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Andreas Gabalier: Eine Wutrede

Beim Amadeus hat sich Andreas Gabalier gleich mit mehreren Aussagen für Aufsehen gesorgt. Ein schwuler Leser rechnet mit einer davon in diesem Text ab.

Foto mit freundlicher Genehmigung der Kollegen von FM4.

In unser schnelllebigen Mediengegenwart sind Andreas Gabalier und sein „Manderl"-Sager vom Amadeus ja fast schon wieder ancient news. Alle sind schon weiter gezogen, zu Strache und dem 1. April zum Beispiel. Heute Nacht hat uns aber dieser Text von einem Leser erreicht. Und wir finden es wichtig, dem eine Plattform zu geben.

Bin ich feminin, weil ich weine wenn es mir schlecht geht? Bin ich maskulin, weil ich fünf Jahre Fußball gespielt habe? Ich bin biologisch ein Mann. Das heißt, es gibt Dinge, die ich tun kann, ohne blöd angemacht zu werden und Dinge, die nicht zu meinem biologischen Geschlecht „passen“. Ich habe als Kind mit allem gespielt. Bagger, Barbie Puppen, Power Rangers, einfach allem. (Danke hierfür an meine Eltern, die niemals auf die Idee gekommen wären, mir die neueste Baby Born auszureden). Mir wäre es als sechs Jähriger niemals in den Sinn gekommen, ein Problem daraus zu machen, meine Barbie in einen Bagger zu setzen. Warum auch? Barbies fahren vielleicht gern Bagger.

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Jetzt sitze ich mit 21 Jahren vor meinem Laptop und denke mir—während ich diese Zeilen verfasse—„Wow!“ ich war ein richtiger Feminist mit meinen sechs Jahren. Eine Frau, die Bagger fährt—geil! Ich bin biologisch ein Mann, weil ich da unten was hab, was Mädels nicht haben. Die haben dafür oben was, was ich nicht habe. Ich will mich nicht unter ein Konstrukt von alten und/oder sinnlosen Gender-Spielregeln einordnen. Ich bin so wie ich bin. Manchmal gestikuliere ich wie ein Wilder, der versucht mit der Unterseite seines Fingernagels eine Mücke zu erschlagen. Manchmal finde ich klare Worte und setzte sie um.

WER hat bestimmt, WIE der biologische Mann oder die biologische Frau sein soll (Dabei sind andere biologische Geschlechter noch gar nicht erwähnt)? Wir selbst. Und wir selbst sind in der Lage es zu ändern. Nach diesem Gladiator-ähnlichen-fast-final-wirkenden Worten möchte ich einfach nur sagen: Sei so wie du bist! Und wenn du vor lauter „Sei so wie du…“ schon komplett verwirrt bist und nicht mehr weißt, wer du eigentlich bist, dann gibt es nur eins zu tun: Mach das, was dir Spaß macht und denk nicht daran, was andere darüber denken.

Warum habe ich diesen Artikel geschrieben? Weil ich durch ein Ereignis wieder erfahren musste, wo manche Menschen in Österreich noch immer geistig Fuß fassen und vor allem, weil ich die „geistigen“ Ergüsse des Herrn Gabalier absolut satt habe. Für seine Bemerkung, dass man es mittlerweile schwer habe, „wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht“ kann ich nur eins sagen: Ich würde gerne einmal mit Ihnen und mit einem Krug Bier in der Hand an einem Tisch sitzen und über mein Leben reden. Falls das nicht möglich ist, hier für Sie zum Nachlesen: Ich bin in einem kleinen Dorf in Oberösterreich aufgewachsen.

Schwul sein war schon immer anders. Das Lustige hierbei: Ich fühlte mich nie anders. Dank meiner Eltern hatte ich eine wohl behütete Kindheit und bin ihnen dafür überaus dankbar. Ab genau einem Tag (es war kein außergewöhnlicher Tag) fühlte ich mich aber doch irgendwie anders, da die Jungs rund um mich eher die Mädels nett fanden und die Mädels wiederum die Jungs. Seit diesem Tag musste ich mich in einer Gesellschaft zurechtfinden, in der alles auf eine heterosexuelle Lebensweise ausgerichtet ist. Bei meinen Lieblings Disney Filmen fragte ich mich immer, warum James nicht mal John nimmt und Schneewitchen links liegen lässt? (Seriously, der Haarschnitt macht sie 10 Jahre älter). In der Schule fragte ich mich, warum alle es so cool finden eine „Freundin“ zu haben? („Willst du meine Freundin sein?“ „Ja“ „Cool“—aus). Oder warum es uncool ist, „schwul“ zu sein, beziehungsweise alle das Wort „schwul“ mit „uncool“ verbinden?

Das war noch nicht alles: Mit 14 Jahren erfuhr ich dann, dass ich die Person, die ich vielleicht später mal cool finden und mit der ich gerne mein Leben verbringen würde, nicht heiraten darf. Oder, dass es mir gesetzlich auch nie möglich sein würde, Kinder in diesem Land zu haben! (Stand des 14-jährigen Felix). Leidl, das ist ein Schock für einen 14-Jährigen! Alles, wonach ich gelernt habe zu streben: Familie, Kinder,…einfach weg. Und da fragt sich noch wer, warum die Selbstmordrate bei LGBT-Kids hoch ist? Die Rechte von Schwulen, Lesben, Transgender, u.v.m. sind hart erkämpfte Rechte. Es dauerte ewig bis wir an dem Punkt, an dem wir uns jetzt befinden, angelangt sind und wir alle sind noch längst nicht am Ziel. Wenn dann ein Herr Gabalier meint, die Welt sei für die Gattung des heterosexuellen Mannes so schwer, dann bin ich absolut fassungslos. Als öffentliche Figur haben Sie, Herr Gabalier, eine Verantwortung und wie Sie mit dieser Verantwortung umgehen, ist beschämend. Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, dass Sie mit dieser Blamage und dem Wissen, allen Menschen, die jemals für die Recht von Frauen, Schwulen, u.v.m. gekämpft haben, mitten ins Gesicht gefurzt zu haben, gut schlafen können.

Ich bin froh an einem Punkt angelangt zu sein, an dem ich über solche „Witze“ lachen könnte. Wenn Herr Gabalier aber meint, seine Behauptung wäre ein Witz gewesen, dann muss ich Ihnen eines sagen: Der Witz war schlecht.

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