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Der Nino Aus Wien hat schon immer vom 'Buntland' erzählt

Unser Autor kennt den Nino aus Wien schon sehr lange, sie hatten sich aber irgendwann aus den Augen verloren. Jetzt hat er Nino und die gesamte Familie Mandl zum Interview gebeten. Die Geschichte einer Begegnung.

Foto: Julian Haas

Ich kenne den Nino jetzt schon ein paar Jahre. Also „von früher“, als Der Nino aus Wien einfach nur der Nino war. Der Nino Mandl. Aufgewachsen in einem schönen Haus an einem Teich. Mit einer Katze, einem Bruder und zwei ausgesprochen netten Eltern. So mit dreizehn oder vierzehn Jahren war der Nino ein junger Mann wie die meisten anderen auch. Entgegen anders lautender Gerüchte interessierte er sich für Fußball, Musik und Schildkröten jagen. Naja, fast wie die meisten anderen.

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Wir haben uns dann irgendwann ein bisschen aus den Augen verloren. Jetzt habe ich ihn nach Jahren im Cafe Else am Praterstern wieder getroffen und mit ihm über seine Musik, den Prater und eine Menge anderer Dinge geplaudert. Eigentlich wollten wir ja vorab schon ein paar Dinge über einen Briefwechsel klären, das hätte dann aber vermutlich zu lange zu lange gedauert. Den Brief hab ich trotzdem abgeschickt. Vielleicht geht sich ja irgendwann hier noch ein Nachtrag aus. Wer das für skurril hält, der kennt den Nino wohl eher schlecht.

Nino kommt dann, für mich durchaus überraschend, ziemlich pünktlich. Wie es sich für einen Musiker gehört, ist die Gitarre geschultert und der Vorabend noch nicht ganz aus dem Gesicht verschwunden. Wir nehmen im Schanigarten Platz und vertreiben uns die Wartezeit aufs Cola mit ein paar Anekdoten. Großartig verändert hat er sich in all den Jahren nicht.

Ob wir bis acht Uhr abends brauchen, will der Nino vorher wissen, er müsse zur Probe. Ich verneine und gestehe gleichzeitig, dass ich gehofft hätte, er würde sich ein Bier bestellen. Warum das, will Nino wissen. Ich erzähle eine meiner Lieblingsgeschichten, bei der ich mal vor seiner Zimmertüre übernachtet hab, weil mich sein Bruder, als ich auf der Rückbank meines Autos eingepennt bin, mit samt meinem Auto umwerfen wollte. Damals hatte ich wohl definitiv das eine oder andere Bier zuviel

Noisey: Folglich: Bier oder Wein?

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Nino: Cola. Also alles normal. Ich trinke gerne Bier. Aber Bier vertrag ich nicht so gut. Drum trink ich wenig Bier.

Ich wollte dir ja eine Flasche Wein mitbringen, die ging aber in der S-Bahn kaputt.

Was war es für einer?

Ein Cabernet Sauvignon. Danach riecht jetzt eine S45.

Ich mag Rotwein. Ich hab gestern auch viel Rotwein getrunken. Blaufränkisch. Auch mazedonische Rotweine sind super, Vranac zum Beispiel. Überhaupt die Gegend, dass ist meine Lieblingsgegend für Weine. Die haben so eine starke Sonne dort. So eine trockene Sonne, man schmeckt das im Wein.

Für all jene, die sich an dieser Stelle bereits ein tiefgründiges Zwiegespräch über Ninos Musik und die bald erscheinenden Alben erwartet haben: Keine Angst, das kommt noch.

Ein besonderes Dankeschön geht an die wunderbare Uschi Mandl, Ninos Mama, die uns diese Fotos zur Verfügung gestellt hat.

Jetzt aber wirklich zur ersten Frage.

Das waren noch gar keine Fragen?

Doch, aber jetzt geht’s ans Eingemachte.

Ach, ich trink ja eigentlich selten. Aber wenn, dann viel. So wie etwa gestern.

Auch beim Aufnehmen?

Beim Bäume-Album waren wir im Burgenland, in Oslip, da haben wir vor dem Aufnehmen ja schon eine Weinverkostung gehabt und bei den Aufnahmen selbst ziemlich viel Pinot Noir getrunken. In Albern weniger, da war eher Whiskey angesagt. Aber nur in den Pausen, also wenn ich nichts zu tun hatte, aber auch nur ein paar Schlücke.

Apropos Träume-Album: Da spielst du ja in klassischer Rock’n’Roll-Besetzung. Auch mit Rock’n’Roll-Lifestyle?

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Was is der Rock’n’Roll-Lifestyle?

Naja, ich hätt mich gefragt, gab’s Exzesse, Abstürze oder kleine Kätzchen während den Aufnahmen von den du erzählen möchtest? Den ganzen anderen Scheiß kann ich ja auch im Pressetext lesen.

Ich kann mich gar nicht erinnern. Es waren auf jeden Fall lange Nächte, sehr lange Nächte. Aber nichts Aufregendes, wir sind schon so abgebrüht, wir nehmen einfach auf und dann gehen wir nach Hause. Es war wirklich, also wirklich, unaufregend.

Ich hab mir sagen lassen, dass du auch ein paar Songs daheim im Elternhaus geschrieben hast, in Hirschstetten. Ist es dort eher Routine oder eine willkommene Abwechslung?

Nein, ich hab zweimal versucht bei den Eltern was zu schreiben, hab ne Gitarre mitgenommen und einfach zweimal ein Lied geschrieben. Es war nett dort. Im unteren Wohnzimmer, neben mir die Katze. Die meisten Lieder hab ich aber zu Hause geschrieben. Manchmal schreib ich aber auch Lieder ganz wo anders, in Hotels zum Beispiel.

Also kein besonderer Ort.

Naja, daheim geht’s am besten. Die meisten Lieder hab ich um elf Uhr abends begonnen und um sechs Uhr morgens war dann ein Lied fertig. Das hab ich dann zehn Nächte in Folge gemacht und dann war das erste Album Bäume auch schon fertig.

Zuerst der Text oder die Musik?

Ich spiele Gitarre, singe mit, schreib es auf und hör es mir an, dann wird verändert und es passt, wenn ich es auswendig singen kann. Die wird halt viel geändert im Verlauf.

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Das heißt es ist fertig wenn du zufrieden bist?

Was heißt zufrieden?

Es soll auch Leute geben, die ihre „rohen“ Songs anderen Leuten zeigen und dann noch was ändern.

Nein, das mach ich eher nicht.

Nino ordert eine Käsekrainer, der passende Break vor der nächsten Frage.

Ich kenn Leute, die sagen, dass deine Musik scheiße ist. Erstens weil sie die Texte nicht verstehen und zweitens weil du auch nicht wirklich Gitarre spielen kannst. Du würdest viel von deinen Musikern leben.

Ich hab das Gitarrespielen von Syd Barretts Soloalben gelernt. Zu dem sagt man auch, dass er falsch spielt. Mir geht’s ja nicht um Schönklag, mir ging es nie darum. Ich mache gerne auch schreckliche Lieder, die nicht so schön klingen. Mein Gott, ich seh’ das eher so als so ne Kunst-Sache … Ich schau mir ja auch furchtbare Filme an. Sinn … es geht mir nicht ums Verstehen. Ich liebe es, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich freu mich wenn es Leuten gefällt und wenn es Leuten nicht gefällt. Ich würd mich nur nicht aufregen darüber. Es gibt ja Leute, die regen sich richtig über, ihrer Meinung nach, schlechte Musik auf, das find ich dann eigentlich eher lustig. Jedes Gefühl das meine Musik erzeugt ist okay. Langweile, Spaß, Freude, Trauer, Abgestoßenheit – alles ist super.

Du veröffentlichst ja jetzt zwei Alben gleichzeitig. Das klingt ja stark nach Konzept.

Ahja, ich hab noch was vergessen. Die Leute haben schon Recht, wenn sie sagen, dass meine Musiker gut sind. Ich spiele sehr gerne mit ihnen. Ich spiele aber auch gerne alleine. Da kann ich mehr Lärm machen. Meine Musiker zügeln mich da eher.

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Zügeln?

Sie helfen mir. Weißt du, wenn ich alles alleine machen würde, wäre es nur Lärm. Ganz laut drehen. Alles verzerren. Die Stimme verzerren. Ich mach das auch sehr gern allein Zuhause. Aber mir gefällt es jetzt eigentlich viel besser mit Band.

Jetzt aber zurück zu den zwei Alben. Auf den ersten Blick wirkt das Bäume-Album sehr persönlich, ein wenig wie eine Hommage an Wien.

Ja, das ist ein Wien-Album.

Das Träume-Album wirkt auf den ersten Blick ein bissl „weniger Nino“ - so wie ich ihn kenne. Neben seiner Verschrobenheit empfinde ich es aber auch gleichzeitig auf einer sehr persönlichen Ebene als „ehrlich“.

Naja, ich wollte eigentlich ein Album nur über verrückte Leute schreiben, die ich kenne oder auch nicht. Es handelt eigentlich nicht von mir. Es geht für mich aber noch ein wenig tiefer als das Bäume-Album. Ich erkenne mich in vielen Liedern trotzdem selbst wieder. Der Plan war, etwas ganz von mir selbst distanziertes zu machen. In Wahrheit ist Träume aber wohl noch persönlicher als Bäume.

Foto: Julian Haas

Besonders aufgefallen ist mir das Lied „Graz bei Nacht“.

Das ist das persönlichste. Das ist das einzige Lied das auf dem Album von mir handelt. Es geht darum, dass ich nicht weiß, wo meine Gitarre ist.

Kommt das öfter vor?

Ja.

Weil du diese eine, wichtige Gitarre immer verlegst oder weil du so viele hast, dass du den ganzen Tag Gitarren suchen könntest?

Nein, ich leg meine eine Gitarre immer irgendwo hin und muss sie dann suchen. Das geht mir auch so mit Zigaretten, mit allem. Die Sonnenbrille hier hab ich schon vier Mal in Hotelzimmern verloren und sie wurde mir jedes mal wieder gewaschen zurückgeschickt. Ich weiß nicht wie man das nennt, wenn man dauernd alles verliert oder vergisst.

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Chaotisch vielleicht?

Ja, chaotisch vermutlich.

Sein älterer Bruder beschreibt den Nino indes ein wenig anders: „Er ist ein unglaublicher, hochbegabter, fast schon überlegener Geist, in einer Hülle die man nur allzu leicht unterschätzt.“

Auf Bäume singst du davon, dass du gerne Teamtormann geworden und international gespielt hättest. Inwiefern macht es dich glücklich, dass deine Lieblingsmannschaft Rapid jetzt zu dir in den Prater zieht?

Ich hab da ja schon vorgefühlt. Ich war bei der Jan-Novota-Autogrammstunde, weil er für mich der beste Rapid-Tormann seit Ladislav Maier ist und es war ein schönes Treffen.

Dabei hätte Der Nino aus Wien vielleicht sogar tatsächlich Karriere als Kicker machen können. In jungen Jahren war er ein ausgesprochen talentierter Tormann. Kein Witz, sein Bruder—und der hat von Fußball wirklich, wirklich Ahnung—hat das auf unsere Nachfrage ohne zu zögern bestätigt.

Aber ich geh ja eigentlich nicht ins Stadion. Ich geh’ einmal im Jahr und dann auf die Spiele Rapid-Admira oder Admira-Rapid, ich fahr gerne mal in die Südstadt. Ich bin Rapid aber trotzdem sehr verbunden und verfolge die Meisterschaft durchaus. Auch wenn ich nicht so bin wie mein Bruder—der kritisiert mich nämlich immer ich sei kein echter Fan. Aber das ist mir ziemlich wurscht. Ich bin schon voll dabei. Und Prater, ja, sie spielen jetzt zwei Saisonen im Happel, das ist ja nicht mehr ganz der Prater und Rapid und das Happel, das ist schwierig, das war in letzter Zeit gar nicht so leicht. Ich bin gespannt wie viele Leute da kommen, freue mich aber schon aufs neue Stadion, wie auch immer es heißen wird. Ich hab eh schon ein paar Vorschläge gemacht.

Und zwar?

Grün-weißes-Stadion. (Aus brüderlicher Hand wurde mir zugetragen, dass dies in der Tat der mit Abstand beste und sinnvollste Vorschlag war)