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Interviews

'Batzen' ist nicht alles – Didi über Geld, DIY und sein neues Album

Didis neues Album ‘Kunst’ ist selfmade und sozialkritisch – wir haben etwas tiefer gegraben.
Foto von Yannis Blättler

Am 1. Dezember hat der Zürcher Rapper Didi sein neuestes Werk Kunst veröffentlicht . Seitdem läuft es bei uns und im Radio rauf und runter. Obwohl es im Album oft um Geld geht – “Batzen” in seiner Lingo –, spricht er in den Texten nicht einfach über 08/15-HipHop-Themen wie Cash, Girls und Weed. Hinter den Tracks steckt viel mehr, das Album zeigt Rap von seiner besten Seite: sozial- und selbstkritisch, reflektiert. Darum haben wir mit Didi gesprochen, über den “Batzen”, sein Label No Basic und unsere schnelllebige und oberflächliche Gesellschaft.

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Noisey: Weisst du, wie oft du das Wort “Batzen” gebraucht hast, und tönt “Cash” nicht cooler?
Didi: “Batzen” benutze ich schon lange privat und auch mein gesamtes Umfeld spricht vom Batzen. Ich finde das Wort hört sich dazu auch einfach sympathischer an, als Cash oder Money. Wir haben natürlich einen Slang, der von den USA, England und Frankreich beeinflusst wird, aber ich finde es cool, wenn du auf Mundart rappst und die Wörter benutzt, die auf Schweizerdeutsch einfach geiler tönen. Wie oft ich Batzen erwähnt habe, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Aber kann gut sein, dass es öfters gefallen ist. Es ist urchig, aber trotzdem urban, und ich finde es geil, wenn man unsere Sprache pusht.

Auf den Tracks sprichst du von Batzen haben, aber auch von Schulden haben – spiegelt das deine privaten Erfahrungen wider?
Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass meine Musik authentisch und von meinem Leben inspiriert ist. Fast jeder Song auf dem Album handelt von mir und meinem Leben. Wenn ich von Batzen und Schulden spreche, dann ist das hundert Prozent ich. Ich studiere soziokulturelle Animation, arbeite nebenbei noch in einem Jugendtreff und produziere Musik. Das heisst, dass ich manchmal Cash habe und manchmal keines. Manchmal möchtest du mehr haben und es kackt dich an, wie das ganze System funktioniert. Auf dem Song “Gsägnet” spreche ich sehr widersprüchlich vom Geld. In der ersten Hälfte geht es darum, dass der Batzen vorhanden ist und es sich gut anfühlt, wenn du Schuhe gesponsert kriegst oder ein Kumpel Money macht. Doch in der zweiten Hälfte geht es darum, dass das alles oberflächlicher Scheiss ist und es wichtiger ist, dass ich zum Beispiel Zeit mit meinen Nächsten verbringen kann. Ich glaube, das ist nicht nur bei mir so, sondern spricht vielen aus meinem Umfeld aus der Seele.

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Ist dir Geld sehr wichtig?
Geld hat in unserer Gesellschaft schon einen wichtigen Stellenwert, was ich auch in einigen Songs kritisiere. Das ist jetzt meine Meinung, aber bei jeder Entscheidung, die du im Leben triffst, machst du dir finanzielle Gedanken. Jedes soziale wie kulturelle Leben hängt immer davon ab, ob man Cash hat oder nicht. Ich habe deshalb eine ambivalente Beziehung zu Geld. Sicher ist es nice, Cash zu haben, aber ich kenne auch die andere Seite wenn es nicht so ist. Kurz Gesagt gibt es für mich viel Wichtigeres, persönliche Dinge wie Freundschaften und mit der Familie Zeit verbringen.

Auf dem ersten Track “Vision” erwähnst du, dass jetzt alles wie geschmiert läuft. War das früher nicht der Fall?
Das ist auf die Hochs und Tiefs beim Musik produzieren bezogen. Manchmal kann man besser texten und manchmal läuft es schlechter. Als ich am ersten Song “Vision” schrieb, spürte ich einen neuen Vibe. In dem Moment lief alles gut beim Schreiben, aber auch privat mit der Frau, dem Hund und den Jungs.



Irgendwann von der Musik leben, ist das dein Ziel? Würdest du dich und deine Musik verbiegen, um das zu erreichen?
Es ist auf jeden Fall ein Ziel, dass ich irgendwann von dem leben kann, was ich liebe. Das ist Musik und alles, was mit Rap zu tun hat. Daran arbeite ich auch hart. Dafür haben wir uns entschieden, als wir das Label gegründet, ein Studio aufgebaut und Geld investiert haben. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass wir uns verbiegen. Ich mache immer den Sound, den ich selber fühle. Ich habe auch meinen Horizont über Rap hinaus erweitert, und darauf bin ich stolz. Wenn kritisiert wird, dass ich jetzt Mainstream mache, dann verstehen diese Leute einfach nicht, dass ich open-minded durchs Leben laufe. Ich komme aus dem Rap, aber bin über die Jahre offener geworden, weil ich allgemein Musik liebe. Wenn mich etwas flasht, dann ist es egal, was es ist. Ich finde, man muss nicht alles in Genres denken.

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Da ihr ein eigenes Label aufgebaut habt, ist euch DIY wahrscheinlich sehr wichtig?
Wir haben selber mit unseren Händen ein megacooles Studio aufgebaut. Blut, Schweiss und Tränen haben wir darin investiert. Den Studiobau kann man auch gut auf alles andere von No Basic beziehen: Wir machen es selber und wir machen es, weil wir eine Vision haben.

Ist euer eigenes Label eine Massnahme, um nicht in die Pipeline der Musikindustrie zu geraten?
Es hat zwei Seiten: Wir möchten mal von der Musik leben können, darum vermarkten wir uns auch selber – aber so, dass wir uns treu bleiben können. Das Coole bei mir ist: Meine Strategie und meine Ziele überlegt sich nicht jemand an irgendeinem Schreibtisch. Das machen meine Jungs und ich. Klar gehen auch wir ein Stück weit mit der Industrie mit, weil wir auch ein kleiner Teil von ihr sind – als eigenes Individuum. Wir haben so viel mehr Freiheiten. Es ist eine familiäre und freundschaftliche Atmosphäre statt einfach nur Business.

Gibt es in dieser Industrie überhaupt Platz für Zwischenmenschliches?
Also das Zwischenmenschliche ist mir sehr wichtig – das wird in unserer Gesellschaft ein wenig vernachlässigt und das kritisiere ich auf dem Album. Ich habe zum Beispiel versucht, aus einer depressiven oder traurigen Sicht zu schreiben. Ich kenne dieses Gefühl von anderen Menschen aus meinem Umfeld und mir selber. Unsere Welt ist schnelllebig und oberflächlich, und das kann viele Leute runter ziehen. Das zieht auch mich runter, aber genau dann geben mir solche Sachen wie Familie und Beziehung einen Boden.

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Auf deinem Album gibt es verschieden sozialkritische Stellen, wie “Vo dem was anderi träumet, dass hennd mir ufem Esstisch und seg mer wie cha das gerecht si”. Ist das für dich mehr Trend oder ernste Gedanken von dir?
Es ist ganz klar kein Trend, sondern meine Gedanken. Ich glaube, alle Leute, die mich kennen, wissen, dass ich in den zehn Jahren Rap nicht einfach nur geflext habe. Ich hatte schon immer Ansatzpunkte zu deepen, sozialkritischen Themen. Ich setzte mich auf den Tracks auch immer mit mir selber auseinander und versuche zu reflektieren, weil mein Ziel ist, mit Musik Leute zu bewegen. Dabei muss ich Message und Vibe zu einem gelungenen Ganzen zusammenfügen, damit es nicht zu schwer klingt. Ich versuche, einen positiven Vibe zu haben, aber der Inhalt ist trotzdem stabil und aussagekräftig.



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