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Ein Vorarlberger gibt Tipps für das Vorarlberger Nachtleben

Vorarlberg ist für Nicht-Vorarlberger ein Rätsel. Das gilt auch für sein Nachtleben. Deshalb haben wir einen jungen Vorarlberger nach seinen Tipps gefragt.

Wir von Noisey haben uns ja für 2015 vorgenommen, den Blick über Wien hinaus zu schärfen und „die Bundesländer“ stärker zu beleuchten. Im Februar fangen wir mit dem—uns unserer Sicht—exotischsten an: Das Ländle hinter dem Arlberg. Voralberg wird uns diesen Monat noch öfter beschäftigen. Heute gibt uns ein junger Dornbirner seine ganz persönlichen Tipps, wie man sich als Nicht-Vorarlberger in der Vorarlberger Szene bewegt. Es lohnt sich übrigens dranzubleiben, denn in den nächsten Tagen können wir auf noisey.com eine für vor Vorarlberger erfreuliche Nachricht veröffentlichen. Und falls ihr das Gefühl habt, das hier irgendwas fehlt, das dringend beschrieben gehört: .

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Ich habe beschlossen, diesen Artikel zu schreiben, da mir die Vorarlberger Clubkultur sehr am Herzen liegt. Sie ist klein, aber auch fein. Und wenn man Anfang zwanzig ist und kein Studium in Sicht ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich zwangsläufig mit den Clubs auseinanderzusetzten, da man unter diesen Voraussetzungen ziemlich sicher im Ländle bleiben wird.

Ich weiß nur sehr ungefähr, was der Rest von Österreich über Vorarlberg weiß. Doch während der Berufsschulzeit habe ich gelernt, das besonders der Dialekt als sehr „lustig“ eingestuft wird. Doch Vorarlberg hat weitaus mehr als nur lustige Diminutive (Hüsle, Säckle etc.). Vor dem Dialekt musst du keine Angst haben. Wir Vorarlberger verstehen eigentlich alle anderen österreichischen Dialekte, und wir können uns auch so mit dir unterhalten, dass du uns verstehst. Nur bei Gruppengesprächen unter Vorarlbergern kann es schon mal vorkommen, dass du kein Wort verstehst. Schau halt wirklich fragend, dann merken wir das im Normalfall eh sehr schnell.

Wenn man als Nicht-Vorarlberger zum ersten Mal ins Ländle kommt, dann sollte man einige Dinge wissen und beachten. So wie bei anderen sehr fremden Kulturen.

Geografie

Grundsätzlich sollte man schon einmal wissen, dass es in Vorarlberg Unter- und Oberland sowie Montafon und Bregenzerwald gibt. Wo die genau anfangen und enden, weiß ich ehrlich gesagt selbst nicht so genau, aber für einen Vorarlberger ist es schon sehr wichtig zu wissen, ob man aus Bregenz oder Bludenz kommt. In diesem kleinen Moment der Wahrheit kann sich bei so manchen schon die erste Sympathie aber auch Antipathie für das Gegenüber entwickeln.

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Karte: Wikipedia

Das Bier

Dazu kommt, dass man überall ein anderes Bier trinkt—in Bludenz Fohrenburger, in Feldkirch Frastanzer und im unteren Teil des Landes Mohren. Das kann schon etwas verwirrend sein. Darum achte immer darauf was die anderen gerade trinken, wenn man dich nach deinem Lieblingsbier fragt. Andererseits kannst du am Bier in der Hand deines Gegenübers auch feststellen, wo du gerade bist. Praktisch.

Das Essen

Da gibt’s nicht sonderlich viele Unterschiede zum Rest von Österreich. Ihr habt vielleicht schon von Vorarlberger Gerichten wie Käsknöpfle gehört, die hier natürlich am besten schmecken. Nur hilft einem das um 01:00 Uhr nachts nichts, wenn man gerade betrunken durch die Feldkircher Innenstadt torkelt. Das Problem ist auch noch: Die meisten Dönerläden und sonstige Stände machen sehr früh zu. Fast Food wie McDonalds gibt’s, aber leider allerhöchstens einmal pro Stadt. Der Toni ist da meistens die letzte Möglichkeit, noch schnell die letzte Münze aus der Geldtasche zu kramen und sich eine Curry-Wurst zu kaufen. Ach Toni. Ich bin so froh, dass es dich gibt.

Musik

Die Musikszene von Vorarlberg ist wie der Rest vom Ländle—schön, aber halt nicht sehr groß. Es gibt natürlich Bands, die sich von der Masse abheben und auch Bands, die international Erfolg haben, doch das sind nur sehr, sehr wenige. Allgemein ist Vorarlberg eher Metal-lastig. Das kann einem schon mal auf die Eier gehen, wenn man der Einzige im Club ist, der sich über „Maschin“ freut. Wenn ihr in diese Clubs geht, kann euch das nicht passieren:

Die Clubs

Natürlich habe ich so meine persönlichen Favoriten und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich alle kenne und bereits in allen war. Das liegt aber auch daran, dass ich gar nicht alle kennen will, wenn ich mir die Leute so anschaue, die da jeden Freitag hinpilgern. Hier trotzdem ein paar Tipps eines Vorarlbergers für Nicht-Vorarlberger.

Achtung, After-Hour-Menschen: In Vorarlberg geht man allgemein auch schon um 21:00 oder 22:00 Uhr aus dem Haus und nicht um Mitternacht oder noch später. Ein guter Abend beginnt meistens in einer Bar, wenn man nicht bei Freunden zuhause rumlungert, Trinkspiele spielt und laut bei Supersonic mitgrölt.

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Begrüßt wird man eigentlich überall mit einem nett gemeintem „heile“ oder einem „zewas“, gefolgt von einem „als llar?“. Das ist eigentlich die Standardbegrüßung in Vorarlberg und die wird man in jedem Teil des Landes hören. Natürlich ändert sich die Aussprache alle 10 Kilometer, sodass es für den Tourie nicht einfach wird. Das gilt übrigens auch für alle anderen Wörter.

Vergesst Bequemlichkeiten wie U-Bahn oder S-Bahn. Sowas gibt’s hier nicht. Ihr werdet nirgends so viel gehen wie in Vorarlberg. Busse fahren einfach nicht lange genug, Taxis sind allgemein sehr teuer und die Züge kommen ab 20:00 im Stundentakt, wobei man im Winter oft mit fünf bis 20 Minuten Verspätungen rechnen muss. Darum lohnt es sich, nicht großartig die Location zu wechseln. Mehr als zwei oder allerhöchstens drei Bars an einem Abend sind im Schnitt das Maximum. Wenn man die Getränkepreise miteinberechnet, ist alles andere auf Dauer finanzieller Selbstmord.

Solltet ihr in Dornbirn sein: Im Grünen Pavillon (jetzt: Anziehbar) oder besser bekannt als Pavi beginnt die Reise ins Delirium am besten. Es ist klein, es wird gute Musik gespielt, auch wenn sie immer viel zu laut ist und man kennt die meisten Leute, die dort sind, weil es eben klein ist. Es ist der perfekte Treffpunkt für die Gruppe und die beste erste Haltestelle für Bier und Wein. Wer nicht gerade in Dornbirn ist, sollte in Feldkirch auf die Buntbar zurückgreifen—die ist eigentlich immer voll, auch mit etwas älteren Semestern.

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Wer sein Bier lieber zu „Swimming Pools“ oder „New York State of Mind“ trinkt, der geht ins Polar. Ich persönlich war da aber nur einmal und dabei wird es für mich auch bleiben—wer aber gerne Rap hört, sollte mal einen Blick riskieren.

Nach der Bar geht es eigentlich immer via Taxi (wie gesagt, scheiß teuer) ins Conrad Sohm, wo der Einritt auch scheiß teuer ist, zumindest aus Sicht eines Vorarlbergers. Dort gibt es jedes Wochenende gute bis sehr gute DJ-Sets und auch öfters gute bis sehr gute Konzerte. Empfehlen würde ich persönlich Veranstaltungen wie Tanzgestalten, Low Cut oder Club Bäng Bäng. Wobei Club Bäng Bäng etwas eigen ist. Links und rechts vom DJ-Pult sind jeweils alte Röhrenfernseher aufgebaut, auf denen wahlweise Hentai oder 70er-Jahre-Pornos laufen—aber die DJ-Sets sind eigentlich immer spitze und mit zunehmendem Rausch werden auch die Pornos lustiger. Eigenartig, aber unterhaltsam.

Gute Konzerte, Poetry Slams und mehr finden auch oft im Spielboden statt. Nicht zu spät kommen und auf jeden Fall gleich die Jacke abgeben, denn die Garderobe ist immer sehr schnell voll. Auch der Rauch Club in Feldkirch hat viel zu bieten und vor allem „Love Is In The Air“ sollte man sich ansehen, wenn man in der Nähe ist.

Wer gerne härtere Musik hört und auf Hardcore-Konzerte steht, wird im Schlachthaus fündig. Dort finden immer wieder Konzerte von lokalen, aber auch internationalen Hardcore/Metalcore-Bands statt.

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Im Sommer geht dann auch die Festival Session in Vorarlberg los. Das ist ein ziemlich großes Ding.

Das Szene Open Air

Das mit dem Szene Open Air ist so ein bisschen eine Hassliebe. Irgendwie geht man jedes Jahr hin und irgendwie ärgert man sich jedes Mal, dass man dort hingegangen ist.

Ich meine, die Line-Ups sind ganz OK. Nicht der Hammer schlechthin, aber irgendwie schon OK. Das Szene Open Air ist aber auch der dreckigste Ort der Welt und ihr werdet froh sein, wenn ihr endlich nach Hause und euch duschen könnt. Natürlich ist kein Festival so richtig sauber, aber es gibt auf anderen Festivals einfach ein paar mehr WCs. Und der Fluss, in dem sich morgens alle waschen gehen, trägt zur Sauberkeit nicht wirklich bei, da dieser von den besoffenen Festivalbesuchern am Vortrag zu Genüge mit Bier und Urin verdreckt wurde.

Doch irgendwie trifft man dort das ganze Ländle, und es macht es dann doch jedes Jahr Spaß völlig besoffen durch den Camping Platz zu wandern und zu sehen was für menschliche Abgründe sich öffnen können, wenn man genug Alkohol zu Verfügung stellt. Liebes Szene Open Air, es ist und bleibt eine Hassliebe, aber nimm es mir nicht böse, denn du weißt das ich wieder komme.

Das Poolbar Festival

Das Poolbar Festival ist das Ass, das Vorarlberg im Ärmel hat, wenn man es mit den anderen Bundesländern vergleicht. Zumindest kenne ich kein vergleichbares Festival. Das Festival dauert 5 Wochen und findet somit in der schönsten Zeit des Sommers statt. Es macht den Sommer in Vorarlberg unvergleichlich.

Neben dem fantastischen Line Up hat das Poolbar Festival aber noch sehr viel mehr zu bieten. Das reicht vom Jazz-Frühstück bis zum Poetry Slam. Insgesamt bietet das Programm eine immense Vielfalt—so ist für jeden was dabei. Auch die Eintrittspreise sind verhältnismäßig günstig, sodass man über die hohen Getränkepreise nochmal hinwegblicken kann.

Ernsthaft: Wer vorhat, Vorarlberg zu besuchen, sollte das im Sommer tun und dann auf jeden Fall in der Poolbar vorbeischauen. Für die, die etwas verunsichert sind, hat Noisey bereits einen Guide gemacht—so seid ihr auf jeden Fall vorbereitet.

Im Großen und Ganzen hat Vorarlberg sehr viel zu bieten und die Menschen, die hinter den ganzen Veranstaltungen stehen, geben sich viel Mühe. Das merkt man auch. Auch ist man hier immer sehr lokal, da Vorarlberg einfach nicht sehr groß ist, und das hat für mich einen besonderen Reiz.

Auch wenn die meisten meiner Freunde das Gegenteil behaupten würden, möchte ich persönlich nicht unbedingt von hier weg. Vorarlberg hat so seinen eigenen Charme, den ich in jeder Großstadt vermissen würde.