möchte ich dir ein Orchester bestellen, um deine Großzügigkeit zu feiern. Nicht, Arschloch. Und wenn du bei einer Zwischenrechnung Trinkgeld gibst, lass dir folgendes gesagt sein: Diese Rechnung ist Vergangenheit und zählt nicht für die nächste.

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Frage uns nicht, was denn das beste Getränk wäre
Freundchen, woher soll ich wissen, was du in deinen Erste-Welt-Körper reinschütten sollst? Es ist mir scheißegal. Und das Einzige, was ich dir in so einem Fall empfehle, ist die Tür. Wenn du diesen Satz dann noch mit sowas wie Puppe, Meister, Chefin oder sonst einem beschissenen Spitznamen beginnst, kannst du dir gratulieren. Du hast dich nämlich gerade zum unbeliebtesten Menschen der Welt gemacht. Weitere Dinge, die man wirklich nicht tut: Schnippen, pfeifen, wie in der Schule aufzeigen (ein kurzes Handzeichen reicht völlig) oder—worst—winken. Wenn du winkst, winke ich zurück und damit hat sich die Sache für mich erledigt.

Schrei uns nicht an
Wir wissen: Es ist laut. Du weißt nicht: Wir hören dich auch ohne, dass du uns in deiner Betrunkenheit ins Gesicht spuckst, weil du aus voller Inbrunst nach deinem verdammten Vodka Bull schreist. Schließlich haben wir gelernt, euch Wahnsinnigen von den Lippen zu lesen. Auch in anderen Fällen hast du uns nicht anzuschreien. Solltet ihr in einer Bar sein, in der es Essen gibt: Meistens kann der Kellner nichts für den Fraß, der dir an den Tisch gebracht wird. Wenn du mich anschreist, dass der Salat von Hofer ist und wie du dazukommst das zu essen, dann mein Freund, dann weiß ich das auch nicht. Wann werdet ihr lernen, dass Koch und Kellner zwei verschiedene Berufe sind? Niemals, nicht wahr?

Ratet mal wo man nicht hingreift. Richtig. Hinter die Theke.

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Eine Minute Geduld ist nicht zu viel verlangt
OMG. Manchmal kommt mir vor, Kellnern ist nichts anderes, als sich mit gierigen Hyänen um Energie zu prügeln. In der Regel werden Gäste wie bestellt (haha) im größten Stress ungeduldig und zu nörgelnden Kleinkindern. Ehrlich, wir bemühen jeden einzelnen so schnell wie möglich zufrieden zu stellen, aber manchmal ist eben viel zu tun. Das seht ihr auch, aber aus irgendwelchen Gründen fehlt euch die Fähigkeit eins und eins zusammenzuzählen. Generell gilt: Wenn der Kellner länger für deine Bestellung braucht, dann gibt es einen Grund. Wenn der Grund ist, dass du scheiße bist, dann bist du selbst Schuld.

Hör auf uns anzumachen und wage es nicht, uns anzufassen
Keine Kellnerin will deine dämlichen Sprüche über ihr Aussehen hören. Was auch immer du von dir gibst—wir haben es uns schon Millionen Mal von einem Anderen anhören müssen, der vor dir da war. Behalte deine Anmachsprüche für dich. Jeden. Wir sind nicht da, um mich euch zu flirten oder euch unsere Nummer zu geben. Wir sind hier, weil wir gerne in den Urlaub fahren, uns Möbel kaufen wollen oder gerne mit dem Taxi fahren. Anstarren könnt ihr euch auch abschminken. Wenn dich jemand ansieht, als würde er überlegen dich zu kaufen, findest du das angenehm? Und das was du wirklich niemals, never ever, unter gar keinen Umständen jemals machen solltes: FASS. UNS. NICHT. AN. Greif uns nicht an den Arsch, berühre unsere Hand nicht „zufällig“, lass unsere Hüften in Ruhe und denk nicht dran uns zum Abschied ein „Küsschen“ an die Wange zu geben. Wir werden ziemlich sicher kotzen müssen.

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Hör auf uns beim Vornamen zu nennen und uns vollzureden
Die harmlose Frage nach dem Namen zieht horrende Konsequenzen für Kellner mit sich. Dein Name wird nie wieder dir gehören. Ab der Sekunde, in der du ihn laut ansprichst, breitet er sich wie ein Lauffeuer auf die gierigen, sabbernden Münder der Bar aus. Du glaubst, du bist im Vorteil wenn du den Namen kennst? Falsch. Ganz falsch. Je öfter du ihn in den Mund nimmst, umso mehr werde ich dich ignorieren, weil du ihn ziemlich sicher missbrauchst. Wir sind keine Freunde. Und Kellner sind auch keine Therapeuten. Therapeuten bekommen um die 70 Euro die Stunde, was für euch bedeutet: Haltet die Fresse. Euer Darmverschluss, eure Affäre mit dem Mädchen das sich weigert sich zu rasieren, euer Haustiere—all das interessiert uns nicht. Wirklich nicht.

Nur weil du bis oben zu bist, heißt das nicht, dass wir falsch zusammenrechnen
Menschen fühlen sich wegen den komischsten Dingen hintergangen. Besoffene Menschen fühlen sich wegen ihrem Rausch hintergangen. Sie glauben dir nicht, dass sie sechs und nicht fünf Spritzer hatten, glauben, du hättest dir die Zahlen der Rechnung selbst ausgedacht, weil lustig. Wo wir schon bei dem Thema sind: Wir können auch nichts für die Preise, die in der Karte stehen. Es ist also sinnlos, uns darüber aufzuklären, dass das Bier bei uns „schon sehr teuer ist.“ Was sollen wir tun? Mal eben kurz bei der Brauunion und beim Staat anrufen? Fick dich.

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Wenn der Kellner sagt, es ist letzte Runde, dann ist es die verdammte letzte Runde
Es ist vier Uhr morgens. Alles was man möchte, ist dem Sonnenaufgang aus dem Weg zu gehen. Und dann: Da ist er. Der Vollpfosten, der angetanzt kommt und sagt: „Aber, aiinn klaaainns Pier geh no?“ (oder so). Nein, geht nicht. Wirklich nicht. Es ist unglaublich, wie wenigen Menschen die Sperrstunde und ihre Bedeutung ein Begriff ist. Zur Erklärung: Sperrstunde, die: gesetzlich festgelegte Uhrzeit, zu der Gaststätten o. Ä. täglich geschlossen werden müssen; Polizeistunde. Was gibt es daran nicht zu verstehen? Und wenn ich schon angezogen und ready to go vor euch stehe, und ihr immer noch auf euren faulen Ärschen sitzt, hoffe ich, dass es wirklich so ist, dass man alles im Leben zurückbekommt.

Abschließend noch ein paar allgemeine geltende Regeln:
—Du hast nichts hinter der Theke zu suchen. Wirklich nicht.

—Du kannst generell nichts richtig machen, deshalb solltest du jeden Satz mit „Entschuldigung“ beginnen.

—Zuckerstreuer sind—ob du es glaubst oder nicht—kein verdammtes Spielzeug. Wirklich nicht.

—Wenn ein Kellner freundlich ist, dann ist er neu.

—Der Aschenbecher ist für Zigaretten da. Nur für Zigaretten.

—Redet euch zusammen, bevor ihr entweder beschissen umstandsvoll bestellt oder der Kellner vier Mal wegen vier Idioten hin und her laufen muss.

—Behaltet das Rotgeld für euch. Wir sind kein Sparverein.

—Hört auf mich und vielleicht werden wir ja doch noch sowas wie Freunde.

—Bussi.

Ihr könnt Isabella manchmal leise auf Twitter weinen hören: @Isaykah

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