So war das Justin Bieber-Konzert in Wien

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So war das Justin Bieber-Konzert in Wien

Justin Bieber in Wien: Gestern war die Welt noch in Ordnung

Falls ihr euch gewundert habt, warum gestern Hubschrauber über Wien gekreist sind und die Stadt voll von aufgeregten Teenies war: Justin Bieber war hier. Er hat im Rahmen seiner Purpose World Tour in der Wiener Stadthalle gastiert, die er in kürzester Zeit ausverkauft hatte. Seit Monaten wurden Konzerttickets für horrende Summen verkauft. Wollte man gestern kurzfristig noch eines kaufen, konnte es mit ein wenig Pech schon sein, dass man 300 Euro dafür zahlte. Aber den Beliebern ist nichts zu teuer.

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Als ich zur Stadthalle komme—wohlgemerkt eine Stunde nach Einlassbeginn—steht eine Menschenmasse vor der Stadthalle, von der ich niemals geglaubt hätte, dass sie dort überhaupt rein passt. Ich war schon auf einigen großen Konzerten in der Stadthalle, darunter Rihanna, Miley Cyrus, Katy Perry. Aber was Bieber dort ausgelöst hat, war abnormal. Tausende Menschen standen vor der Halle, am Boden lagen bereits verlorene (Heiz-)Decken, angebissene Jausensemmerl, unendlich viele Flaschen. Es sah aus wie nach einem Festival und das alles machte mir klar, dass Justin Bieber ein eigenes Kaliber ist.

In der Halle angekommen, scheinen sich die Massen recht gut verteilt zu haben: Der hintere Teil der Stadthalle ist überraschend leer, was entweder darauf schließen lässt, dass sich alle Fans in den vorderen Reihen enger zusammenpressen als menschenmöglich oder dass nun mal einfach nicht mehr Menschen in die Stadthalle dürfen. Jedenfalls: Danke dafür.

Justin Bieber beginnt dann sogar früher als geplant mit seiner Show und als ich aufgrund von ohrenbetäubendem Kreischen schnell in die Halle renne, tanzt er bereits mit in weiß gekleideten Tänzern zu "Where Are Ü Now". Was folgt, ist eine ziemlich gute Bühnenshow—aber etwas anderes war von einer riesigen Produktion wie der Purpose Tour wohl kaum zu erwarten. Ja, die Show ist gut, aber auch ein wenig lieblos. Manche Songs, vor allem die eher ruhigen, singt Justin eindeutig live—und auch sehr gut. Andere singt er Playback und gibt sich nicht einmal annähernd Mühe, diese Tatsache zu verbergen. Und es ist jedem egal. Das Playback läuft, er hält das Mikrofon nicht einmal zu seinem Mund und kommentiert seine eigenen Texte mit "Yeah, that's right". Ja, das alles war und ist würdig und recht. Auf einen Ausraster auf der Bühne oder darauf, dass Bieber während seiner Performance kotzen muss, wartet man vergebens.

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Nach ein bisschen mehr als der Hälfte der Show verschwindet Justin, das Licht geht an, es läuft Musik. Niemand wusste so recht, was passiert. Hat Justin keine Lust mehr? Wundern dürfte es niemanden, schließlich ist er für seine Eskapaden auf der Bühne bekannt. Ist das Konzert wirklich nach 45 Minuten zu Ende? Ohne dass er "Sorry" gespielt hat??!?! Die Antwort: Nein. Es gab eine Pause, aber niemand wusste davon. Die meisten sind verdutzt im Raum stehen geblieben, manche haben ihre Jacken geholt und sind gegangen, weil sie dachten, das Konzert wäre aus. Man kann nur hoffen, dass sie nicht 300 Euro für ihre Karte bezahlt haben.

Jedenfalls war die Aufregung umsonst, Justin ist wiedergekommen. Im zweiten Teil des Konzertes beantwortete er ein paar Fragen seiner Fans ("Was inspiriert dich?", "Wie findest du die Purpose Tour?", "Lang…") und kommt mit einem Shirt auf die Bühne, auf dem vorne Kurt Cobains Antlitz zu sehen ist, auf dem Rücken steht groß "Bieber". Kurt Cobain hat sich deswegen vermutlich im Grab umgedreht, aber Bieber darf das. Man kann und muss allen Ernstes zugeben, dass er zu einer Ikone geworden ist. Sein nächstes Outfit ist ein weiter, beiger Pullover, mit dem er in Kombination mit seiner Brille wahlweise aussieht wie ein Kunststudent oder eine naturverbundene Religionslehrerin.

Vor allem dieses Outfit macht die Performance von "Baby" ziemlich absurd. Da tanzt also Justin, der aussieht wie der Parade-Hipster, mit seinen Tänzern, die zu dieser Nummer angezogen sind wie Background-Tänzer beim Kiddy Contest, vor knallbunten Graffiti-Visuals zu seinem ersten großen Hit. Dieses Bild ist so absurd und so schön zu gleich. Denn es zeigt gut, was das Supere an Bieber ist: Justin Bieber schafft es, Hipster wie dich und mich, 13-jährige Teenie-Girls und auch den einen oder anderen Bad Boy anzusprechen. Und sie alle waren gestern in der Stadthalle. Die einen standen (natürlich nur total ironisch) und regungslos in der Masse, die andern hielten Schilder mit "we will love you forever" in die Luft und wurden von Sanitätern aus der Halle getragen. Und alle von ihnen waren glücklich. Justin Bieber hat abgeliefert. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Seine glühenden Fans verehren ihn sowieso—egal, was er tut. Und die Hipster und anderen, die beim Konzert waren, finden seine "Fuck You"-Haltung und etwas trotzige Attitüde cool. Kurz gesagt: Er hat alle zufrieden gestellt.

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Als letzten Song singt er "Sorry" und steht dabei unter einem Wasserfall. Justin ruft noch ein paar nachdenkliche Sprüche mit Bilder in sein Mikrofon ("Always be who you are!") und lässt die Menge euphorisiert zurück. Gestern war die Welt noch in Ordnung.

Hier spielt der fesche Bub etwas "österreichischen" Eishockey.

Header und Fotos sind von der Autorin.

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