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Noisey News

Wer ist die Schweizer Neonazi-Band Amok und wieso ist sie noch nicht verboten?

Die Rechtsrock-Band hat klare Verbindungen zu Neonazi-Organisationen wie Blood & Honor und wurde wegen ihren Texten bereits verurteilt.
Foto: Links Antifa Bern | Rechts: Screenshot YouTube

Mit ihrem Auftritt am Neonazi-Festival in Unterwasser vom vergangenen Wochenende steht auch die Schweizer Rechtsrock-Band Amok wieder in den Schlagzeilen. Eine Band, die klare Verbindungen zu Neonazi-Organisationen hat, Fremdenhass und nationalistische Werte besingt und deren Frontmann schon diverse Male wegen Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz verurteilt wurde.

Amok trat 2005 zum ersten mal aus den Neonazi-Kreisen in die breite Öffentlichkeit, als ein SRF Rundschau-Reporter einen ihrer Auftritte bei einem Anlass der in Deutschland verbotenen Neonazi-Organisation Blood & Honor mit versteckter Kamera festhielt. Drei Jahre später wurden die Bandmitglieder identifiziert und angezeigt. Mit der Publikation des Albums Verbotene Wahrheit—auf dessen Cover eine Meute mit Hakenkreuzbannern und Schweizer Fahne das Bundeshaus stürmt—verstiess die Band diverse Male gegen die Antirassismus-Strafnorm. In ihren Texten leugnete die Band zudem den Holocaust und drohten dem Journalisten Hans Stutz mit dem Tod.

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Der Anwalt von Amok, Valentin Landmann, verharmloste damals öffentlich die Aussagen. "Es [die Morddrohung] war als verbaler Schlagabtausch gemeint. Dann hat man entsetzt festgestellt, dass es als ernsthafte Drohung aufgefasst wird. Sie meinten es nicht so, akzeptieren aber den Vorwurf. Meine Mandanten sind nicht gewalttätig", sagte Landmann gegenüber SRF 1. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Zwei Bandmitglieder gehörten 2007 zu einem Neonazi-Mob, der eine Kundgebung der Juso in Glarus angriff. Im Juli vergangenen Jahres führte Frontmann Kevin Gutmann ausserdem eine Gruppe an, die einen Juden in Zürich-Wiedikon gewalttätig attackierte. "Das sind bei weitem keine der gravierenden Fälle, die man aus der links- oder rechtsextremen Szene kennt. Von der Haltung her und wie ich sie [die Band] kennengelernt habe, sind sie junge Menschen, die ihre Grenze austesten wollten", sagte Anwalt Landmann zur Schlägerei in Glarus.

Für die Aussagen auf dem Album wurden die Bandmitglieder zu 120 bis 125 Tagessätzen verurteilt, Frontmann Kevin Gutmann stand ausserdem zweimal wegen Körperverletzung und einmal wegen illegalem Waffenbesitz vor Gericht.

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Mittlerweile soll von der Originalbesetzung von Amok nur noch Kevin Gutmann übrig sein—Gerüchten zufolge gab es interne Querelen. Gutmann verbreitet aber mit seinen neuen Musikern das gleiche rechtsradikales Gedankengut: 2015 erschien die letzte Platte Das Lumpenpack von Bern. Darauf wünscht sich die Band eine "Sintflut" für Behinderte, Transgender-Menschen, Veganer und Homosexuelle und lassen ihrem Hass gegenüber Einwanderer und Asylanten freien lauf. Gutmann befürwortet mit Textzeilen wie "Ich schäm mich nicht für meine Väter, die man heut' verschmäht als Täter" zum wiederholten Male den Holocaust. Dass die Platte auf dem rechtsextremen Musiklabel Front Records erschien, unterstreicht den rechtsextremen Hintergrund der Band. "88"-Zeichen, "Ehre & Treue"-Sprüche und die Reichsfahne zieren das Merchandise des internen Stores.

Und obwohl Amok wegen ihrer Musik schon verurteilt wurde und alle Werke gegen diverse Gesetze verstossen, können die Rechtsrocker einfach weitermachen. "In der Schweiz gibt es im Gegensatz zu Deutschland keinen Musikindex", sagt SUISA-Pressesprecher Giorgio Tebaldi zu Noisey. Wenn Werke gegen das Strafgesetz verstossen, wie etwa Antirassismus-Strafnorm oder öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttaten, kann man hingegen rechtlich gegen die Musiker vorgehen und zum Beispiel ein Auftrittsverbot bewirken. Heisst: Neue Werke werden keiner Prüfung unterzogen, erst wenn die Tonträger auffallen—durch die Öffentlichkeit oder die Staatsanwaltschaft—werden sie kritisch beäugt. Natürlich spielt dem nicht entgegen, dass sich Bands wie Amok auch einfach in einem Graubereich bewegen. "Die Musiker von Amok sind keine SUISA-Mitglieder. Mir ist keine Verwertungsgesellschaft bekannt, die Musiker aus solchen Bands als Mitglieder aufnehmen würde.", sagt Tebaldi. Jeder kann rechtspopulistische Musik herausbringen—urheberrechtlich ist sie selten bis nie geschützt. "Ein Veranstalter von solchen Konzerten macht sich jedoch strafbar", fügt Tebaldi hinzu.

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