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Soll man an Weihnachten ausgehen?

Fortgehen zu Weihnachten? Für Fredi ein No-Go, für Isa ein Go-Go.
Foto von Samantha Tobisch

24.12. – der Tag, den der Kapitalismus über alles liebt. Man setzt sich mit seiner ulkigen Familie zusammen, isst dekadent warme und kalte Nahrungsmittel und sauft sich zu den Klängen von Mariah Carey an. Dann begibt man sich zu einem abgesägten, kitschig geschmückten Tannenbaum mitten im Wohnzimmer. Danach tun alle so, als wären sie über die Geschenke, die man vorbestellt hat, extrem überrascht und verstecken eventuell noch ihre Enttäuschung. Wenn noch Kinder mit am Tisch sind, fallen so Sätze wie: "Danke Mama, ähm, für das Weitergeben meines Wunschzettels an das Christkind." Dann sagt das Kind so etwas wie "Das Christkind gibt es nicht!" und alle angesoffenen Erwachsenen versuchen den bereits verlorenen Idealismus des Kindes zu retten und lügen es an. Das ist Weihnachten.

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Ja, Weihnachten ist anstrengende Familienzeit. Irgendwann ist das ganze aufgesetzte Spektakel vorbei und man sitzt mit seinem Rausch irgendwo zwischen Vanillekipferln, aufgerissenen Geschenkpapier und seinen Geldgeschenken. Dann stellt sich die Frage, ob man noch fortgehen möchte. Mit seinen Freunden – also der Wahl-Familie. Wir zwei beziehen diesbezüglich klare Positionen, die komplett unterschiedlich sind. Zeit für ein Pro und Contra.

Contra – Fredi

OK, Leute. Stellt euch vor, ihr glüht mit eurer Familie vor. Schrecklich? Tja. Genau das macht ihr, wenn ihr zu Weihnachten geplant fortgeht. Das Trinkverhalten ändert sich zumindest unterbewusst, wenn man weiß, dass man nachher noch fortgeht. Außerdem: Ja. Ich weiß eh, uns geht die Kirche am Arsch vorbei. Aber Fortgehen zu Weihnachten spuckt halt der religiösen Tradition so richtig mitten in die Fresse. Mitten rein. Da sitzen Menschen in der Mitternachtsmesse, während du deinen Wodka Orange in ein räudiges Bar- oder Club-Klo kotzt. Und mein Freund, ich bin wirklich die allerletzte – die aller, aller, allerletzte – die zum Fortgehen nein sagt. Oder saufen unpassend findet. Oder die Moralkeule schwingt. Gott verdammt und jetzt bin ich die Spießerin.

Und weil ich die allerletzte bin – und du bestimmt auch, mein angesoffener Weihnachtself – brauch ich es genau an diesem einen Tag im Jahr nicht. Wirklich, ich habe nachgedacht. Es gibt genau einen Tag im Jahr, an dem Fortgehen einfach unpassend ist. Ein Tag von 356 Tagen. Ich meine, wie glaubst du, geht das Ganze aus? Es mündet entweder in einem räudigen One Night Stand. Oder dem stundenlangen Schlüsselloch suchen. Oder einem Mix aus beiden Situationen. Auf jeden Fall mit einem Kater. Und ich bin nicht gläubig. Ich ehre nur die Tradition – ein Mal im Jahr. Wenn auch zu Weihnachten bei dir Party über der Familie steht, dann tätige ich Stoßgebete für dich.

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Nimm die entkirchlichte Restbedeutung dieser Tradition und verbringe die Zeit mit deiner Familie. Spiele mit deinen nervigen Geschwistern. Streite dich mit deiner Mutter. Spiel mit deinen Geschenken. Oder mit dir selbst. Friss noch mehr, als du eh schon hast. Was auch immer du tust – genieße deinen Rausch daheim. Sei fucking besinnlich. Freunde triffst du eh morgen. Oder am Tag davor. Oder an Silvester. Genieße die Prä-Silvester Stille, finde deine innere Mitte und schau einen Weihnachtsfilm.

Pro – Isa

Weihnachten ist mir egal, es berührt mich nicht. Ich habe einen Wächter vor meiner Seele aufgestellt und der passt auf, dass ich mich diesem Brainwash nicht hingebe. Wenn du diese Zeit des Jahres liebst, dann ist das dein gutes Recht, da mische ich mich nicht ein. Der 23. und der 24. Dezember sind Tage, die dazu da sind, um auszugehen. Wenn deine Familie irgendwo in ganz Österreich verstreut ist, bleibt dir auch nichts anderes übrig, als Weihnachten mit Freunden in der einzig offenen Bar zu verbringen. Alles, was ich heuer also auspacken werde, ist eine Flasche Champagner. Klingt snobistisch? Etwas. Wird es deshalb weniger großartig? Nah.

Kommen wir zum Punkt. Warum du am 24. Dezember ausgehen solltest? Du wirst es brauchen. Nach der jährlichen Heuchlerei und der Überdosis Liebe wirst du ein Umfeld brauchen, das dich wieder runterholt. Eines, das dich in die Realtiät holt. Weihnachten und alles, was damit zu tun hat, ist nicht real. Es ist eine verdammte Scheinwelt, die sich in euer sehnsüchtiges Leben geschlichen hat. Weißwein-Spritzer > Sternspritzer, Freunde und philosophierende Alkoholiker > Tante Mitzi, die der gesamten Familien die Nerven raubt. Und überhaupt: Der katholischen Kirche bin ich nichts schuldig, wenn überhaupt, dann umgekehrt.

Außerdem ist es selten der Fall, dass deine Freunde, die Familie, die du dir immerhin selbst ausgesucht hast, versammelt vor Ort sind. Nicht alle, aber potenziell viele. Sich genau an diesem Abend, an dem die ganze Welt spinnt, mit diesen Menschen zu verbringen, kann nur gesund sein. Und der besondere Bonus: Viele Menschen sind in ihren eigenen vier Wänden gefangen, irgendwo zwischen Lametta und Geschenken, die sie nie brauchen werden. Das heißt, die Chance Idioten zu begegnen ist erfrischend gering. Du, deine Freunde, euer traditionelle Saufladen und alles ist gut.

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