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Warum wird MF Doom überhaupt noch gebucht?

MF Doom ist einer der Musiker, die sich herausnehmen, was sie wollen. Zum Beispiel nicht zu den eigenen Konzerten zu kommen. Oder wen anderes hinter der Maske zu verstecken.

Es gibt Musiker, die ab irgendeinem schlecht zu spezifizierenden Punkt ihrer Karriere einen Freibrief erhalten haben, sich wie das größte Arschloch aller Zeiten zu verhalten und trotzdem geliebt werden. Offizieller König dieser Disziplin ist Kanye West, zumindest taucht der aber in aller Regel bei den Shows auf, für die er angekündigt wurde—oder sogar wo er nicht angekündigt wurde, wie bei seinem Überraschungsauftritt beim Drake-Konzert in Berlin.

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Über solche profanen Dinge kann MF Doom nur müde lächeln kann. Auftreten? Fans? Irgendetwas für das Geld tun, das ihm Booker in den Rachen werfen? Wozu, wenn man ein weltweit anerkanntes musikalisches Genie ist und mit dem selbsterschaffenen „Super Villain“ auch noch ein Alter Ego am Start hat, das einen Blanko-Scheck zum Scheiße sein hat—alles natürlich im Namen der Kunst. Dementsprechend mag es ein bisschen naiv gewesen sein, dass hunderte Doom-Fans, mich eingeschlossen, tatsächlich gedacht haben, dass der 43-jährige Ausnahmerapper sich beim gestrigen „Once Again“-Gig im Berliner Club Gretchen wirklich blicken lässt. Rund eine Stunde vor Einlass wurde das Event ohne weitere Nennung von Gründen abgesagt.

Woran lag’s? „Word on the street“ ist (wie wir im HipHop-Journalismus gerne sagen und uns dabei vorstellen, dass wir Hoodreporter in der Bronx sind), dass MF Doom einfach keine Lust hatte. Ein Facebook-User (die wohl beste Quelle der Welt), hingegen zitiert einen angeblichen Freund des Veranstalters, laut dem vergessen wurde, alle Verträge zu unterzeichnen, weshalb der Rapstar dann einfach direkt nach Großbritannien weitergereist ist. Die Verantwortlichen scheinen sich dazu auf unsere Anfrage hin allerdings nicht äußern zu wollen.

Jetzt ist es sicherlich möglich, dass Doom selbst keinerlei Schuld an dieser Sache trägt. Sieht man sich allerdings seine Auftrittshistorie an, scheint das eher unwahrscheinlich. Seine Angewohnheit, Playback-Doppelgänger für sich auf die Bühne zu schicken, ist mittlerweile so bekannt, dass sie ein eigenes Kapitel in seinem Wikipedia-Artikel bekommen hat. 2012 soll der Rapper sogar Londoner Veranstalter mehr oder weniger um mehr Geld (für weniger Leistung übrigens) erpresst haben, um dann schlussendlich doch nicht selbst auf der Bühne zu stehen. Die Veranstalter machten ihrem Zorn öffentlich Luft und zogen damit eine ganze Reihe von Artikeln und Blogeinträgen nach sich, die irgendwo zwischen fassungslos und wütend einzuordnen sind. Übrigens auch auf Noisey.

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MF Doom auf der Bühne. Oder? Foto via RESPECT

Während egotripland.com eine Liste mit den sechs peinlichsten Fake-Auftritten aus den letzten Jahren zusammengestellt hat, ist sich der Künstler selbst übrigens keiner Schuld bewusst. Der Gipfel der Frechheit ist dabei ein Interview zum Thema, das er dem Rolling Stone im Jahr 2009 gab: „Jeder hat das Recht, es zu verstehen oder eben nicht. Nachdem ich es öffentlich gemacht habe, kann man es interpretieren. Es wirkt vielleicht so, als würde das alles nicht gut laufen, aber woher wollen wir wissen, dass das nicht alles so geplant war, damit wir jetzt darüber reden können? Ich sage dir eins: Die Leute fragen jetzt immer öfter nach Auftritten und ich verlange mehr Geld, also muss es ja funktioniert haben.“

Jetzt könnte man schlussfolgern, dass Doom, WENN er tasächlich mal selbst auf der Bühne steht, das Haus so richtig abreißt und seiner Rolle als Genie am Rande des künstlerischen Wahnsinns gerecht wird. Oder? Nö. Als er 2011 im Berliner Astra auftrat (war er es wirklich? „Seht mit den Ohren, nicht mit den Augen“ würde Doom jetzt wahrscheinlich sagen), ließ er seine Fans stundenlang warten und spulte danach äußerst lieblos sein Programm ab. Fassen wir also zusammen: Ein Mann, der sowieso schon nicht unbedingt auf Live-Performances optimierte Musik macht, verarscht seine Fans, macht Veranstaltern das Leben zur Hölle und tut dann noch so, als würde ihn das zu einem medialen Genie machen, das nur seinem künstlerisch wertvollen Alter Ego frönt?

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Wirklich, MF Doom? Warum wird er eigentlich überhaupt noch gebucht?

„Once Again“, welch programmatischer Name, soll jetzt am 26. März im Gretchen nachgeholt werden, bisher gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit. Wir würden uns wünschen, dass das Ganze dieses Mal auch stattfindet. Auf die deutschen Support-Acts JAW und Prezident hätten wir nämlich wirklich Bock.

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