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Die drei Typen von Partyfotografen

Partyfotografen sind überall. Das wird auch erstmal so bleiben. Aber sie sind nicht alle gleich.
Alle Fotos von Jasmin Baumgartner

Partyfotos sind die Pornos der Ausgehkultur. Jeder schaut sie an, aber so richtig gut fühlt man sich nie dabei.

Das Phänomen hält sich schon relativ lange, und es schaut auch nicht so aus, als würde es schnell weggehen. Spezialisierte Seiten wie warda.at machen damit den Löwenanteil ihres Traffics, und auch andere – inklusive uns – können oder wollen nicht völlig darauf verzichten.

Btw: Wenn ihr auf eine Veranstaltung geht und dort ein Schild á la "Hier wird fotografiert, der Eintritt gilt als Zustimmung" lest, dann seht ihr ein Schild, das völlig unnnötig ist. In Österreich gilt quasi bereits das Verlassen des Hauses als Zustimmung, fotografiert zu werden. Solange ich kein berechtigtes Interesse habe, dass ein Foto von mir nicht veröffentlicht wird – weil ich mich dort zum Beispiel in einer sehr privaten Situation befinde – kann mich jeder fotografieren. Diese Schilder gibt es, weil die Menschen die Situation mit der Rechtslage in Deutschland verwechseln. Da ist es nämlich umgekehrt: Ich muss zustimmen.

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Wie alle anderen Fotos auch, werden Partyfotos von mehr oder weniger professionellen Fotografen angefertigt. Im Wesentlichen gibt es drei Typen von ihnen, die ich jetzt vorstellen möchte.

Der Brave

Das sind die Typen, die man eh von verschiedenen Partys kennt und die das (semi-)professionell machen. Sie laufen mit einem großen Objektiv herum, sind immer freundlich und würden nie jemanden fotografieren, der damit nicht einverstanden ist. Normalerweise läuft das folgendermaßen ab: Der Fotograf schleicht durch den Raum und schaut sich nach seiner Beute um. Beute heißt in dem Fall vor allem Gruppierungen von mehr oder minder attraktiven und mehr oder minder narzisstischen Menschen, bei denen es zumindest vorstellbar wäre, dass sie am nächsten Tag noch Sex vor dem Spiegel haben werden. Oder sich zumindest auf warda.at durch 26 andere Fotogalerien klicken, um genau nach dem einen Foto zu suchen, auf dem sie selbst zu sehen sind.

Die Kontaktaufnahme kann man sich ungefähr so vorstellen: Vorsichtiges Flirten in einem Laden, der eigentlich für Resteficken bekannt, aber an dem Tag zufällig nur von Mauerblümchen besucht ist. Es werden vorsichtige Blicke ausgetauscht, die Kamera unauffällig gehoben, vorsichtig auf den anderen zugegangen. Aber immer mit der Möglichkeit des Rückzugs, des "Nein, dich hab ich ja gar nicht gemeint" – enttäuscht wird ja schließlich niemand gerne. Wenn dann endlich klar ist, dass beide – sowohl der Fotograf als auch die Gruppe der Betrunkenen –willig sind, läuft es folgendermaßen ab: Der Partyfotograf bittet die Gruppe, sich doch mal nett in einer Reihe zusammenzustellen und zu lächeln. Die Fotografierten haken sich entweder ein und lächeln, oder sie machen so pseudo-lustige Posen – vor allem, wenn es sich um Männergruppen handelt. Die meisten jungen, testosterongeladenen Männer haben ja immer eine irrationale Angst davor homosexuell zu wirken. Nachdem das Foto gemacht ist, gibt der Fotograf höflich seine Karte. Am nächsten Tag kann man dann auf eine Webseite gehen und sich eine Fotogalerie anschauen, in der wirklich ALLE.FUCKING.FOTOS. gleich ausschauen.

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Der Verwegene

Der Verwegene macht Fotos für irgendein junges, hippes Internetding. Auch VICE hatte in den frühen Jahren jedes Wochenende Partyfotos auf seiner Website. Die Adressaten der Fotos sind –anders als z.B. beim Braven – nicht die Leute, die auf der Party waren, sondern eben die, die es nicht geschafft haben. Es ist mehr ein "Seht her, wir sind auf legendären Partys. Und wo bist du?". Deshalb ist die Qualität der Fotos eigentlich relativ wurscht, es geht mehr darum die Wildheit und das Momentum des Abends einzufangen – oder beides im Notfall zu konstruieren. Es soll dreckig, heiß und hip ausschauen.

Der Verwegene braucht dadurch natürlich Techniken, die ein normaler Event-Fotograf nie braucht. Er ist mehr Jäger als Dienstleister. Party-Safari. Ich habe mal einen Partyfotografen aus der frühen VICE-Zeit gekannt, der immer eine analoge, alte Mini-Kamera in der Jackentasche hatte und sie einem dann überraschen mitten im Gespräch in die Fresse katapultiert hat. Natürlich sind 90 Prozent der Fotos scheiße geworden, aber die übrigen 10 Prozent waren die besten Partyaufnahmen, die ich in meinem Leben gesehen habe. Der Verwegene fragt Leute nicht, ob sie fotografiert werden wollen (das muss er in Österreich der Rechtslage nach, wie erwähnt, auch nicht), und es ist gelegentlich echt nicht angenehm auf seinen Fotos drauf zu sein. Andererseits ist er damit fast schon ein bisschen journalistisch tätig.

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Der Veranstalter

Wenn der Veranstalter selber fotografiert, geht es ein bisschen gesitteter zu. Er liegt auf der Achse wild-brav irgendwo zwischen dem Hasardeur und dem Langweiler. Dem Veranstalter geht es primär um zwei Dinge: Er möchte die Leuten, die auf der Party waren, an seine Eventreihe binden – weshalb er die Fotos am nächsten Tag auf Facebook stellt. Und er möchte zeigen, was für ein tolles, interessantes und vor allem attraktives Publikum er hat, damit in Zukunft noch mehr Leute kommen. Weshalb er vor allem hübsche Frauen fotografiert. Gerne allein, weil das suggiert, das viele Frauen ohne Begleitung auf seinen Partys sind.

An diesem Wochenende könnt ihr übrigens hier fotografiert werden.

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