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"Musik und AMS war scho' ziemlich lang"—Voodoo Jürgens im Interview

Voodoo Jürgens am Donauinselfest über Seiler und Speer, pulverisierte Löwenhoden und Doppler-Merchandise.

Kühles Bier, ein schattiger Platz und coole Brillen. Alle Fotos von der Autorin.

Das Donauinselfest ist DIE Party des Jahres. Zumindest laut der SPÖ. Dieser Umstand wird sich drastisch ändern, sollten sie vom einfachen Volk Eintritt verlangen—ich habe nämlich kein Vertrauen in die Booking-Qualitäten der Veranstalter. Naja fast. Zwei Acts stachen für mich dieses Jahr hervor—Sean Paul und Voodoo Jürgens. Sean ist uns allen bekannt, Voodoo sollte uns allen bekannt sein.

Sein “Heut grob ma Tote aus“ wird er zwar immer wieder auf FM4 gespielt, aber in ihm steckt viel mehr als diese Nummer. Ich war ab “Gitti“ verliebt. Voodoo besingt das wienerische Life und das so gut und realitätsnah, dass man ihn gar nicht nicht mögen kann. Diese mutige These stelle ich auf.

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Eigentlich war geplant, dass wir nach seinem Auftritt ein bisschen das DIF erkunden—allerdings hatte es in der prallen Sonne 34 Grad und seine Eltern waren zu Besuch. Deshalb musste ein schattiges Plätzchen mit Bier und einer halbe Stunde für die Experience reichen. Wir haben ja beide am Weg zum Donauinselfest die halbe Insel durchquert und Wiener sind wir ja auch. Deshalb gleich zum wichtigen Teil, dem Gespräch. Bier kann man nämlich nicht niederschreiben.

Noisey: Wie lange bist du schon Voodoo Jürgens?
Voodoo Jürgens: Musik mache ich schon länger, aber Voodoo bin ich seit zirka über einem Jahr.

Ich habe deinen Künstlernamen in Google eingegeben—und es hat mir ganz tolle Kritiken und Prognosen ausgespuckt. Wie ist es, so etwas zu lesen?
Naja. Ist natürlich angenehm, wenn es den Leuten g'fallt. Aber bringen tut's jetzt in dem Sinne a ned so viel. Aber es ist scho' schee. Beeinflussen tut es mich nur nicht, da ich ja schon alles aufgenommen habe. Wenn die Schreiberlinge bei ihrer Meinung bleiben, dann schaut's eh gut aus .

Dein Debüt-Album ist schon fertig? So richtig?
Jaja. Im Herbst kommt's raus. Aber solche Kritiken sind ein guter Boden, damit sich alle auf das Album freuen.

Worum wird es in deinem Album gehen?
Es heißt Ansa Woar.

Hä, Ansa Woa? Ich bin Migrant.
So wie: Einser Ware. Also das gute Zeug. Auf der Platte werden zwölf Tracks oben sein: Es geht wahrscheinlich um zwischenmenschliche Beziehungen. Sowas interessiert mich. Pantscher'l, Gschäftl'n, Betrug, Sorgen, Zuaheit und die Gitti taucht ein paar mal auf.

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Donauinselfest! Ist es dein erstes Donauinselfest?
Na. Also ich hab davor in einer Band gespielt, die Die Eternias geheißen hat. Und mit der war ich schon mal hier. Vor fünf oder sechs Jahren. Auf der selben Bühne zur selben Zeit. In Clownskostümen—war noch ein bisschen heißer.

Haha. Kann man schon einen Unterschied zwischen den Fans damals und den Fans jetzt feststellen?
Ja, den kann man schon feststellen. Das hat sich eigentlich von Anfang an abgezeichnet, dass die Voodoo-G’schichten ein viel breiteres Publikum ansprechen können. Die Eternias waren schon eher für’s jüngere Publikum. Jetzt kommen schon öfters ältere Leute—so 50-Jährige oder 60-Jährige—und sagen mir, dass das ihnen taugt. Das ist relativ neu.

Du kommst ja eigentlich aus Tulln. Woher kommt das Wienerische?
Naja, das ist ja nicht so weit. Ich wohne schon seit 15 Jahren in Wien und meine Kindheit hat sich auch oft in Wien abgespielt.

Woher kommen die Inspirationen für deine Texte? Ich bin ja Fan von “Gitti“, gar nicht so “Heite grob ma Tote aus“—aber wie kommt man auf die Ideen?
Tote Ausgraben ist auch nicht so mein Lieblingslied, aber es hat sich live so herausgestellt, dass es die meisten Leute anspricht. Deshalb wäre es ein Blödsinn, diesen Track nicht zu verwenden. Ich bin eher der Fan von viel Text, Geschichten, in die man eintaucht und nicht so von dem Strophe, Refrain, Strophe, Refrain-Schema. Die Inspiration kommt hauptsächlich aus der Vergangenheit.

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Erlebst du heutzutage leicht nichts mehr?
Doch schon. Aber so bin ich auch nicht wirklich drauf—also dass ich mit einem Stift herumrenn' und mir alles aufschreib’. Manchmal bleiben so Fetz’n hängen, da schreib ich’s schon Zuhause in ein Bücher’l und lass es liegen. Und irgendwann ist die Zeit reif.

Was ist dann zuerst da? Musik oder der Text?
Das Schreiben auf jeden Fall. Hat sich definitiv geändert. Bei Die Eternias war es genau anders rum—da war die Melodie zuerst da und dann der Text. Also das Voodoo-Zeug kommt vom Schreiben. Die Geschichte steht im Vordergrund, die Musik ist so reduziert wie möglich.

Glaubst du Seiler und Speer haben dir den Weg geebnet?
Na, das glaub ich ned. Es ist sogar mal zu Diskussion gestanden, ob ich die Vorband von Seiler und Speer sein soll. Da haben schon einige Leute gedacht, dass sich das gut ausgeht. Ich war ja schon für Wanda die Vorband, dass ist sich auch gut ausgegangen. Bei Wanda ist es sich ausgegangen, bei Seiler und Speer weiß ich es nicht. Es ist auch manchmal gut, nicht überall mitzumachen. Irgendwie gehört’s schon bissi zsamm—weil so groß ist das Dialekt-Ding auch nicht—aber irgendwie auch nicht. Schwierig zu sagen.

Und wo stehst du in einem Jahr? Wenn wir uns hier so treffen?
Da bin ich bei einem fetten Major Label.

Glaubst Major Label sind leiwand?
Eigentlich habe ich noch von früher eine Abneigung. Ich komm’ aus einer Do-It-Yourself Ecke, aber man muss sich das mal alles anschauen, was in den nächsten Monaten passiert. Wenn die künstlerische Freiheit gegeben ist, macht's vielleicht Sinn. Mehr Kohle, mehr Heisln, die mitreden wollen. Da muss man dann halt abwiegen.

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Was ist dein Lieblingsstück am kommenden Album?
Darüber habe ich schon letztens nachgedacht—die neueste Nummer ist meistens meine Lieblingsnummer, weil da alles noch so frisch und spannend ist. Aber das ist ja jetzt eh nicht mehr so. Ich glaube “Drei Gschicht’n ausm Café Fesch“ ist meine Lieblingsnummer. Die Platte fängt auch mit der Nummer an und ist auch eine super Einleitung. Baut sich schön auf.

Was sagt eigentlich deine Umgebung zu deiner Musik? Dein Kind? Kann es schon deine Musik hören?
Ja sie spielt sie ganz stolz in der Schule vor. Die ist voll dabei, sie spielt ja auch in einem Video mit. Freundeskreis ist auch positiv und freudig gestimmt, weil jeder weiß, dass ich das schon lange mache und es irgendwie auch lange trostlos ausgesehen hat. Und es jetzt so aussieht, als würde die Idee von Musik doch noch aufgehen.

Was warst du zwischenzeitlich? Oder immer Musiker?
Ich habe eine Lehre in Wien gemacht, die ich ziemlich frustriert abgebrochen habe. Und seitdem mache ich Musik. Musik und AMS war ziemlich lang. Am Friedhof hab ich auch mal g'hacklt.

Ist Voodoo Jürgens politisch?
Ja, sicher. Überall kann man mich nicht hinstellen.

Wie kommt es zum Namen Voodoo Jürgens?
Damals in den 80ern gab es in Togo einen riesigen Voodoo-Markt. Mit so toten Tieren und Voodoo-Equipment halt. Arger Weise haben meine Eltern sich dort kennengelernt. Und an dem Tag ist so ein Medizinmann zu ihnen gekommen und hat ihnen so eine Pfeife gereicht—da waren so pulverisierte Löwengoggerl drinnen. Und das haben sie gemeinsam geraucht und in dieser Nacht bin ich entstanden. Seitdem bin ich Voodoo Jürgens.

Letzte Frage: Bier oder Wein?
Ich mag beides gerne eigentlich. Aber wahrscheinlich Wein. Es kommt ja jetzt der Voodoo Jürgens-Doppler. Ich habe vor, den Doppler wieder zurückzubringen. Mein Onkel ist ja Weinbauer und es macht irgendwie Sinn, das zu machen. Also ich habe es schon einmal auf einem Konzert ausprobiert und es ging gut. Es ist halt nicht so praktisch, wenn man so Dopplerkisten herumschleppen muss. Da sind Feuerzeuge oder so schon praktischer.

Fredi hat Twitter: @schla_wienerin

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