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Interviews

Wir haben Marash & Dave gefragt, wieso Marash & Dave Mainstream geworden sind

Heute erscheint Marash & Daves Debütalbum "Gold" – über ein Major-Label. Wir haben mit den Luzerner Shootingstars über den grossen Schritt ins Pop-Biz gesprochen.
Foto: Cedric Zellweger

Marash & Dave veröffentlichen heute ihr Debütalbum Gold. Vor wenigen Jahren noch waren die beiden Luzerner aufstrebende Nachwuchsrapper aus dem Schoss des 041-Kollektivs um Mimiks. In den letzten vier Jahren haben sie immer wieder einzelne Songs und inoffizielle Mixtapes veröffentlicht und sich damit eine solide Fanbase in der ganzen Schweiz aufgebaut. Nun hoffen sie dieses Jahr auf den ganz grossen Durchbruch. Als einer der wenigen Mundartrap-Acts releasen sie ihr Album über ein Major-Label. Und dieses setzt seine ganze Power ein, um Marash & Dave richtig gross zu machen.

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Ich habe die beiden Luzerner Shootingstars getroffen, um mit ihnen über die Zusammenarbeit mit einem Major zu sprechen, um sie zu fragen, was sie tun werden, wenn der ganz grosse Erfolg ausbleibt und um herauszufinden, wie es ist, mit jemandem Musik zu machen, mit dem man auch studiert und auch noch privat sehr eng befreundet zu ist.

Noisey: Jungs, ich will ganz ehrlich zu euch sein: Ich habe mir euer Album noch nicht angehört. Die Singles, die ihr ausgekoppelt habt, haben mich persönlich nicht gecatcht. Ist das schlimm?
Marash: Nein, ist es nicht. Das ist vor allem ehrlich. Und allen kannst du halt einfach nicht gefallen. Das ist für mich nicht so ein grosses Problem. Aber du solltest das Album auf jeden Fall noch hören. Es steckt ganz viel Arbeit drin. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass ich noch nie in meinem Leben so viel Zeit für irgendetwas aufgewendet habe, wie für dieses Album.
Dave: Hm, ich habe irgendwo schon immer den unrealistischen Anspruch, dass es allen gefallen muss. Und das wird wohl auch oft missverstanden. Ich meine damit nicht, dass wir uns beim Musikmachen, danach richten, dass es allen gefallen soll. Sondern, dass wir zunächst mal das machen, was uns selbst am meisten gefällt und danach eben doch dieser Anspruch wach wird, dass es möglichst vielen gefallen soll. Das ist wie, wenn du dir Zuhause etwas Schönes anziehst. Da willst du doch auch vor allem, dass es dir selbst gefällt. Aber dennoch freust du dich darüber, wenn du dann Komplimente dafür kriegst, dass du gut angezogen bist.

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Wenn du aber beispielsweise in irgendeiner Art einen Output hast, der etwas kritisiert oder hinterfragt, findest du vielleicht ja genau darin Bestätigung, dass es eben nicht allen gefällt. Könnte dies nicht auch ein erstrebenswerter Anspruch sein?
Dave: Ich kann das verstehen, doch. Das mag zum Beispiel in deiner Arbeit als Journalist stimmen. Als Musiker und Künstler ist es für mich in der Tat aber so, dass ich möchte, dass unsere Arbeit vielen gefällt und grossen Zuspruch erhält. Ich finde, es ist ein Trugschluss des alternativen Gedankenguts, dass etwas nicht gut sein kann, weil es vielen gefällt. Das ist meiner Meinung nach Unsinn.

Ok. Ich finde man hört eurer Single "Madame" heraus, dass sie ganz vielen Menschen gefallen soll. Seid ihr hingesessen und habt versucht einen Radiohit zu konstruieren?
Marash: Nein, so sind wir nicht vorgegangen. Beim Entstehungsprozess dieses Albums haben wir ziemlich ähnlich gearbeitet, wie bei den vorherigen Releases. Meistens gehen wir so vor, dass einer von uns eine Songskizze bastelt und dem anderen zum Beispiel per WhatsApp schickt. Wenn dann der andere auch Bock kriegt, dazu was zu schreiben, arbeiten wir eine Skizze einfach immer detaillierter aus. Aber weder bei "Madame" noch bei einem anderen Song haben wir versucht irgendetwas zu konstruieren.
Dave: Natürlich spürst du aber bei der einen oder anderen Ausarbeitung, dass eine Skizze sich eher eignen könnte, um als Single ausgekoppelt zu werden. Oder halt eben, dass er radiotauglich sein könnte. Dieses Gefühl ist bei diesem konkreten Song während der Entstehung auch aufgekommen. Aber wir rufen uns nicht an und sagen uns: "Hey, treffen wir uns und machen einen Radiohit!" Jedenfalls haben wir versucht auf diesem Album geradliniger zu sein: Popsongs sind richtige Popsongs, Rapsongs sind richtige Rapsongs.

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Und jetzt habt ihre euch vor allem entschieden, Popsongs zu machen?
Dave: Diese Genreunterscheidung ist schwierig. Wir hatten ja schon immer – also auch vor diesem Album – sehr poppige Elemente in unseren Liedern. Dieses mal waren wir einfach viel konsequenter und haben das nicht mehr so vermischt. Auf dem Album sind aber auf jeden Fall auch pure Rapsongs zu finden.
Marash: Wir haben versucht, einen Mix zu schaffen. Auf dem Album finden sich einige sehr eingängige, radiotaugliche Popsongs. Aber es sind auch einige Songs drauf, die von ihren Ecken und Kanten leben, die textlich explizit sind und auf denen einfach auch gut gerappt wird. Wir machen beides gern: Heute noch im Radio, um harte Exclusives zu spitten, morgen dann Bock, eine gesungene Hook zu schreiben. Wer sich das Album holt, sollte auf jeden Fall offen für genreübergreifende Musik sein.

Ihr habt für dieses Album zum ersten Mal mit einem Major-Label zusammengearbeitet. Was war dabei der Unterschied zu den vorherigen Produktionen?
Marash: An unserer Arbeitsweise und dem Entstehungsprozess hat sich nicht viel geändert. Nur, dass wir für einzelne Songs viel mehr Studiozeit und grössere finanzielle Mittel zur Verfügung hatten. Wir haben für die 15 Tracks mit acht verschiedenen Produzenten zusammengearbeitet. Am Schluss sind wir mit diesen 15 Songs zu Ben Mühlethaler und Roger Massimo (anm. d. Red.: Produzieren als B-Note für Müslüm, Remady oder Seven) gegangen und haben sie fertig produziert. Ausserdem arbeiten wir nun in allen Belangen mit einer professionellen Organisation zusammen. Was bedeutet, dass wir uns nicht mehr um Promotion, Vertrieb oder sonst was kümmern müssen und uns dadurch vollends auf die Musik konzentrieren können. Das ist ein Segen für die Kreativität. Hierzu muss aber auch unser Manager Tobias Schmid erwähnt werden. Er hat den Deal mit Sony eingefädelt und ist uns im administrativen Bereich eine wichtige Stütze.
Dave: Interessant ist auch, dass es den Mythos gibt, dass ein Major-Label den Künstlern beim Entstehungsprozess reinreden würde. Das ist falsch oder war jedenfalls bei uns zu keinem Zeitpunkt der Fall. Wir haben quasi das fertige Master abgegeben und das wars. Für mich persönlich war es immer schon ein Traum, bei einem Major zu releasen. Als dann dieser Deal mit Sony zustande gekommen ist, habe ich mich einfach nur gefreut und bin sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit.

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War es denn nie eine Option für euch, ein eigenes professionelles Label aufzuziehen? Das könnte auch in finanzieller Hinsicht lukrativer für euch sein.
Dave: Nein, das war nie ein Thema. Uns geht es in erster Linie nicht darum, Geld zu verdienen. Wir möchten Musik machen und professionelle Produktionen und Videos abliefern. Und ob wir mehr Geld verdienen würden, wenn wir den ganzen Rest auch selbst oder über unser eigenes Label machen würden, ist uns nicht wichtig.
Marash: Unser persönlicher Ehrgeiz besteht darin, das beste zu machen, was wir können. Und in dieser Konstellation, in der ein professionelles, eingespieltes Label alles andere erledigt, können wir uns ganz auf die Musik konzentrieren. Darum war die Gründung eines eigenen Labels nie ein Thema. Mit Dave Musik zu machen, macht viel mehr Spass als der ganze administrative Kram.

Geht man sich eigentlich als Duo während einer so intensiven Produktion nicht auf den Sack? Kommt ihr gut klar miteinander?
Marash: Über gewisse Sachen müssen wir gar nicht mehr sprechen, es funktioniert einfach – ohne Worte. Wir haben die gleiche Vision, was unsere Musik betrifft und sind beide sehr ehrgeizig und zielgerichtet. Abgesehen vom ganzen Musikding sind wir auch sehr gute Freunde. Wir verbringen auch neben der Musik viel Zeit miteinander und beeinflussen uns auch in anderen Lebensbereichen positiv. Wir sind sehr eng befreundet, machen Musik miteinander und was viele nicht wissen: Wir studieren miteinander. Da ist es schon ein sehr grosser Vorteil, dass wir gut miteinander auskommen.
Dave: Wir kennen uns jetzt schon fast zehn Jahre. Seit circa fünf Jahren machen wir Musik miteinander und sind inzwischen ein richtig gut eingespieltes Team. Manchmal, nachdem wir zehn Stunden im Studio waren und an Sachen gearbeitet haben, gehen wir noch gemeinsam etwas essen oder unternehmen sonst etwas miteinander. Natürlich brauchst du ab und an auch mal ein paar Tage Abstand zueinander, aber wir kommen sehr gut miteinander klar und verstehen uns blind.

Das Album heisst Gold . Würde es euch enttäuschen wenn ihr mit dem Album nicht Gold geht? Dave: Nein, natürlich nicht. Wir wissen, dass das eine unrealistische Vorstellung wäre. Der Albumtitel bezieht sich auch nicht auf den Gold-Status in Bezug auf verkaufte Einheiten. Marash erklärt das immer gut, kannst du übernehmen?
Marash: Der Albumtitel Gold steht als Metapher für Glück. Wir glauben, dass jeder Mensch in seiner eigenen Mine nach seinem ganz persönlichen Gold gräbt, das ihm Erfüllung, Seelenfrieden und eben Glück verspricht. Diese Suche mag eine trügerische sein. Auch darum geht es auf dem Album.


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