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Festival Summer

Wie es ist, nach fünf Jahren wieder auf ein Festival zu gehen

Irgendwann muss mit "dafür bin ich zu alt" auch wieder Schluss sein.

Ich bin gerade mal 23. In diesem Alter sollte man nicht jammern. Alles ist gut. Alles ist noch möglich. Es gibt nur eine Sache, die ich seit Monaten (nicht nur) bei mir beobachte. Langsam, aber zunehmend schleicht sich Bequemlichkeit ein. Irgendwann nerven die unbegrenzten Möglichkeiten. Irgendwann hat man jeden Blödsinn schon einmal gemacht. Irgendwann kommt die Zeit, "dafür bin ich zu alt" zu sagen.

Ich merke das beim Feiern. Fortgehen und am nächsten Tag aufstehen war früher mal. Im Bierzelt mit besoffenen Männern in einem schweißtropfenden Zelt schunkeln ist auch nicht mehr ganz so attraktiv wie Pizza, Netflix und Tiramisu oder ein guter Theaterabend. Ich merke, wie die Spontanität zunehmend verfliegt, ich mir zu viele Gedanken mache. Ich verstehe nicht mehr, warum man sich bewusst daneben benimmt. Ich weiß, was ich will. Und ich will mich nicht mehr überraschen lassen. Es ist furchtbar.

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"Und du wirst 21, 22, 23, und du kannst noch gar nicht wissen, was du willst. Und du wirst 24, 25, 26, und du tanzt nicht mehr wie früher."—AnnenMayKantereit

Als wir vor Wochen in der Redaktion über die Festivalsaison diskutierten, fragte mich mein Chef, was ich denn von den Vorschlägen halten würde—im Wissen, dass ich derjenige mit der wenigsten Ahnung von der Thematik bin. "Haha, schick ma doch den Schatti hin", sagte er, weil ich nichts sagte. Haha. Sehr lustig.

Aber irgendwann gefiel mir der Gedanke. Ich bin in den vergangenen Jahren alt genug geworden, irgendwann muss mit "dafür bin ich zu alt" auch wieder Schluss sein. Für einen inneren Ausbruch aus dem Erwachsenenleben gibt es wohl keinen besseren Ort als ein Festival. Raus mit den Chucks, den Trinkspielen und dem albernen Strohhut!

Das letzte Mal war ich vor vier oder fünf Jahren beim Frequency; so genau weiß ich es nicht mehr. Es fühlt sich jedenfalls an, als wäre inzwischen eine Ewigkeit vergangen—vor allem, wenn ich an die Geschichten denke, die ich hier nicht erzählen will. Vieles war so egal. Neben der Bühne schlafen, weil man grad müde ist und die nächste gute Band bereits eine Stunde später spielt. Tagelang keine Stimme mehr haben, weil man im Wavebreaker so abgegangen is. Die Handynummern der Freunde mit Edding auf den Arm schreiben, weil man das Handy beim Crowdsurfen verlieren könnte. Wir lachten über jene, die "green and silent" campten oder abends mit dem Auto nach Hause fuhren.

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Fünf Jahre danach sehne ich mich genau danach. Aber ich beschloss, dem "Super-Size-Me"-Prinzip folgend, mich immer für die "härtere" Variante zu entscheiden. Jede Nacht mit dem Bus nach Wien zum Schlafen fahren oder dort campen? Drei oder vier Tage? Mein Lieblingsbier um 1,09 Euro oder das um 45 Cent? Super Size Me.

Wie es also ist, nach fünf Jahren wieder auf ein Festival zu gehen? Nun ja, was soll ich sagen: So wie ich es erwartet habe. Anstrengend, dreckig, laut. Es hat sich nichts verändert—vom Cashless-System mal abgesehen. Der Veranstalter weiß noch immer nicht, dass es zu wenig Duschen und Toiletten gibt, die Leute schreien noch immer "Helga!", kleben sich mit Gaffer-Tape an den Zaun, einen Camping-Sessel oder an Bierdosen und haben verrückte Sachen mit.

Und ehrlich, vier Tage die Sau rauslassen tut gut. Auch, wenn ich mir jeden Morgen im stickigen Zelt "nie wieder!" dachte. Auch, wenn ich jetzt mal viel Ruhe brauche. Es hat mich vielleicht wieder ein wenig geerdet, mir einen Funken Unbeschwertheit und Spontaneität zurückgegeben.

Diese kindliche Leichtigkeit haben das Nicht-Erwachsen-Sein schön gemacht, weil man eben gemacht hat, worauf man im Moment Lust hatte. Ich glaube, manchmal braucht das jeder—egal, wie alt man ist. Und selbst, wenn man dafür einmal im Jahr zu Besoffenen ins Burgenland fahren muss. Am nächsten Tag kann man sich ja frei nehmen. Anstatt nach viel zu wenigen Stunden Schlaf einen Artikel darüber zu schreiben. Für nächstes Mal habe ich mir genau das auch ganz fest vorgenommen. Gute Nacht.

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Alle Fotos:  Vera Gasber

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Dieser Artikel ist ursprünglich auf VICE Alps erschienen.

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