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Andreas Gabalier gibt ein Statement ab und liegt damit falsch

Der Volks-Rock'n'Roller meint, er hätte aufgrund des Urheberrechts die Töchter gar nicht erwähnen dürfen. Das ist Blödsinn.

Foto Credit: badkleinkirchheim via photopin cc

Der österreichische Volks Rock'n'Roller Andreas Gabalier hat bekanntlich beim Formel 1-Rennen in Spielberg die Bundeshymne falsch gesungen. „Falsch“ meint in dem Fall: In der Version von vor 2012, in der nur von „großen Söhnen“ die Rede ist. Das gab einen kleinen bis mittleren Skandal, im Zuge dessen auch über sein Spiel mit völkischen Codes diskutiert wurde.

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Eigentlich ist das Ganze schon längst verebbt, wie es bei Shitstorms nun mal so ist. Aber Gabalier hat gestern noch mal Öl in die schon fast verschwundene Glut gegossen. Mit einem Argument, das einfach nicht richtig ist.

Folgendes Statement gab Gabalier gestern auf Facebook ab:

Foto via der FB-Page von Andreas Gabalier.

Lassen wir mal die idiotischen Witz mit dem „Stephanien Dom“ beseite—das ist eine klassische Strohmann-Strategie: Die Position des Gegenübers so überhöhen, dass sie lächerlich wirkt. Damit bekämpft man erfolgreich etwas, das niemand gefordert hat. Lassen wir auch mal die Frage unbeantwortet, wie sich Gabalier abseits von Liedern wie „Sweet Little Rehlein“ („Du liabes Weiberl woart a bissal, bleib doch amol stehn, I muss dir noch a Bussal gehm und daun loss i di gehn“) für „die Rechte unserer Frauen im Land“ einsetzt. Das ist mir gerade wurscht, genauso wie Gabalier selbst, der im persönlichen Umgang sicher ein extrem freundlicher und angenehmer Zeitgenosse ist.

Was aber nicht so stehen bleiben kann, ist das Urheberrechts-Argument. Denn das ist einfach falsch, da ist Gabalier offenbar schlecht informiert. Schauen wir kurz in die Text-Geschichte der österreichischen Bundeshymne: Die Dichterin Paula Preradovic nahm nach dem Krieg an einem Wettbewerb teil, bei dem die junge Nation nach einer Hymne suchte. Sie erhielt dafür 10.000 Schilling und überließ der Republik damit das Recht zur Werksnutzung, was konkret bedeutet: Österreich darf die Hymne für alles nutzen, wofür man Nationalhymnen eben so benutzt. Deshalb scheiterten die Söhne Preradovics 1994 auch daran, sich Tantiemen vor Gericht einzuklagen.

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Auch der Verlag, der die Autorenrechte der Dichterin (sie selbst ist seit 1951 tot) wahrt, verlor ungefähr jedes Gerichtsverfahren, das mit der Hymne zu tun hatte, mit fliegenden Fahnen. Zuletzt 2011, als es um die „Töchter“-Änderung ging. Warum, ist hier eigentlich ganz verständlich erklärt. Um es ganz einfach runterzubrechen: Wenn ich jemandem das Recht einräume, mein Werk zu nutzen, darf er kleine bis mittlere Änderungen daran vornehmen, wenn diese für die Nutzung erforderlich sind. Wie so oft in Rechtsdingen lässt sich nicht allgemeingültig und abstrakt sagen, wie weit diese gehen dürfen. Das ist immer eine Abwägung von Interessen. Dass die Einfügung der „Töchter“ eine legitime Änderung und keine Verstümmelung ist, hat ein Gericht festgestellt. Das kann man natürlich für falsch halten. Es widerspricht aber NICHT dem Urheberrecht.

Lieber Andreas, das ist für dich somit eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Das Urheberrechts-Argument ist Blödsinn. Die gute: Du darfst durchaus etwas anderes als „Heimat bist du großer Söhne“ singen dürfen, ohne Angst vor einer Klage durch „die Rechteinhaber und Rechtsnachfolger der Paula von Preradovic“ (das „von“ ist bekanntlich auch schon länger nicht mehr richtig) haben zu müssen. Und das ist ja auch schon mal etwas.

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Jonas ist das schwarze Schaf einer Juristen-Familie, kann es aber trotzdem manchmal nicht lassen. Er ist auf Twitter: @L4ndvogt

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