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Noisey Blog

Ich war im Praterdome auf der Single Ladies Night

Im Battle zwischen Bollwerk oder Praterdome, gewinnt das Bollwerk.

Ich habe noch nie von dieser bekanntesten TV Talent Show gehört. Alle Fotos von der Autorin.

Während sich Wien letzten Samstag in der oder über die neue Sauna amüsiert hat, habe ich den Praterdome besucht. Das finde ich irgendwie ganz cool, weil nichts sagt mehr "Scheiß auf euch und euren Sand", als ein Fortgehen im Praterdome. Gut, ich wurde zwar nicht in der Sauna erwartet und es hat auch sonst niemand dieses rebellische Zeichen mitbekommen, aber irgendwie muss ich meine Fortgeh-Entscheidungen relativieren und erklären.

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"Freunde", Enttäuschung auf Display, (2016)

Eigentlich wollten ur viele Menschen mit mir mit. Immerhin war die Veranstaltungsbeschreibung ein Traum. Die angekündigten Specials wie "Speed-Dating" oder "Speed-Wedding" schienen zu versprechen, dass es für jeden Topf einen passenden Kevin gibt. In meinen Kreisen ist grundsätzlich jeder Single, weil wir ein Haufen beziehungsunfähiger Menschen sind, die es nicht mal schaffen, einen Kompromiss mit der eigenen Mutter einzugehen. Die Menschen, die in meinen Kreisen nicht Single sind, gehören zu der Sorte, die unbedingt jemanden an ihrer Seite brauchen, weil sie es sonst nicht packen. Ziemlich durchschnittlich also.

Jedenfalls sind diese vielen Menschen, die mit mir am Samstag in den Dome wollten, am Samstag nachmittag draufgekommen, dass man eigentlich seine Zeit auf wirklich coolen Partys verbringen könnte. Und nicht super-ironisch im Praterdome. Ich habe mich aber meiner Arbeit verpflichtet gefühlt und mein journalistischer Spürsinn hat gewusst: "Jetzt oder nie."

Da mich alle meine Freunde im Stich gelassen haben, habe ich mich zu einer letzten Freundin auf den Weg gemacht. Es hat etwas gedauert—circa zwei Weinflaschen—um sie vom Praterdome zu überzeugen. Immerhin hat sie einen Habschi, Selbstachtung und sie hat nicht mal ein bisschen diese Hipster-Ironie, die man braucht, um aus Spaß beschissen fortzugehen.

"Specials", Lüge auf Facebook, (2016)

Als wir ankamen, war es schon nach ein Uhr. Der Eingang war leer, aber es standen sechs (!) Securitys da. Der Eintritt betrug zwölf Euro. Aber hey, wenn die wahre Liebe zwölf Eier kostet, dann ist es eben so. Als wir ihn zahlen wollten, hatte ich meine Lederjacke noch an. Das war eine Primark-Lederjacke, die zum Outfit gehört hat. Also keine wirkliche Jacke. Das hat man daran gemerkt, dass es draußen einfach viel zu kalt war und ich ziemlich cool mit der Jacke ausgesehen habe, aber nicht so cool ohne. Die Kassadame war ungefähr der beschissenste Mensch, der mir in der Woche begegnet ist. Sie hat mich unfreundlichst angebellt, dass ich meine Jacke abgeben soll.

Ich so: "Na, die gehört zum Outfit." Sie so: "Is ma wurscht." Ich so: "Ernst? Ich kann sie mir ja auch in die Tasche tun?" Und sie so: "Na, ich weiß ja dann, dass du sie in der Tasche hast." Daraufhin hab ich extrem angepisste und passiv-agressive Geräusche gemacht und meine Jacke FÜR ZWEI EURO abgegeben. Ich wünsche dieser Frau eine wundervolle und unerfüllende Karriere bei irgendeiner MA. Du blöde Bitch. Das hat sicher nicht mal zu ihrem Job gehört—man entscheidet nämlich jeden Tag selber, ob man ein unangenehmes Arschloch ist, das Komplexe an anderen Mitmenschen auslässt. Oder ob man es nicht tut. Komplexe haben wir alle. Ihre Entscheidung ist gefallen. Meine auch. Mein nächstes Voodoo-Ritual widme ich ihr.

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Dann hat sie uns unsere Karten gegeben und unsere Fressen fotografiert. Diese offensichtliche Geldkeilerei ist mir ziemlich am Sack gegangen und sie ist mir in der Disco selbst noch 100 Mal aufgefallen. Dieser Kartendreck ist natürlich nur dazu da, dass man seine Gäste stresst (ich habe meine Karte an dem Abend drei Mal angebaut) und dass man von den armen Lehrlingen mehr Geld rausholt, als sie ausgeben wollen würden.

Für richtige Feinschmecker gab es im Dome ein kulinarisches Highlight.

Haben wir Getränkegutscheine am Eingang bekommen, die uns versprochen wurden? Das zentrale Kennenlern-Element der Single-Party? Mit dem man die Hawis kennenlernen könnte? Nein. Haben wir nicht. Gab es eine Speed-Wedding-Station zum Heiraten? Nein. Gab es nach ein Uhr noch Speed-Dating-Runden? Nein. Gab es Knutschspiele? Nein.

Das alles habe ich vom Flirtcoach erfahren. Er hatte einen deutschen Akzent und offensichtlich absolut kein Vorwissen, auf welchen Job er sich einlässt, wenn er "Flirtcoach im Praterdome" wird. Deutsche Studenten sind hier schon auch arm. Der Flirtcoach stand mit seinem weiblichen Pendant beim "Flaschendrehen", das grundsätzlich aus acht Typen und zwei Mädels bestand. Das fand ich irgendwie lame und ich war zu angepisst und betrunken, um mich anzustellen, einmal mit der Flasche zu drehen und dann die Frage "Welche geheimen Piercings hast du?" zu beantworten. Ich weiß nicht, wie viele Dome-Gänger ihre Klitoris oder ihre Eichel gepierct haben, aber es dürfte laut der Geschäftsführung genug sein, um das als Frage beim Flaschendrehen zu stellen. Spannend finde ich das trotzdem nicht, aber vielleicht bin ich einfach zu alt. Ob ich meinen Traummann kennenlerne, wenn ich mein theoretisches Klitoris-Piercing im Praterdome herzeige, bleibt auch zu bezweifeln.

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Ich war schon sehr enttäuscht, vor allem, weil mir der Flirtcoach erzählt hat, dass eine Hochzeitsstation nie geplant war und er keine Ahnung hat, warum das überhaupt drin stand. Das ist einfach mies, lieber Praterdome. Im Internet so tun, als würde es ur viel geben und im Real Life dann nur ein ödes Flaschendrehen anzubieten, wo die Mann-Frau-Ratio nicht mal stimmt. Das hat etwas sehr Tinder-eskes. Oder besser gesagt Lovoo-eskes. Immerhin hat er uns dann, aus Mitleid wahrscheinlich, Getränkegutscheine gegeben. Ich habe mich nämlich natürlich sofort bei ihm zum Speed-Dating angemeldet, das nicht stattfand, weil keine Teilnehmer da waren.

Angeblich gab es vor unserer Ankunft zwei oder drei Runden Speed-Dating. Einmal mit vier Menschen, ein anderes Mal mit acht. Sonst waren ziemlich viele Leute da. Das Praterdome ist riesig und es war wirklich gerappelt voll. Man darf nicht vergessen, dass das Lokal 2008 eröffnet hat und anscheinend noch immer blendend funktioniert. Dem gebührt mein Respekt.

Ich habe angesoffen ein Mädchen angequatscht, dass solche Kaugummi-Bänder um den Hals hatte. Die, die in den 90ern voll cool waren und schon damals beschissen ausgesehen haben und heute von Hipster-Weibern ironisch, oder ich weiß nicht mal wie, getragen werden. Schaut scheiße aus und kostet viel mehr Schilling als damals. Sie schien mir wie jemand, der in der neuen Sauna hätte sein können—vor allem, weil sie eine Pizzaschnitte in der Disco gegessen hat.

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Der Getränke-Automat hatte tatsächlich verschieden Preise für Männer und Frauen. Sie schmücken die Wahrheit eben gerne aus: „Wir lehnen jede Diskriminierung nach Hautfarbe, Rasse, Geschlecht oder sonstigen derartigen Merkmalen ab." Aus: AGB, Praterdome-Seite.

Aber nein, sie war 19 und hat sich grundsätzlich darüber aufgeregt, dass man die Getränkegutscheine—wenn man lesbisch wäre—nicht einlösen könnte. Darauf meinte ich, dass man das natürlich könnte, weil einen Typen anzuquatschen, ob er die Getränke holt, geht ja immer. Lesbisch oder nicht. Da geht’s ums Wegschießen beim Fortgehen—das kennt keine Rasse, Sexualität und politische Gesinnung.

Sonst gab es insgesamt vier riesige Bereiche: Der Eingangsbereich, wo eine Bar und das Flaschendrehen war, der Mainfloor mit der schrecklichen EDM-Musik, der aber extrem voll war, dann einen ziemlich peinlichen oberen Bereich, auf dem ganz groß und plakativ "VIP" stand und dann so etwas wie eine "Mausefalle"—also ein Bereich, in dem es österreichische Mucke gespielt hat. Da gab es in einem Gang auch einen Bereich, wo man Essen kaufen konnte. Mit dem peinlichen VIP-Bereich, dem EDM und dem Essen wurde mir klar—es ist eine Verschwörung. Alle Discos, die mit "Prater" beginnen, haben traurige Gemeinsamkeiten. Das prangere ich an. Es ist nicht mehr lustig Burschen. Hört auf.

Ansonsten verweilten wir in der Mausefalle wo es "Zwickts mi" gespielt hat, weil hier irgendwie ein bisschen ältere Menschen waren. Also Menschen, die Mitte 20 sind. Frau-Mann-Ratio war ansonsten ziemlich ausgeglichen und wirklich jeder sah so aus, als hätte er die Gaudi seines Lebens. Wirklich—so beschissen sich mein Bericht liest, umso mehr Spaß hatten die Gäste. Ich wurde auch angebaggert—man sah auch die ganze Zeit schmusende Paare. Der erste hieß Marko und war Fußballer. Der letzte hieß Kevin und war irgendetwas mit Autos. Kein Scherz.

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Bester Floor.

Aber er war sehr nett und sehr fesch—und da mein Spitzname "Fredi" ist, kann ich irgendwie eh nicht andere Namen anpatzen und so tun, als wäre ich etwas Besseres. Außerdem kenne ich ein paar intelligente Studenten-Kevins. Er war nicht unbedingt ein Student—das erkannte ich, als ich "Soziologie" näher erklären musste, weil "Psychologie für Gruppen" als Erklärung nicht ausgereicht hat. "Die Menschen, die vor einer Wahl sagen, wer wahrscheinlich gewinnt" habe ich mich nach der letzten Meinungsforschungspleite nicht getraut zu sagen.

Also wurde es sehr wirr und viel zu lang—ich glaube er denkt, ich habe das Wort erfunden. Dann sprach ich mit einem Mädchen, das mich gefragt hat, ob ich hier auch auf Aufriss bin. Das Thema des Abends war also klar. Eigentlich sei laut ihr aber jeder Abend hier ein Aufriss-Abend und wirklich: Alle Anwesenden hatten Spaß. Miteinander. Das sieht man in Wiener Discos eher selten.

Ich hätte ihn wahrscheinlich auch gehabt, wenn mir die Kassadame nicht so extrem reingeschissen hätte und ich nicht ständig auf der Suche nach der beschränkten Karte gewesen wäre. Eine Wodka-Bottle hätte mir natürlich auch maßgeblich geholfen. Spielt’s halt nicht am Ende des Monats. Ansonsten: Spritzer hat 3,50 Euro gekostet, was echt OK ist. Die Musik fand ich am Mainfloor scheiße, am Volksmusik-Floor dafür umso besser. Es gab überall Sitzgelegenheiten, es gab immer eine freie Toilette und die Menschen waren super leiwand drauf. Ich denke, ich werde trotzdem nie wieder kommen. Einfach weil meine Freunde resistent gegenüber der Prater-Gegend sind. Drinnen ist es aber echt nicht so schlecht, wie alle tun. Die Geschäftsführung ist mir eigentlich zu geldgeil und schmückt die Wahrheit etwas zu sehr aus, aber wenn ich danach mein Fortgehen ausmiste, bin ich jedes Wochenende in meinem Zimmer fort.

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Ich konnte nicht eruieren, ob dieses halbnackte Mädchen am Praterstern heult, weil sie aus dem Praterdome oder der neuen Pratersauna kommt.

Ist es der "Most Important Club in Town" ( O-Ton Praterdome-Seite)? Nein, definitiv nicht. Es ist ein riesige Mischung aus Bollwerk und Ride Club, mit einem ähnlichen Publikum. Ein solider Club zum Wegschießen mit Billig-Wodka. Ja, ein paar Prolos waren am Start. Auch ein paar Teenies. Aber es gab genauso viele Studis oder arbeitende Menschen—im Dome waren viele verschiedene Arten von Bürger vertreten—und das ist ja auch eher selten in Wien. Und alle waren wirklich nett und leiwand. Außer die Kassa-Dame.

Fredi geht nicht nur auf Facebook fort, sondern auch auf Twitter : @schla_wienerin

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