Lisa sieht darin keinen Fehler und findet, dass sie es genau richtig macht. "Wenn man schon Drogen nimmt und viel Alkohol trinkt, dann ist das bestimmt der bessere Weg." Damit hat sie nicht unbedingt Recht. Wer am Wochenende Amphetamine zu sich nimmt, isst in der Regel während des Rausches und Runterkommens nicht viel. Kokain, Amphetamine und Amphetaminderivate haben die Nebenwirkung, dass sie Hunger unterdrücken.Und auch das bestätigt sie mir: "So ein Wochenende kann vorübergehen, ohne dass ich ein Pizza-Stück angefasst habe. Oder viel gegessen habe." Als sie auflistet, was sie am Tag unter der Woche isst, fällt auf, dass Lisa auch da mindestens 500 kcal unter ihrem Tagesbedarf liegt. Im Ernährungsplan hat sie kaum Kohlenhydrate und wenige Protein-Quellen. Das meiste, was sie zu sich nimmt, nimmt sie in flüssiger Form zu sich: Smoothies, Suppen und Tees. Feste Nahrung isst sie nur ein Mal am Tag."Amphetamine, Koks, manchmal auch MDMA, sind schon fast jedes Wochenende dabei."
Frank Taeger ist Autor, Psychologe und Trainer und sagt gegenüber Noisey: "Im Endeffekt ist das kein neues Phänomen. Besonders aus dem Bodybuilding-Bereich kennt man dieses Verhalten – mit entsprechenden Effekten." Er gibt zu bedenken, dass man Ernährung im Gesamtkontext betrachten muss und bei dieser Ernährungsform die Details entscheidend sind: "Wie verhält sich der Betroffene wirklich am Wochenende? Ist es jedes Wochenende ein Vollsuff? Dann geht es in Richtung Alkoholismus am Wochenende und unter der Woche in Richtung Zwangsstörung."Laut Taeger merken es die Betroffenen manchmal selbst, manchmal nicht. Sie leiden dann unter Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder anderen klassischen Mangelerscheinungen. Ihre Blutwerte, insbesondere Cortisol und Schilddrüsenhormone, sprechen aber ihre eigene Sprache. "Das sehen manche von ihnen als normal oder als Nebeneffekt ihres Wochenendlifestyles an. Sie sagen: 'Es wird besser'. Überzeugt, mit ihrer Askese das Richtige zu tun, schaden sie sich oftmals noch mehr selbst und werden militant, wenn man ihren Lebensstil anzweifelt."We have a healthy lifestyle by the sea,
We eat organic and gluten free,
We do bikram yoga and pilates,
We like soy late's and goji berries.Fuck carbs, fuck fats, fuck calories,
I snack on fucken celery,
And then on the weekend I just don't eat,
Cause I'll be smashing lines off of toilet seats.
"Sie leiden dann unter Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder anderen klassischen Mangelerscheinungen. Das sehen sie als normal oder Nebeneffekt ihres Wochenendlifestyles."
Michaela* ist eine 26-jährige Angestellte, die zwar keine Chia-Samen-Smoothies trinkt, aber besonders viel Sport treibt und die ersten zwei Tage der Woche fastet. "Ich denke, in meinem Freundeskreis wird sowas die ganze Zeit betrieben. Wir versuchen doch alle auf unsere Art, unser Gewissen zu beruhigen." Als ich ihr sage, dass dieses Essverhalten auch eine Essstörung anzeigen oder begünstigen kann, lacht sie nur laut auf. "Wir sind Frauen in der heutigen Welt. Natürlich sind wir alle essgestört."Für Michaela ist der Fall klar: Ja, sie nimmt wenig Essen zu sich, aber das hat sie immer schon gemacht. "Ich kann vor Männern zum Beispiel nicht essen und würde auch ohne das Feiern oder das Label "Bondi-Detox" wahrscheinlich zu wenig zu mir nehmen. Es ist das heutige Schönheitsideal und ich bin nun mal nicht so veranlagt, dass ich normal essen könnte.""Have you got anything gluten free?" – The Bondi Hipsters haben dem Phänomen nicht nur Songs, sondern auch Kurzclips gewidmet.Michaela geht mit ihren Freundinnen in Wiener Edeldiscos. Ohne Stöckelschuhe und knappe Kleider verlassen sie das Haus am Wochenende nicht. "Unter der Woche gehen wir in Läden, wo es gesundes Essen gibt, wir essen Low-Carb und trainieren zusammen in einer Fitness-Bude. Dass das jetzt Bondi-Detox heißt, finde ich lächerlich." Am Wochenende isst sie bestelltes Essen, geht manchmal in All-You-Can-Eat-Buffets und legt ihre "Cheat Days" ein."Wir sind Frauen in der heutigen Welt. Natürlich sind wir alle essgestört."
Und vielleicht hat Michaela recht, vielleicht betreiben wir alle in einer Form Bondi-Detox. Entscheidend ist nur in welcher. "Wenn die Gedanken nur ums Essen kreisen und man gewisse Läden wegen des Essens meidet, dann handelt es sich um eine Zwangsstörung. Ob eine Mangelernährung vorliegt, kommt auf die Ernährung an", sagt Frank Taeger. Übrigens ist es kein rein weibliches Phänomen: An Drunkorexie beispielsweise leiden zumindest in UK mehr Männer als Frauen. Das Bondi-Detox-Verhalten kennt Frank Taeger – wie bereits erwähnt – aus der Bodybuilding-Szene, in der auch Männer sind.Taeger warnt besonders vor dem Zwang: "Studien zeigen, dass, je zwanghafter man sich verhält, desto mehr Stress hat man und desto wahrscheinlicher ist es, dass man am Ende mit der eigenen Lebensweise versagt. Das erzeugt dann noch mehr Stress. Wenn eine junge Dame nur von ihrem Lebensstil Stresshormonwerte eines Elite-Soldaten im Kampfeinsatz aufweist, dann ist etwas nicht Ordnung. Der Unterschied ist, dass die Werte des Soldaten wieder sinken, die der jungen Dame machen ihr Leben zur Hölle."Wenn es schon sein muss, dann vielleicht eher unter der Woche ein paar Bier trinken und Schokolade essen, als das alles auf ein oder zwei Tage zu verteilen. Ein Tipp von Frank Taeger um rauszukommen, ist ein Tagebuch: Am besten schreibt man auf, was man unter der Woche und vor allem am Wochenende zu sich nimmt und teilt die Extreme so gut wie es geht auf. Denn: Ein Extrem plus einem anderen Extrem ergibt fast nie die Mitte.Frank Taeger hat eine Seite mit weiteren Infos rund um Sport und Ernährung.Fredi hat Twitter: @schla_wienerin**Folgt Noisey bei Facebook, Instagram und Twitter."Wenn eine junge Dame nur von ihrem Lebensstil Stresshormonwerte eines Elite-Soldaten im Kampfeinsatz aufweist, dann ist etwas nicht Ordnung."