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Noisey präsentiert Reptile Youth auf Tour

Reptile Youth kommen nach Österreich. Wir präsentieren die Tour und haben mit Sänger und Songschreiber Mads gesprochen.

Fotos: Johannes Walther.

Reptile Youth, die wahnsinnigen Dänen Mads und Esben, kommen nach Österreich auf Tour. Und zwar zu folgenden Terminen:

Fr., 25.04.14

Neusserling (Noppen Air)

Sa., 26.04.14

Salzburg (Rockhouse)

So., 27.04.14

Wien (Fluc)

Tickets gibt's hier.

Wer die Band schon einmal live gesehen hat, weiß, dass man sich da auf sehr, sehr vieles Gutes einstellen kann. Weil wir die Band über alles lieben, präsentieren wir die gesamte Österreich-Tour.

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Unser Autor Tilman Kettner hat Mads getroffen und folgendes zu berichten gehabt.

Als ich zum ersten Mal „Speeddance“ von Reptile Youth hörte, erinnerte mich das sofort an ein YouTube-Video aus der Urzeit der Internet-Memes, damals als es noch MySpace gab. Der Batman Dance, auch bekannt als Ualuealuealeuale, zeigt einen 3-sekündigen Videoausschnitt der 60er Jahre Fernsehserie des geflügelten Superheldens, kombiniert diese mit dem unverständlichen Gebrabbel einer Reggaeton-Single und wiederholt das ganz im Zeichen der Nyan Cat einfach gefühlt 1000 Mal.

So dämlich sich das anhören mag, es gibt eine verblüffende melodische Parallele zu Reptile Youths Song, der auf seine eigene Weise vollkommen stupide ist, wie mir Sänger Mads Damsgaard Kristiansen im Interview erklärt. Es stellt sich heraus, dass es gerade dieser Leitgedanke ist, der Reptile Youth so einzigartig macht. Man will überraschen, mit sich selbst kämpfen, über seinen eigenen Schatten springen—einfach aus Prinzip immer das Falsche, Sinnlose, Schlechte machen. So klingt auch auf dem neuesten Werk Rivers That Run For A Sea That Is Gone nichts, wie es jemals war oder wie es jemals wieder klingen wird.

Noisey: Mads, mal ganz ehrlich, kennst du dieses Batman-Video und hast „Speeddance“ einfach nur ganz dreist geklaut?

Mads: Verdammt… Das ist ja fast das gleiche… Ich habe das echt noch nie gesehen. Aber ich verstehe total, warum du das miteinander verknüpfst.

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Ja, diese Melodie…
Da gibt es noch einen anderen Song, den ich neulich gehört habe und der auch sehr ähnlich klingt. Ich glaube die Band hieß Sunns. Da spielt die Gitarre auch so eine nach unten fallende Melodie. (Anm. der Redaktion: es handelt sich um den Song „2020“ von Suuns.)

Woher stammt eigentlich diese textlich doch eher ungewöhnliche Idee für einen Refrain?
Eigentlich bin ich einfach nur die Straße runtergelaufen und auf einmal hatte ich dieses „dü-d-d-dü-d-dü-dü…“ im Kopf und fing an, es vor mich her zu summen. Es war irgendwie komisch, aber es hatte trotzdem etwas. Viele Leute würden daraus wohl keinen Song machen, weil…

Ja, wie soll man darauf irgendwelche Wörter singen?
Genau. Es ist einfach zu dämlich. Der Trick an der Sache war letztlich, dass wir etwas düsterere Akkorde dazu gespielt haben, sich so die Atmosphäre wandelte und es so nicht mehr allzu dämlich klingt, obwohl es das natürlich ist. Ich glaube viele Leute schmunzeln, wenn sie den Song hören.

Du hast einmal gesagt, dass deine Songtexte immer persönlichen Erfahrungen entstammen. So heißt es in diesem Song: „There’s an idiot in all of us and the biggest one is me“. Welche Erfahrung versteckt sich hinter diesem Satz?
Ich glaube, ich war nicht unbedingt ein Problemkind, aber ich habe einfach ein Haufen dumme Sachen gemacht. Es gab ein, zwei Jahre in meinem Leben in der ich einfach jede Möglichkeit, Unfug zu machen, wahrgenommen habe.

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Wann war das?
Als ich so 21, 23 Jahre alt war, das war wahrscheinlich der Gipfel meiner Dummheit. Der Song ist eigentlich ein anarchistischer, elektrischer Boogie. Es hat alles mit diesem Tanz angefangen. Wenn ich mit Freunden damals bis fünf Uhr morgens feiern gegangen bin, dann hat das immer damit aufgehört, dass wir den verrücktesten Tanz finden wollten. Irgendwie lief es immer darauf hinaus, dass der Tanz schneller und schneller werden musste, denn je schneller man tanzte, desto mehr geriet man außer Kontrolle. Daraus habe ich dann den Song gebaut, in dem es darum geht, sich so schnell wie möglich zu Musik zu bewegen.

Das bringt mich gleich zur nächsten Frage. Woher stammt eigentlich deine sehr physische Performance auf der Bühne? Hast du früher Sport gemacht?
Ja, ich wollte früher Fußballspieler werden. Ich war zwei Jahre lang professioneller Fußballer in der zweiten dänischen Bundesliga, aber ich war mit meinen 18 Jahren noch ein Kind. Jeder wollte mir erzählen, was ich zu tun habe, aber ich habe da einfach nicht reingepasst—ich wollte Spaß haben, Party machen. Daher kommt wohl diese physische Präsenz auf der Bühne. Ich habe versucht, mich bei unseren Konzerten mal nicht zu bewegen, aber ich kann’s einfach nicht. Ich habe versucht, nicht ins Publikum zu springen, nicht in irgendetwas hereinzukriechen, mich nicht zu zerstören, aber ich kann es einfach nicht lassen.

Du hast mal gesagt, dass sich die Art und Weise, in der ihr Musik macht, ständig ändert. Ist euer neues Album Rivers That Run For A Sea That Is Gone nur ein kurzer, festgehaltener Moment und ihr seid in Wahrheit schon wieder Meilen weit davon entfernt?
Ja, genau. Ich mag es, dass es sich so stark vom ersten Album unterscheidet, viele Leute werden wahrscheinlich enttäuscht sein. Aber es wird sicherlich auch viele Leute geben, die denken, dass sich da jetzt wirklich was entwickelt. Trotzdem habe ich das Album gedanklich schon verlassen, das ist einfach meine Art. In der Sekunde, in der wir ein Album fertigstellen, bin ich damit einfach durch, ich werde es nicht noch einmal berühren. Ich höre mir die Songs nicht mehr an, sie machen mich krank. Seit zwei Wochen bin ich aber vollkommen in das nächste Album vertieft. Ich habe seitdem das komische Gefühl, dass etwas Großartiges passieren wird.

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Das Album klingt wieder ziemlich vielfältig, ehrlich gesagt, finde ich es sogar schwierig, einen Song sofort als Reptile-Youth-Song einzuordnen. Es gibt eher elektronische Songs wie „We’re All in Here“, dann wiederum rockigeres wie „Where You End I Begin“ oder auch leicht psychedelisches wie „JJ“. Versucht ihr immer, eure eigenen Grenzen zu überschreiten, bevor man nicht mehr aus einer Komfortzone herauskommt?
Ja, ich finde es wichtig, sich immer abzukämpfen. Ich mag es nicht, wenn Bands ein und dasselbe Album 20 Mal hintereinander veröffentlichen. Das ist einfach nicht mein Ding. Einige meiner größten Einflüsse sind Musiker wie Bowie, Damon Albarn, Beck, Kanye West—so ein Musiker möchte ich sein, jemand bei dem man nie genau weiß, was man bekommt.

Auf eurem Debütalbum habt ihr mit Leuten zusammengearbeitet, die schon The Cure oder Hot Chip unter ihren Fittichen hatten. Wer durfte dieses Mal hinter die Regler?
Einer der Produzenten war Jens Benz, durch seine Hände ging die komplette Punk-Szene aus Kopenhagen, wie Iceage usw. Wir mochten diese Art von Rauheit und wollten mit ihm zusammenarbeiten. Dann haben wir noch mit unserem Freund Simon Littauer zusammen gewerkelt—er übernahm die elektronischere Seite unserer Musik.

Würdest du sagen, dass Dänemark und Kopenhagen im Speziellen ein guter Ort für das Leben als Musiker ist?
Ja, dort hat sich eine gute Szene entwickelt. Ich will es gar nicht so beschwören, aber ich denke es liegt an der skandinavischen Gesellschaft. Es gibt hier einfach viel Raum für Leute, denen es in erster Linie nicht darum geht, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und die Miete zu zahlen. Auf der anderen Seite ist das aber irgendwie auch langweilig, denn meiner Meinung nach kommt die beste Kunst von Leuten, die dafür kämpfen müssen. In Dänemark brauchst du dafür nicht kämpfen. Darum geht es auch im Herzen unserer neuen Platte, über das Gefühl, nichts zu haben, für das man kämpfen muss—außer ein Rockstar zu sein, jemand zu werden, sich selbst zu erfahren.

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Ich habe auch schon mal davon gehört, dass es in Dänemark sehr viel staatliche Unterstützung für Musiker und Künstler gibt. Habt ihr diese auch erfahren?
Also ich habe mal zwei Jahre Sozialhilfe bezogen. In diesem Sinne waren das zwei Jahre, in denen ich mich nur der Musik widmen konnte. Ich habe den Behörden erzählt, dass ich gerade auf Jobsuche bin, aber in Wahrheit bin ich feiern gegangen und habe Musik gemacht. Abgesehen davon wollen wir gerade nach Mexiko und da hilft uns der Music Export Denmark, denn das könnten wir allein nicht stemmen.

Bevor ihr überhaupt ein Album veröffentlicht habt, seid ihr auf Tour durch China gegangen. Viele junge Bands schaffen es nicht einmal ordentliche Konzerte in ihrer Heimatstadt zu spielen—wie habt ihr es geschafft gleich eine komplette Tournee zu veranstalten?
Wir sind dorthin gezogen und dann haben wir es einfach gemacht. Wir haben Freunde, die vorher schon mal da waren und die kannten wiederum Leute, die uns dann vor Ort helfen konnten. Ich denke aber, dass einer der wichtigsten Werte der Band ist, dass wir Sachen machen, die keinen Sinn ergeben. Wir haben uns gefragt wo wohl der schlechteste Ort wäre eine Musikkarriere zu beginnen und sind dann auf China gekommen. Dann haben wir einfach gesagt, lass uns das verdammt nochmal machen. Ich glaube manchmal ist das Schlechteste was du machen kannst das Beste.

Um sich auf etwas vorzubereiten?
Nein, wenn etwas wirklich schlecht ist, dann werden es die Leute bemerken. Wir haben uns auch gefragt, was wohl das Schlechteste wäre, was wir als Band tun können, bevor wir das neue Album veröffentlichen. Lass uns einfach unseren Namen ändern! Lass es uns einfach machen!

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Hattet ihr schon Ideen?
Zum Beispiel: No. Es ist einfach in uns verankert, dass wir immer die Sachen machen wollen, die dumm sind, die man nicht machen sollte. Genau das sollte man aber machen, weil es niemand anderes tut.

Ihr seid ja noch an einem relativ frühen Punkt in eurer Karriere. Was willst du mit dem Album und darüber hinaus noch erreichen?
Ich mache keine Musik mit dem Hintergedanken, dass ich etwas erreichen will. Wir machen Musik, weil wir etwas kreieren und etwas kommunizieren wollen. Das Album soll seinen eigenen Platz in dieser Welt finden und ich hoffe, dass es jemandem etwas bedeutet. Ich möchte erreichen, dass sich manche Menschen durch die Musik verbunden fühlen, mit mir oder mit einer anderen Sache.

Das neue Album von Reptile Youth Rivers That Run For A Sea That Is Gone könnt ihr bei Amazon oder iTunes kaufen.

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