Eines vorweg: Ich gehöre nicht zu den Menschen, die einfach so von einem Tag auf den anderen aufgehört haben. Mir sind exakt diese Menschen extrem suspekt und auch wenn sie seit 20 oder auch nur zwei Jahren mit einer rosa Lunge durch Blumenfelder hüpfen, finde ich ihre Ratschläge ungefähr so hilfreich wie tatsächlichen Lungenkrebs. Ratschläge von Nichtrauchern, wenn man zum Rauchen aufhören will, sind wahrscheinlich – neben den desaströsen Bildern auf den Tschickpackerln – der Grund, warum die meisten Raucher auch beim Rauchen bleiben.
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Ich hatte also einen schweren Entzug, will ich damit sagen. Es war auch nicht mein erster Entzug, im Endeffekt kann ich nur hoffen, dass es mein letzter bleibt. Seit meinem 15. Lebensjahr rauche ich täglich. Logisch, immerhin haben nur Streber nicht geraucht und ich war ja eine extrem coole Jugendliche. Ich weiß nicht mehr, ob mir meine erste Tschick geschmeckt hat, aber ur grauslich, wie diverse Nichtraucher-Bücher behaupten, war sie wohl auch nicht. Zumindest nicht grauslicher als Schnaps oder Bier.Meine Familie besteht aus Nichtrauchern und ein paar Nicht-Mehr-Rauchern. Das hat zur Folge, dass ich jedes Jahr mehrmals zur Weihnachts- und Osterzeit gefragt werde, wann ich aufhöre. Außerdem werde ich jedes Jahr mehrmals darüber aufgeklärt, dass das Rauchen schädlich und teuer ist. Meine Familie sollte unbedingt zur APA, da solche Breaking News eigentlich einen Großteil der familiären Kommunikation ausmachen.Aber das war lange Zeit mein Problem: Auf Kritik bezüglich des Rauchens, die ausschließlich von meiner Familie kam, reagierte ich stets gereizt und präpubertär. Andere Leute wollen einem das Rauchen ja auch nicht ausreden. Es ist ihnen einfach zu blöd, zu diskutieren und man muss auch sagen wie es ist: Raucher sind Süchtige und mit Süchtigen über ihre Drogen zu reden, ist meistens genauso angenehm wie ein Raucherbein. Du bist natürlich eine rauchende und trotzdem extrem reflektierte Ausnahme, lieber Facebook-Kommentator. War ich ja auch. Sind wir alle.
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Irgendwann wurde auch ich erwachsen und fand die Vorstellung von Falten ungefähr so prickelnd wie frühzeitige Impotenz für Männer. Außerdem mein Hauptargument: Da gebe ich mehrmals die Woche Geld für einen Scheiß aus, der mich nicht mal dicht macht. Es macht mich hässlich, alt, unsportlich und das alles für was? Für weniger gefühlte Wartezeit bei der Busstation? Ach, fick dich, Tabak. Als wahre und true Hedonistin musste ich mir eingestehen: Rauchen ist kein spaßiger Genuss, sondern die unnötigste Sucht der Welt. Ich genieße Tschick nur, weil ich süchtig bin. Sucht ist uncooler als das Streber-Dasein. Ich muss aufhören.
Meine erste Stirnfalte entdeckte ich mit 23 und so fand ich endlich eine Antwort für die Frage meiner Familie: Mit 25. Mit 25 höre ich auf zu rauchen, weil dann habe ich eh zehn Jahre geraucht und bin später trotzdem die coole Oma. Übrigens erwähne ich meine Aufhörgründe nur deshalb so detailliert, weil es mir psychisch hilft. Vielleicht hilft dir eine Reise in dein Innerstes ja auch. "Die schlimmsten Nichtraucher sind ehemalige Raucher", sagte mal ein DJ zu mir und oh Gott, hat der Typ recht.Meinen ersten Entzug machte ich im November 2016. Das war ein paar Monate vor meinem Geburtstag und ich war für vier Tage bei der Familie. Ich wohne in Wien, alle meine Freunde rauchen. Intuitiv wusste ich, dass ich aus meiner Suchtumgebung raus sollte, um zumindest die körperliche Abhängigkeit zu überwinden. Die hält sich tatsächlich nur zwei bis drei Tage. Ein Fakt, den ich ernsthaft nicht geglaubt habe. Für mich war in meinem Kopf ein Nikotinentzug etwas so Langwieriges und Unmögliches wie ein Heroin-Entzug. Spoiler: Jeder Kater ist schlimmer als ein körperlicher Nikotin-Entzug.
Die ersten Tage
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Ich war kein Raucher, der immer zum Kaffee eine Tschick geraucht hat. Struktur habe ich also nicht mal in der Suchtbefriedigung aufgebaut, was mir den körperlichen Entzug leicht gemacht hat. Bis heute trinke ich ohne Probleme Kaffee, warte auf die Bim und empfinde Stress. Aber sobald Alkohol meine Lippen benetzt, entwickle ich mich von einer vorausschauenden Hedonistin einfach nur zur pubertären Hedonistin zurück. Gedanken wie: "Ach, was machen schon die zwanzig Tschick" oder "YOLO 4 lyfe LOL" schreien in meinem Kopf laut und übertönen alles, was ich gerade mühselig niedergeschrieben habe. Schlau und reflektiert wie ich bin, kannte ich diese Schwäche. Ob du auch so ein Raucher bist, erfährst du in meinem zwei Fragen-Test:1) Stehst du nach besoffenen Abenden auf und in jeder deiner Taschen ist ein leeres oder fast leeres Tschickpackerl und kratzt dein Hals, obwohl du nicht auf einem Konzert warst?2) Findest du es nicht einfach GEIL, wenn Nikotin und Alkohol eine Affäre in deinem Blut eingehen? Gibt dir eine Tschick nach einem Shot mehr Halt, als es deine Familie jemals getan hat?Es ist egal, was du geantwortet hast. Jeder Raucher liebt angsoffenes Rauchen. Unsere Kollegen bei Munchies erklärt auch warum. Am ersten Abend habe ich mich mit der Familie betrunken – ich dachte, wenn ich den Körper und Geist auf Rausch ohne Nikotin gewöhne, dann bin ich quasi unbesiegbar. So war's auch, bis ich wieder in Wien war.
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Wie eine Bananenpfeife gemacht wird, seht ihr hier:
Der erste Rausch in Wien – Beisl mit Raucherbereich
Der zweite Rausch in Wien - Vorglühen und nachher ein Techno-Club
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Mein zweiter Tipp ist, genau diesen Scheiß sein zu lassen. Obwohl es mir psychisch geholfen hat, meinen rauchenden Freunden zu sagen, dass sie süchtig sind und dass Nikotinsucht so richtig unnötig ist, macht es dich wirklich unbeliebt und solltest du, ähnlich wie ich, rückfällig werden – hawidere, Hawi. Außerdem ist der Moralapostel-State-of-Mind ungefähr der uncoolste Zustand für den menschlichen Geist. Sei nicht der Veganer deiner Freundesliste. Sei nicht der Mensch, den sie an irgendwelche totalitären Ideologien verloren haben. Streber haben keine Freunde, bedenke das. Die coolsten Menschen machen Understatement.Nun ja und da hatte ich den Salat: Das Tschickpackerl war am nächsten morgen nicht fertig, also habe ich alles hingeschmissen und nochmal angefangen. YOLO und so. Nie wieder wollte ich einen körperlichen Entzug durchmachen – immerhin ist alles stressig, es würde mir nur Kraft und Nerven kosten und weitere Argumente, die mein Suchttier mir glaubwürdig präsentiert hat. Da werd ich lieber frühzeitig impotent.
Die zweiten ersten Tage
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Das zweite erste Fortgeh-Wochenende
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Unter der Woche
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