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„Da kann ich nackt über den Rathausplatz rennen“—Ein Besuch bei Österreichs „Festival-Mafia“

Das Frequency wird 15. Neue Konkurrenz taucht auf. Höchste Zeit für einen Besuch bei Skalar und Harry Jenner.

Alle Fotos: Stefanie Katzinger

Wart ihr schon einmal am Frequency? Sicher wart ihr das. Das Frequency ist ja quasi eine der kollektiven Erfahrungen, die Österreicher im Alter von 18-40 Jahren teilen. Man jammert gelegentlich darüber und macht Witze über die (angeblich?) immergleichen Headliner. Aber man kennt kaum jemanden, der noch nicht da war. Gegründet wurde das Frequency vor 15 Jahren von Harry Jenner. Erst in der Arena, dann am Salzburgring, mittlerweile in St. Pölten. Veranstaltet wird es heute von Skalar. OK, eigentlich ist das so nicht ganz richtig, weil das, was man gemeinhin „Skalar“ nennt, eigentlich ein Geflecht aus Firmen und einer übergeordneten Holding ist. Aber wurscht, das sind eher Details für Spezialisten. Wer sagt, dass Skalar irgendwas veranstaltet, liegt zumindest faktisch nicht falsch.

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Auch wenn sie selber gerne tiefstapeln, ist Skalar ein riesiger Player im österreichischen Live-Musik-Markt. Sie veranstalten mit dem Frequency, dem Nova Rock und dem Urban Art Forms nicht nur drei riesige Open Air-Festivals, sondern stehen auch hinter vielen Veranstaltungen in Wiesen, riesigen Konzerten in der Stadthalle Wien und zahlreichen, auch kleinen bis mittelgroßen, Veranstaltungen, von denen du wahrscheinlich noch nie etwas gehört hast.

2015 ist ein besonderes Jahr für Harry Jenner, der nicht nur Chef vom Frequency beziehungsweise der Veranstalterfirma Musicnet (Firmengeflecht, siehe oben) ist, sondern auch bei Skalar eine zentrale Rolle einnimmt. Erstens feiert das größte Festival Österreichs heuer sein 15-jähriges Bestehen und auf der anderen Seite gerät Skalar von Mitbewerbern, die von verschiedenen Seiten in den bereits relativ gesättigten österreichischen Markt drängen, unter Druck. An den Bars in Wien reden die Leute schon vom „Bookerkrieg“. Das sind allerdings meist die Leute, die nicht ganz zentral im Geschehen sind. Das muss man also nicht ganz so ernst nehmen.

Ich hab mit Harry in seinem Büro in der Alser Straße ein langes Gespräch geführt. Über 15 Jahre Frequency, versteckte Cash Cows und die neue Konkurrenz. Und ich hab ihm dabei so ziemlich alle Gerüchte an den Kopf geworfen, die mir eingefallen sind.

Man liest von dir öfter, dass du in Fünf-Jahres-Schritten planst. Ist das noch aktuell?
Harry: Ja, aber das gilt eher für mein Privat-, weniger für das Geschäftsleben. Ich hab das jetzt eh ein bisschen aufgebrochen. Man wird ja älter und weiser.

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Sind sich diese Ziele immer ausgegangen?
Ja, bis auf das zum 40er. Die Ziele waren ambitioniert, aber nicht unrealistisch. Mit 25 wollte ich mein erstes eigenes Auto, mit 30 meine eigene Firma haben. An das Ziel zum 35er kann ich mich gar nicht mehr erinnern.

Das Frequency feiert heuer 15 Jahre. Wird es da irgendwas Besonderes geben?
Natürlich, aber weniger den großen Knall, eher die ständige Verbesserung. Der Nightpark wird direkt zum Daypark verlegt. Das heißt, dass man nicht mehr das ganze Shuttlebus-Gedöns auf sich nehmen muss. Wir werden auch viel beim Einlass und in der Gastro verbessern. Da wird es eine Fastlane für Online-Tickets geben Wir wollen den Online-Kauf ein bisschen unterstützen, weil er für alle Beteiligten das Praktischste ist. Wir schauen auch nach Upgrades im Sanitärbereich.

Wenn du mal auf die letzten 15 Jahre zurückschaust—was waren denn die großen Schritte in der Geschichte des Frequencys?
Der erste große Schritt—wenn man das Gründungsjahr als logischen ersten Schritt weglässt—war gleich im zweiten Jahr die Verlegung von der Arena Wien auf den Salzburgring. Und dass wir damals von null auf hundert das größte Festival Österreichs waren. Damals gab es ja nur Wiesen mit 8.000 Kapazität, und wir hatten plötzlich 17.000 pro Tag. Das war heavy. Und der nächste Schritt gleich darauf war 2003, ausverkauft bei Metallica. Da hätten wir wirklich sicher noch mal so viele Tickets absetzen können.

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Aber 2003 war auch nicht unbedingt das einfachste Jahr.
Nein, überhaupt nicht. Natürlich waren wir jung, sicher nicht optimal vorbereitet und hatten unglaublich viel zu lernen. Aber man muss natürlich auch sagen, dass es in Österreich so etwas nicht gegeben hat. Von wem hätten wir also lernen sollen? Deshalb eben viel learning by doing. Die Lektionen würden aber jetzt ein ganzes Buch füllen.

Das Line Up von 2002 und 2003 waren unter anderem Die Ärzte, Placebo, Metallica, Sportfreunde Stiller. Böse Zungen würden jetzt sagen, dass das auch die Headliner 2015 sein könnten.
Sind sie aber nicht.

Trotzdem: Sind die Line Ups wirklich so austauschbar, wie die Leute manchmal tun?
Natürlich gibt es Bands, die uns gerne besuchen. Prodigy sind nicht das erste Mal in Österreich. Andererseits waren Radiohead 2009 das einzige Mal ever auf einem Festival in Österreich. Heuer ist es Kendrick Lamar, der auch noch nie hier war. Ich kann das also locker von der Hand weisen. Weil, wenn es so wäre, dürfte ich einen Kendrick nicht buchen. Wir haben ja auch mittlerweile die Kampagne „First Seen Am Frequency“—einfach um den Leuten mal ins Bewusstsein zu rufen, dass Bands wie Mumford and Sons und Royal Blood ihre ersten Gigs in Österreich bei uns hatten, um drei Uhr am Nachmittag. Dafür steht das Frequency halt auch, wir sind schon immer dran, den neuen heißen Scheiß zu bringen. Andererseits gibt’s natürlich immer auch Acts wie Die Ärzte oder Die Toten Hosen. Das sind aber auch die Tage, an denen die meisten Tickets verkauft werden. Da ist es immer bummvoll vor der Bühne.

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Bucht man Bands wie die Hosen primär, weil sie ziehen? Oder weil deine Booker alle mit der Musik aufgewachsen sind?
Grundsätzlich gilt: Ich kann nur Acts nehmen, die an dem Wochenende verfügbar sind. Aber wahrscheinlich ist es ein bisschen was von beidem. Es gibt kaum Leute bei uns, die nicht DJ waren. Wir haben alle das Hobby zum Beruf gemacht.

Kann man sagen wie viele „safe bookings“ ein Festival wie das Frequency braucht?
Safe choices gibt es am Papier, aber nicht im wirklichen Leben. Ich kann weder Die Toten Hosen noch Metallica zwingen, im Jahr 2000-irgendwas beim Frequency oder beim Nova Rock zu spielen. Man hat eine Wunschliste, auf der natürlich nicht die Band ganz oben steht, die schon hundert Mal bei uns gespielt hat. Dann schaut man was geht und wird realistisch. Wenn Bands nicht verfügbar sind, kann ich nackt über den Rathausplatz rennen, sie werden immer noch nicht bei uns spielen.

Manchmal kommt es einem so vor, als würden Bands abwechselnd das Frequency und das Nova Rock bespielen.
Das ist eigentlich fast dieselbe Antwort wie auf die vorherige Frage. Erstens fällt mir bis auf Die Toten Hosen kaum eine Band ein, die regelmäßig beides macht. Und es ist halt immer eine Frage der Verfügbarkeit. Da sind deutsche Bands wegen der geographischen Nähe naturgemäß flexibler, aber ich kann das wirklich null beeinflussen.

Der Booking-Prozess klingt sehr unromantisch, wenn du ihn beschreibst.
Exakt. Es ist nicht so, dass ich nur meine Wunsch- und Traumbands aufs Frequency stellen kann. Natürlich ist das Antrieb und Ziel, nur leider ist das komplett unrealistisch. Mumford and Sons hab ich die letzten Jahre intensiv versucht, ein zweites Mal zu bekommen. Da kann ich mit einer noch so fetten Gage wedeln—die sind da einfach nicht verfügbar. Aus.

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Wie hoch ist das Budget des Frequencys?
Sehr hoch, ein paar Millionen. Und das muss man Jahr für Jahr wieder rein verdienen. Knapp die Hälfte davon entfällt aufs Booking.

Ist das Booking-Budget in den letzten Jahren gewachsen?
Deutlich. Der Ticketpreis aber leider nicht. Es wird auch immer problematischer, das mit diesen Ticketpreisen zu veranstalten. Mit EUR 149 sind wir im Vergleich sehr günstig. Aber viel bleibt da nicht mehr über. Auch wenn jeder glaubt, dass wir alle reich sind.

Wo sind die Gagen verhältnismäßig am meisten gewachsen?
Im oberen Segment, ganz klar. Das Angebot an großen, vielversprechenden Acts, die zum Zeitpunkt x verfügbar sind, ist einfach begrenzt.

Gibt es auch Acts, die ihr euch nicht mehr leisten könnt?
Kaum. An der Gage ist es äußerst selten gescheitert. Ich möchte nicht sagen nie, aber wirklich selten.

Kannst du mir sagen, was der teuerste Act war, den ihr je gebucht habt?
Könnte ich, mag ich aber nicht. Lieber andersherum: Metallica 2003 war ein richtiges Schnäppchen, genauso wie Die Ärzte 2002.

Wenn du zurückschaust—was waren die richtig schweren Jahre?
Alle. Es ist nie ein gemachtes Nest. Wir versuchen ja auch sehr viel Innovation reinzubringen—Technik, Gastro, Erlebnis. Die Mainstage war letztes Jahr mit fast neunzig Metern die größte Rockbühne Europas. Das kostet halt Unsummen an Kohle.

Wie oft wart ihr ausverkauft?
Seit 2003 lustigerweise immer in den ungeraden Jahren. 2014 war das erste gerade Jahr, in dem wir ausverkauft waren.

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Was waren deine persönlichen Horrormomente?
2005, die Brücke, ganz klar. Aber auch da hat man gesehen, dass das Krisenmanagement funktioniert—auch wenn ich mir das natürlich lieber erspart hätte. Gerade aus solchen Dingen muss man natürlich lernen. Wir haben das Jahr darauf selber zwei Brücken gebaut, über die du mit Panzern fahren kannst.

Was ist sonst Schwieriges in Erinnerung geblieben?
Wir hatten beim Frequency eigentlich immer Glück mit Absagen. Uns ist in den Jahren mit Tool eigentlich nur einmal ein Headliner abgesprungen. Aber 2007 oder so gab es die mittlerweile fast berühmte Szene, als 50.000 Menschen vor der Bühne auf Pete Doherty gewartet haben, der zu dem Zeitpunkt in London am Flughafen saß und zwei(!) Flieger verpasst hat. Ich hab immer noch keine Ahnung, wie das geht. Dann vor die Menge zu treten und ihr mitzuteilen, dass Pete nicht kommen wird—da braucht es schon zwei Mut-Bier. Ich hab dann erstmal ein bisschen Show gemacht. Und wie du siehst, lebe ich immer noch.

Was waren absolute Topmoment?
Eigentlich immer die, wenn du realisierst, dass der Plan aufgegangen ist. 2003 bei Metallica war die Stage absolut clear: kein Working Personal, keine VIPs. Nur Metallica, Tontechniker, Tourmanager und ich. Das war schon einfach geil damals. Oder 2009 bei Radiohead, weil du einfach weißt, wie scheiße picky die sind. Eigentlich jeder Moment, wo du einfach nach dem Festival denkst „Gut ist es gegangen, es ist nichts geschehen, geil war's. Auf zum nächsten.“

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Wie hat sich dein Frequency-Alltag in den letzten Jahren verändert?
Ich kann mir Bands anschauen! 2002 hab ich exakt eine Viertelstunde von Sonic Youth gesehen. In den ersten Jahren war ich natürlich Troubleshooter, mein Handy hat sprichwörtlich zum Rauchen angefangen. Jetzt haben wir eine komplette Struktur und 800 Milliarden Leute, die für uns arbeiten. Ich bin im Endeffekt da, um zu schauen, was man verbessern könnte, was nicht ideal funktioniert und so weiter.

Das Frequency ist ja seit Beginn auch so ein bisschen ein Baby von FM4. Stimmt es, dass das Frequency das einzige Festival ist, dass FM4 im Namen haben darf?
Wir haben einen Uralt-Deal mit FM4. Da gibt es einige Details, die man hier nicht ausbreiten muss. Ich glaube aber, dass es sich für beide Parteien wirklich gut gerechnet hat—bis zum heutigen Tag.

Ist der Anteil österreichischer Musik beim Frequency ein Thema bei euch, oder schiebt ihr das weg?
Bei dem Thema kommt mir zu viel unverständliche Kritik entgegen. Deshalb hab ich mir die Mühe gemacht und hab alle Jahre nach den österreichischen Acts durchforstet. In der Summe sind wir auf 224 gekommen. Einige sind da natürlich zwei, manche auch drei Mal dabei. Aber bei über 200 österreichischen Acts verstehe ich die Kritik nicht wirklich, wenn ich ehrlich bin. 2012 waren von 100 Acts 24 aus Österreich, 2013 waren es 28, 2014 mal nur 18. Es ist aber ganz klar, dass wir die österreichische Szene fördern und auch schon den ein oder anderen österreichischen Headliner hatten.

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Was für Besonderheiten hat aus deiner Sicht die österreichische Festivalkultur?
Ich glaub schon, dass wir in Österreich eine gute Festivalkultur haben. Natürlich erfindet man das Konzept jetzt nicht neu—Camping ist Camping und Mainstage ist Mainstage. Aber man versucht schon auch den österreichischen Charme reinzubringen. Eigentlich möchten wir ja auch, dass die Leute nicht nur wegen dem Headliner kommen, sondern weil es ein Ereignis ist. Was Österreich schon ein bisschen besonders macht, ist die Altersstruktur. In Amerika geht’s da im Schnitt ab 20 los und rauf bis 35, 40. Und am Glastonbury? Bist du deppat. Da startet es mit 18 und geht rauf bis zu 65. Da gibt es Children Playgrounds, die einen Hektar groß sind. Dort spielen die Opas mit ihren Enkeln—das werde ich in Österreich wahrscheinlich nie zusammenbringen. In Österreich geht es ab 16 los und ist mit 30 schon aus. Was sehr schade ist. Wir versuchen mit Komforttickets und den Areas, wo man ein bisschen abgeschottet ist, dagegen zu steuern. Aber da könnte natürlich noch mehr gehen. Teilweise leider schwierig in Austria.

Lass uns mal ein bisschen über Skalar reden. Die Firma wurde glaube ich 2008 gegründet.
Das kann sein. Wir sind mittlerweile ein großes Team von mittlerweile 50 festen Mitarbeitern, die alle gemeinsam an unseren Projekten arbeiten.

Ihr macht ja auch wahnsinnig viele Events. Von der Stadthalle bis zu Dingen, die man außerhalb bestimmter Szene nicht so mitbekommt. Gibt es da versteckte Cash Cows?
Ich wär froh, wenn ich versteckte Cash Cows hätte. Was man sich ausrechnen kann: Was auch immer stattfindet, sollte Geld verdienen. Wir machen natürlich trotzdem auch viel, weil wir es wollen. Selbst mit einem Frequency wirst du nicht mehr reich. Reine Liebhaberei ist es trotzdem nicht.

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Gut, nehmen wir das „versteckt“ mal weg. Bei welchen Geschichten weiß man im Vorfeld, dass sie extrem gut laufen?
Naja, wenn man U2 in der Stadthalle ansetzt, weiß man schon, dass es ausverkauft sein wird.

Es hieß ja lange, mit Live-Musik sei noch ziemlich gut Geld zu verdienen.
Es ist ein halbwegs stabiles Business. Live kann man nicht kopieren, nicht brennen und nicht illegal downloaden. Aber reich wird man damit nicht.

Ist Skalar die „Festival-Mafia“, wie es euch eine bekannte österreichische Band letztens im Falter vorgeworfen hat?
Der Vorwurf war mir ehrlich gesagt ein komplettes Rätsel. Bilderbuch haben 2010, also als sie wirklich noch relativ unbekannt waren, am Frequency gespielt. 2012 haben sie die Stage geheadlined. Aber es ist natürlich ihr gutes Recht. Der Vorwurf berührt mich insgesamt wenig, weil ich ja weiß, dass es nicht stimmt. Siehe Österreicher-Anteil, über den wir eben schon gesprochen haben.

Was ist nach dem Interview passiert?
Gar nichts. Ich hab das mit dem Management besprochen, und wir haben das ganz gut aus dem Weg geräumt. Sie spielen ja jetzt eh auch beim Harvest of Art—ganz so schlimm können wir also nicht sein.

Musste Volume, das ja zu Skalar gehört, nach dem Interview Bilderbuch vom Cover nehmen? Das hört man gelegentlich.
Nein, wirklich absoluter Blödsinn. Der Michi Ledl ist sein eigener Chef. Volume kündigt ja auch Festivals der Konkurrenz an. Dementsprechend ein ganz klares Nein.

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Jetzt mal weg vom Mafia-Begriff. Der österreichische Festivalmarkt ist ja trotzdem sehr konzentriert. Hat Skalar da nicht ein Monopol? Oder hatte es zumindest?
Hätten wir ein Monopol, dann gäbe sie die 128.000 anderen Festivals, die es heuer noch so gibt, alle nicht. Also schon alleine das heurige Jahr spricht gegen diese Feststellung. Wir haben halt Dinge gemacht, die davor niemand anderes gemacht hat. Und die haben wir auch gut gemacht und dadurch sehr viele Acts nach Österreich gebracht. Und wenn ich mir jetzt die anderen Festivals anschaue—da wird ja auch nichts Neues gemacht. Weder auf der Donauinsel noch in Graz spielt ein Act, der nicht schon bei uns gespielt hat. Wie ich angefangen habe, hätte man sagen können, die Wiesen hatten ein Monopol. Ich hab dann aber halt einfach selbst ein Festival gemacht.

Es kommen jetzt mit dem Rock in Vienna einerseits und FKP Scorpio über Arcadia Live neue Mitbewerber in den Markt. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass Booker und Acts von euch zu ihnen gewandert sind. Wie siehst du das?
Wie gesagt: Wir haben kein Monopol, jeder kann machen was er will. Es ist ein freier Markt, es war immer ein freier Markt und es wird immer ein freier Markt bleiben. Ich sehe das sehr entspannt, weil nirgendwo das Rad neu erfunden wird. Locations, Acts, Begleitumstände—das haben wir ja alles schon mal gemacht. Dass die jetzt als die neue, dynamische Konkurrenz gelten—geschenkt. Es gibt ja hierzulande doch einige Medien, die gerne ein bisschen gegen uns schreiben. Man muss das sportlich sehen: Kritik ist gut, Kritik muss man sich hart erarbeiten. Unterm Strich kann ich sagen: Konkurrenz welcome. Ich hoffe, sie können genauso viele österreichische Bands unterstützen wie wir. Daran hab ich aktuell meine Zweifel, lass mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Und das andere auf der Donauinsel—schauen wir mal, wie lange es das noch gibt. Vor allem bei einem Ticketpreis von EUR 200.

Als die Snoop Doog & Friends-Show recht schnell nach dem HipHop Open Wien angesetzt wurde, gab es viele Gerüchte, ihr wolltet die neuen Mitbewerber kaputt machen.
Das ist Schwachsinn, der auch leicht zu entkräften ist. Warum sollte ich Snoop Dogg nicht mehr veranstalten, nur weil sich jemand auf den Schlips getreten fühlen könnte? Was würdest du tun? Es ist dein Geschäft, deine Firma, du musst 50 Leuten ihr Gehalt zahlen. Man holt Snoop Dogg ja auch nicht extra, er ist auf Tournee. Ein Snoop Dogg routet Europa und spielt einen Termin in Österreich. Den Tag kriegst du zugesprochen. Das ist auf jeder Tournee so, überall auf der Welt. Das weiß auch jeder, der nur entfernt im Geschäft tätig ist. Da kann man dann manchmal ein, zwei Tage vor oder zurück schieben. Aber man kann sich den Termin nicht aussuchen, um Rücksicht auf einen Mitbewerber zu nehmen. Das ist das ganz normale Geschäft. Ich hätte nicht mal die Zeit, um „gegen“ irgendjemanden zu buchen. Abgesehen davon sind sicher einige Menschen froh, dass Snoop Dogg kommt.

Für mich als Konsument ist die jetzige Situation natürlich super: Es gibt diesen Sommer ein Wahnsinns-Angebot, gerade im HipHop-Bereich…
Und genau darum soll es ja gehen. Wir haben uns früher teilweise gelegentlich selber das Geschäft weggenommen, weil wir einfach gerne sehr viele gute Acts in Österreich haben wollten.

OK, aber kann sich das für alle ausgehen?
Das weiß niemand. Für uns kann ich sagen, dass wir glauben das Richtige zu tun. Für uns, aber auch für den Konsumenten. Speziell im HipHop-Bereich. Alles weitere wird die Zukunft zeigen.

Ihr seid aktuell zufrieden mit den Vorverkäufen für den Sommer?
Ja, sind wir. Natürlich können nicht alle 300 Shows, die wir im Jahr veranstalten gleichmäßig gut rennen. Aber wir sind grundsätzlich sehr zufrieden.

Wie wird sich der Festivalmarkt in Österreich entwickeln, und wo ist die Rolle von Skalar darin?
Das kann ich dir nicht sagen, dafür hat sich allein heuer zu viel getan. Ich glaub es wird sich auf eine gewisse Weise bereinigen, das ist jetzt gerade einfach too much und nicht alles sinnvoll. Wir sehen uns dort, wo wir uns immer gesehen haben: Wir wollen coole Konzerte und coole Festivals machen. Wir wollen das alles weiterentwickeln, das Angebot breiter fächern, aber auch in gewissen Bereichen detaillierter werden. Wir haben ein, zwei Sublabels gegründet, wo wir eben nicht so breit denken wollen. Unterm Strich sieht sich Skalar als kleines Rädchen im österreichischen Live-Musikmarkt, das dem Publikum gute Produkte anbieten will.

„Kleines Rädchen“ ist jetzt aber schon Understatement.
Naja, wenn du dir anschaust, wo alles Live-Tickets verkauft werden—vom Kabarett-Theater bis zu AC/DC am Spielberg—das auch nicht wir machen—sind wir ein kleines Rädchen. Wenn man uns ein großes Rädchen nennt, liegt man sicher aber auch nicht ganz falsch. Was ich damit eigentlich sagen will: Wir überschätzen uns nicht. Wir sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber eben auch nicht die Mafia.

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