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10 Dinge, die ich an der Zürcher Clubszene hasse

Zürich hat die grösste Clubdichte der Welt. Doch Quantität ist nicht gleich Qualität.

Foto zur Verfügung gestellt von meder.k

Kamil lebt seit zwei Jahren in Zürich, der Stadt seiner Hassliebe. Seitdem stolpert er wöchentlich durch die Clubszene, die die Stadt für ihn erträglich macht, aber ihn manchmal auch zur Weissglut treibt.

Zürich hat, so sagt es eine Urban Legend, die höchste Clubdichte der Welt. Doch Quantität ist nicht alles und diese 10 Dinge können dir dein Wochenende in Zürich gehörig versauen.

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1. Hört auf mit dieser Clubfasnacht
Hutpartys, haufenweise Girlandendeko, Einlass nur im Indianerkostüm. Stehst du in angepasster legerer Alltagskleidung vor einem Zürcher Club ohne schmierige Glitzerschminke im Gesicht oder hast keine Federn in deinem Dutt, gehörst du nicht dazu. Das ist Bullshit! Techno ist kein Brüder-Grimm-Märchen oder McDonalds-Kindergeburtstag! Während der Zürcher sich gerne über die Fasnacht der Provinzler lustig macht, feiert er diese dafür das ganze Jahr über in seinen Clubs—einfach in ihrer hier akzeptierten urbanen Form.

2. Scheiss auf die Einrichtung
In einem sind die bedeutenden Clubs alle gleich: Sie sind piekfein. Viele Locations bestechen mit ausgefallener Einrichtung und einzigartiger, bestenfalls jeden Tag exklusiv für die Party von einem Raumdesigner gemachten Dekoration. Was Zürich aber wirklich fehlt, ist ein spartanischer Techno-Tempel in einem abgefuckten Industriegebäude. Ein DJ-Pult, eine saubere Soundanlage, fähiges Barpersonal und eine Toilette reichen schon, um aus einem alten Bunker einen wunderbaren Club zu machen.

3. Innenstadt über alles

Foto zur Verfügung gestellt von Toni_V

In Zürich auszugehen ist verhältnismässig bequem, die Distanzen zwischen den Locations sind kurz. Abgesehen vom OXA in Oerlikon befanden oder befinden sich keine relevanten Clubs ausserhalb der inneren Stadtkreise, denn für den Züri-Hipster hört die Stadt beim Milchbuck auf. Im schlimmsten Fall musst du fünf Minuten von der Langstrasse an die Hardbrücke radeln. Das ist gut, das lässt Platz für Spontanität und wenn der Türsteher mal kein Bock auf dich und deine zwei männlichen Freunde hat, ist der nächste Club nicht weit. Leider bedeutet Innenstadtlage gleichzeitig auch hohe Mietkosten und Preise. Und was noch schlimmer ist: Wegen dem Kostendruck beugen sich die Clubs in Zürich dem Kommerz, während sie in anderen Städten als kreative Orte einen Gegenpol zur Gentrifizierung bilden.

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4. Das Kommerzgespenst
Samstag-Nacht in einem Zürcher Club mit durchaus ansehnlichem Techno- und House-Programm. Du holst mit deinem Freund an der Bar ein Bier und stehst an ein Tischchen, als ein Security kommt und dir—freundlich aber bestimmt—erklärt, dass ihr doch bitte dem Pärchen Platz machen sollt. Da war doch tatsächlich ein beschissenes „Reserviert"-Schild auf dem Stehtisch! Während solche Dinge anderenorts nur in Nobeldiscos vorstellbar sind, scheint Zürich keine Scham zu kennen. Sogar das Hive als Platzhirsch unter den Zürcher Clubs stellte schon einen Stand mit Promogirls einer beliebten Schweizer Zigarettenmarke vor den Zigiautomat und zwang mich den Rest des Abends fremd zu rauchen. Als Wiedergutmachung gab es dafür eine Wollmütze mit Logo des Zigarettenherstellers.

5. Taxi, dein Freund und Feind
Taxis gehören zum Nachtleben wie der Döner morgens um Vier und da ich besoffen grundsätzlich zu bequem bin, um mehr als eine Zigilänge Wegstrecke zu Fuss zurückzulegen, gönne ich mir öfters den Luxus eines privaten Chauffeurs in Form eines Taxis. Ob dieser freundlich ist, fliessend Deutsch spricht und ob er einen Mercedes oder Volvo fährt, ist mir eigentlich ziemlich egal, solange er meine Zielangabe versteht. Tut er aber eben meistens nicht! Auf jeden Fall nicht auf direktem Weg. Wenn du wirklich Pech hast, heisst es nach deinem Zielwunsch einfach mal „Nein", besonders gerne bei kurzen Fahrten. Lass dich aber nicht verarschen: Sie müssen dich fahren!

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6. Wer spielt denn die Musik?

Foto von Kamil Biedermann

Da freust du dich wochenlang auf das Set deines liebsten Techno-DJs und kriegst an der Türe nur ein „Heute ist nicht dein Abend!" zu hören, während die Prolls vor dir durchgewunken werden und die Tanzfläche wahlweise mit Taschenkreisen oder Debattierrunden versperren. Klar, Zürichs Nachtleben pulsiert, so dass am Wochenende viele von ausserhalb in die Stadt strömen und die Langstrasse an Samstagen in Sachen Partystimmung der Reeperbahn mit nichts nachsteht—auch nicht was Partypöbel angeht. Damit diese nicht die Überhand gewinnen, ist ein fähiger Selecteur am Eingang unumgänglich. Doch anstatt eines einfachen „Wisst ihr wer heute spielt?" klammern Türsteher sich nur an Altersgrenzen und Geschlechterverhältnissen. Möchtest du dir also nicht den Abend versauen lassen, dann lass dich auf die Gästeliste schreiben, wenn du kannst – oder besorg dir weibliche Begleitung.

7. Alle sind gleich, manche sind gleicher
Das bessere Geschlecht ist an der Zürcher Clubtüre wirklich besser. Da gibt es die Story von den Mädels, die sich mit einer Männergruppe auf deren Bitte als Begleitung dazugestellt haben und dafür 100 Franken verlangten—pro Kopf. Ein vernünftiges Geschlechterverhältnis auf dem Floor liegt im Interesse aller, niemand will eine Schwanzparty, an der sich ein Mädel wie im Löwenkäfig fühlen muss. Klar haben exzellente Aufrissschuppen wie das Gonzo ihren Ruf genau, da sie strikt selektieren. Doch umso undergroundiger und technoider das Setting des Clubs, umso eher besucht man eine Location wegen der Musik und nicht des Abschleppens willen. Techno ist nach wie vor im Vergleich zu R'n'B und anderen Clubstilen immer noch männerdominierter—das muss sich die Szene einfach eingestehen. Wenn du dir den Stress ersparen und mit deinen Jungs einen guten Abend haben willst, dann geh ins Memphis, denn dort sind wirklich noch alle gleich.

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8. Zieh deinen Stock aus dem Arsch
Der Schweizer ist ein zurückhaltender Zeitgenosse. Eine sicher nützliche Eigenschaft, aber gib sie doch bitte mit deiner Jacke gleich an der Garderobe mit ab. Wenn die Musik gut ist, dann feier das auch dementsprechend und lass dich gehen. Der Dancefloor ist, wie es der Name schon sagt, kein guter Ort um dich nach einem Jahr Auslandsaufenthalt mit deinen Freunden über deine Erlebnisse auszutauschen. Etwas mehr Emotionen an Zürcher Dancefloors würde nicht nur die DJs am vorderen Ende den Clubs gut tun.

Foto von Kamil Biedermann

9. Zürich ist nicht dein Freund
In Zürich alleine weiterziehen, wenn deine Freunde schlappmachen? Vergiss das! Keiner wird dich in Zürich je ansprechen, ausser er will eine Zigi, Drogen oder dich billig anmachen. Das gleiche denkt man dann von dir, wenn du jemandem länger als 3 Sekunden in die Augen siehst. Auch wenn sich diese Stadt nicht zu schade ist um sich bei jeder Gelegenheit als offene Weltstadt zu bezeichnen, bleiben Zürcher am Ende des Tages am liebsten unter sich.

10. Bier, wenn man es so nennen mag
Über Geschmack lässt sich streiten, jedoch nicht über den des Zürcher Bieres. Das kann leider gar nichts. Dem lokalen verpflichtet, setzen viele Clubs auf hiesige Marken, besonders gerne Amboss oder Hürlimann. Unterscheiden tun sie sich kaum: Wässerig im Geschmack und nach spätestens 15 Minuten auf dem Floor frei von Kohlensäure. Meistens wartest du auch genau so lang auf dein Bier und darfst dafür 7 Stutz zahlen, für 0.33cl versteht sich. Ein Dank geht hier an die Zukunft, die blasphemisch auf Appenzeller Quöllfrisch setzt. Sorry Zürich, du kannst viel, aber leider nicht alles.

Kamil auf Twitter: @kamilbiedermann