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Die Absurditäten des Jenke-Experiments von RTL sortiert nach eingenommenen Drogen

"250mg MDMA: Durchaus repräsentativ für alle, die auf Knopfdruck in Partystimmung kommen wollen." – oder ins Krankenhaus...

Jenke von Wilmsdorff legt mit MDAI nach. Foto: Screenshot RTL Mediathek "Das Jenke-Experiment."

"Das sind insgesamt 250 mg, das ist auf jeden Fall eine Dosis, die eine Wirkung haben sollte." Dieser Satz ist die Antwort auf die Frage: Wieviel MDMA ist das? Gesagt hat ihn nicht ein Drogendealer, sondern der Arzt, der RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff bei seinem neuesten Experiment begleitet: harte Drogen nehmen. LSD, Speed, GHB, Ritalin und eben MDMA. Wilmsdorff ist für seine extremen Selbstversuche bekannt. Er hat schon als Frau gelebt und einen Monat lang Alkohol getrunken. Am vergangenen Montag ging das Jenke-Experiment in die vierte Staffel.

Wir haben für dich die Absurditäten dieser Sendung sortiert, natürlich nach den jeweiligen Substanzen.

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MDMA

Das viertel Gramm MDMA, das Jenke von Wilmdsdorff in der Sendung angeblich nimmt, sei zwar "keine Anfängerdosis", allerdings "durchaus repräsentativ für alle, die auf Knopfdruck in Partystimmung kommen wollen", wie er selbst aus dem Off kommentiert. Zwar stimmt es durchaus, dass viele Ecstasy-Konsumenten einen unreflektierten Umgang mit ihren bevorzugten Substanzen pflegen. Der RTL-Reporter und vor allem sein Arzt ignorieren dabei allerdings, dass 250 mg MDMA auf einen Schlag zu viel sind. Andere Ärzte, wie Prof. David Nutt aus Großbritannien, raten zu maximal 150 mg in einer Nacht. Seriöse Seiten für Safer Use warnen regelmäßig vor Pillen mit derartig viel MDMA.

Von Wilmsdorff verkraftet die hohe Dosis anscheinend nicht nur sehr gut, er legt auch nach ein paar Stunden mit MDAI nach. Das ist eine Substanz, die ähnlich wie MDMA wirkt, also die Serotonin-Ausschüttung befördert. Vor allem gehört es zu den sogenannten Legal Highs. Vor Mischkonsum wird (wie immer) gewarnt. Dem RTL-Reporter macht das alles nichts, er feiert munter weiter. Begleitet wird er dabei die ganze Zeit von drei Typen, die nicht erkannt werden wollen. Deshalb tragen sie Tiermasken und werden daher nur Pferd, Eule und Hase genannt. Sie haben von Wilmsdorff auch den ganzen Stoff "besorgt".

Speed

Auch das beliebte Aufputschmittel hat die tierische Kombo für Jenke "klar gemacht". Sie ziehen es gemeinsam vor ihrem gemeinsamen MDMA-Ausflug, der länger als einen Tag dauert. Natürlich macht er auch eine Afterhour mit, wo es erst etwas Speed gibt und später noch einen Joint, "zum Runterkommen", wie von Wilmsdorff skeptisch anmerkt. Dieser Umstand empört den RTL-Reporter offenbar. Wie kann man sich erst auf- und dann wieder runterputschen? Der Reporter verlässt wenig später die Afterhour. Draußen angekommen, fährt es aus ihm raus: "Die sind total fertig alle."

Der Comedown in den nächsten Tagen ist natürlich hart für den RTL-Draufgänger. Verhindern lässt sich ein Post-Party-Depression ohnehin kaum. Wenn man sich aber so wegballert wie Jenke von Wilmsdorff, ist es nicht verwunderlich, drei Tage müde und fertig zu sein.

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LSD

Für seinen ersten LSD-Trip reiste von Wilmsdorff mit seinem Kamerateam extra nach Portugal. In einem großen Haus mit angrenzenden Waldstück sollte der Trip stattfinden. Die Location war allerdings das einzig gute am ganzen Setting.

Bevor der RTL-Reporter die Pappen nahm, klärte ihm ein Dr. Henrik Jungaberle über die Risiken von LSD auf. Jungaberle ist Sozialwissenschaftler, der eine Promotion und ein Aufbaustudium in Gesundheitswissenschaften sowie Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Heidelberg absolviert hat. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Präventions- und Drogenforschung. Mit Rebound hat er eines der bekanntesten Präventionsprogramme ins Leben gerufen.

Eine Psychose sei die Hauptgefahr beim Konsum von LSD, so Jungaberle in Jenkes TV-Experiment. Diese Gefahr besteht in der Tat, allerdings vor allem bei Leuten, die schon vorher dafür anfällig waren. Dass man "in der Klappse landen könnte", wie Dr. Jungaberle in der Sendung sagt, halten viele Ärzte jedoch für sehr unwahrscheinlich. Zum Beispiel Dr. Arnim Quante. Zwar könne man zeitweise durchaus verrückt werden, jedoch klinge dieser Zustand nach 24 Stunden in der Regel ab. "Jede drogeninduzierte Psychose kann in eine Schizophrenie übergehen und die hat man dann Zeit seines Lebens. Aber das behandelt man und das ist, wie gesagt, unter LSD sehr selten. Unter Ecstasy schon eher. Cannabis ganz viel", erzählt der Psychater.

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Der Trip von Jenke von Wilmsdorff verläuft anschließend sehr wechselhaft. Anfänglich ist er gut drauf und albern. Als Dr. Jungaberle und ein Arzt ihn dazu bringen, nach draußen zu gehen, ändert sich die Stimmung. Es folgt ein "Dickicht aus Wehmut und Misstrauen", wie Wilmsdorff es aus dem Off nennt. Er denkt, Dr. Jungaberle sei sein Sohn und bricht in Tränen aus. Später im Wald denkt der RTL-Reporter, dass er den anwesenden Experten nicht vertrauen könne, sie eigentlich gar nicht kenne. Allerdings wirkt die Szene sehr komisch, möglicherweise gestellt. Daraufhin wird er zurück ins Haus gebracht und verbringt die folgenden Stunden ruhig.

Im Nachgang hebt Wilmsdorff zunächst vor, dass er durch den LSD-Trip nun mehr über sich wüsste. "Doch, dass ich selbst unter perfekten Bedingungen beinahe in einen Horrortrip abgerutscht wäre, zeigt, wir gefährlich diese Droge ist." Perfekte Bedingungen, really? Ein Kamerateam, das dir permanent folgt, egal wohin? Dazu ein Experte, der eine nicht angemessene Angst vor Psychosen schürt? Sind das perfekte Bedingungen?

Der Rest

Das alles war grad mal die halbe Sendung. Wilmsdorff nimmt auch noch Ritalin und versucht, innerhalb einer Woche arabisch zu lernen und ein Bild von Van Gogh nachzumalen. Er redet mit einer Mutter, die von Heroin abhängig ist, besucht eine Frau, die auf Entzug von Crystal Meth ist. K.O.-Tropfen probiert er auch aus, danach redet er mit einer Frau, die von drei Männern vergewaltigt wurde, nachdem diese ihr eben jene Tropfen ins Getränk mischten. Zu guter Letzt nimmt er noch an einem Atem-Trance Workshop von Dr. Jungaberle teil. Dabei ist das Ziel, durch verschiedene Atemtechniken high zu werden. Diese "Droge" findet Wilmsdorff am Besten.

Die Sendung selbst wirkt wie im Rausch. Hier schnell alles über die Droge, dann gleich die nächste. Das gesamte Spektrum von Drogen wird nur oberflächlich behandelt. Seien es die Substanzen, der Safer Use oder Motive von Konsumenten. Die Aufmachung ist natürlich dem Format und dem Sender geschuldet. Überflüssig ist das Experiment trotzdem.

UPDATE: Nach der Sendung veröffentlichte Dr. Henrik Jungaberle auf seinem Blog ein Statement, in dem er das Jenke-Experiment als klischeehaft, zusammenhanglos, pauschalisierend, arm an Fakten und voll mit Fehldarstellungen kritisiert. Er schreibt, dass Jenke gar kein MDMA genommen habe, sondern nur MDAI. Die Sendung ist da nicht ganz eindeutig. Ab Minute 8:20 fragt Jenke von Wilmsdorff bezüglich der zwei Kapseln, die er in der Hand hat: "Das ist jetzt MDMA. Und das ist jetzt das, was vergleichbar ist, mit Ecstasy." Der Arzt antwortet: "Genau. Das sind insgesamt 250mg, das eine Dosis, die auf jeden Fall eine Wirkung haben sollte." Später nimmt er dann 125mg MDAI, das dann auch als solches bezeichnet wird. Möglicherweise war schon die erste Dosis kein MDMA, sondern MDAI. Das würde auch erklären, warum Jenke von Wimsdorff keine körperlichen Schäden davongetragen hat. Hinzu kommt, dass RTL sich möglicherweise ein rechtliches Schlupfloch lassen wollte. Die Landesmedienanstalt Niedersachsen prüft allerdings schon, ob Jenkes Experiment vom Montagabend jugendgefährdend ist.

Wenn du dir selbst ein Bild vom Jenke-Experiment machen willst, kannst du es dir noch in der Mediathek von RTL ansehen.

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