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3 gute Gründe, heute zu Ten Walls ins Nordstern zu gehen – und die Argumente dagegen

Der umstrittene Techno-DJs tritt am Freitag zum ersten Mal seit seinen homophoben Aussagen wieder in der Schweiz auf.
Foto: Pressefoto

Am heutigen Freitagabend erhält das Nordstern Besuch von einem DJ, der mehr als sonst zu reden gibt: Ten Walls. Auf Facebook heisst es bereits "Oh den kann man wieder spielen lassen?" und "Absolut nicht!". Die Aussagen beziehen sich auf den Shitstorm, der dem litauischen Produzenten nach homophoben und menschenverachtenden Aussagen entgegen wehte. Und die Frage ist durchaus berechtigt.

Ten Walls’ Karriere gleicht einer Achterbahnfahrt: 2013 beginnt seine Reise, die ihn dank der Debüt-EP Gotham durch die ganze Welt führt. Er wird international gefeiert, denn was der Herr da komponiert und produziert trifft den Nerv der Zeit. Doch dann trifft Marijus Adomaitis, wie der litauische DJ bürgerlich heisst, einen anderen Nerv. Auf Facebook postet er 2015 einen sehr homophoben und menschenverachtenden Beitrag und löste damit nicht nur einen Shitstorm aus. Es bedeutete fast sein Karriereende: Seine damalige Bookingagentur liess ihn fallen und er wurde vonsämtlichen Festival-Line-ups der Saison gestrichen – Ten Walls wurde quasi aus der Dance-Szene verbannt. Ende 2015 meldet er sich aber bereits wieder zurück. Er entschuldigt sich mehr schlecht als recht, produziert einen Track mit Alex Radfort, Trans*person, und präsentiert die neue Single mit viel Promo und Tamtam um seine Besserung. Kommentare zum Video "Shining" lässt er aber nicht zu.

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Und jetzt spielt er wieder in der Schweiz. Und dann noch im Nordstern. Ist es OK, zu Ten Walls zu tanzen? Wir haben euch Pro und Kontra zusammengestellt:

Pro: Ten Walls kann wirklich etwas und seine Musik ist ja nicht plötzlich schlecht, nur weil er einmal etwas falsches Gesagt hat.
Kontra: Es ist eine ewige Frage, ob wir den Künstler vom Werk trennen können, dürfen oder sollten. Sexistische oder homophobe Rapper, nationalsozialistisch angehauchte Metalbands oder oberflächliche Popmusik fern von jeglicher politischen Positionierung zeigen unsere Ambivalenz im Musikkonsum auf. Trotzdem: Wenn das Argument die gute Musik ist, dann findest du garantiert auch einen unproblematischen Künstler im selben Genre.

Pro: Ten Walls kann nichts dafür, das ist halt so in Litauen: Was erwarten wir von jemandem, der in einem Land lebt, in welchem Menschen mit "Litauen soll No-Gay-Zone werden"-Schildern auf die Strasse gehen und das eine homosexuellenfeindliche Haltung im Gesetz verankert hat?
Kontra: "Ich war das nicht, das ist halt meine Kultur"-Ausreden sind altbekannt und entschuldigen gar nichts. Klar, du bist konditioniert von deiner eigenen Umgebung, deine Wertvorstellung wird von der sozialen Norm beeinflusst. Trotzdem solltest du selber denken können und die aufklärerische Haltung "Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" ist schon mehr als 350 Jahre alt. Von jemanden, der einen Namen in einer gewissen Szene hat, darf erwartet werden, dass diese Person sich mit ihr auseinandersetzt. Im Fall von Ten Walls mit der Techno- und House-Szene und ihren Wurzeln in der Gay-Community.

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Pro: Ten Walls hat sich ja entschuldigt. Menschen machen nunmal Fehler. Die Reaktionen sind doch einfach übertrieben.
Kontra: Ja, die Umstände scheinen sein Verhalten beeinflusst und seine Perspektive verändert zu haben. Trotzdem ist die ganze Sache schon ein bisschen auffällig inszeniert und in den aktuellen Interviews oder Artikeln wird der Vorfall nicht mehr thematisiert. Die Reaktionen waren allerdings definitiv nicht übertrieben: Wer solch ignorante und verachtende Aussagen macht, der muss mit Reaktionen der Gegenseite rechnen. "Respect existence or expect resistance" lässt grüssen.



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