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Sizarr brauchen ihre Künstlernamen

Sizarr klingen nicht deutsch, sind es aber. Heute kommt ihr lang erwartetes Debütalbum ,Psycho Boy Happy‘ raus.

Der Band Sizarr wird oft nachgesagt, nicht deutsch zu klingen. Und das obwohl sie deutsch sind, sie kommen sogar aus einer Gegend, die kaum deutscher sein könnte: aus dem beschaulichen Landau in der Pfalz. Ok, ihre Texte sind englisch und ihr Bandname klingt irgendwie französisch, also ist der Rückschluss auf eine deutsche Band nicht so offensichtlich. Wahrscheinlich wird sich das sowieso bald ändern, wenn das ganze Land Fabian a.k.a. Deaf Sty, Philipp a.k.a. P-Money und Marc a.k.a. Gora Sou kennen lernen wird. Denn heute veröffentlichen Sizarr ihr Debütalbum und werden endgültig in das Haifischbecken Musikindustrie geworfen. Nein, wir wollen Sizarr keine Angst machen. Ganz im Gegenteil, wir haben uns mit den Jungs getroffen, um ihnen zu erzählen, dass wir ihr erstes Album mögen. Und um ihnen ein paar Fragen zu stellen.

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Wie spricht man euren Bandnamen aus? Französisch oder englisch?
Marc: Sizarr, the french way.
Fabian: Ja, nicht englisch. Das ist irgendwie nicht so schön. Auf Französisch klingt das geschwungener.

Auf Französisch ist alles schöner. Aber man könnte es auch einfach deutsch aussprechen.
Marc: Sizarr, wie bizarr.

Das stand übrigens bei euch im Pressetext: „Bizarr? Nein, Sizarr.“
Oh Mann.
Fabian: Die Anspielung kommt immer wieder. Langweilig.

Ja, woher kommt denn der Name?
Das ist relativ unspektakulär. Er hat gar keine Bedeutung. Wir wollten ein Kunstwort kreieren. Da das ja auch ganz praktisch ist, weil man dann nicht gleich eine Assoziation hat. Und trotzdem bleibt einem das Wort im Kopf, aber es gibt dieses Wort eben nicht. Und wenn man es googelt, dann findet man auch nur uns. Das ist ziemlich einfach und praktikabel.

Verstehe, es wurden also die Google-Algorithmen mit in den Entscheidungsprozess einbezogen.
Marc: Das, was am praktischsten ist.
Fabian: Das regt mich immer total auf, wenn man so einen Namen hat, den man bei Google nicht finden kann. Dann hat man immer Stress, besonders wenn die Band noch nicht richtig bekannt ist. Das ist immer schwer, so etwas zu finden.

Hört ihr Deutschrap?
Ja, geht.
Philipp: Früher haben wir ziemlich viel gehört. Das ganze neue Zeug ist ja eher so lala.

Ja hallo? Mit Cro und Muso geht es doch wieder ab.
Marc: Nur Muso. Es gibt nur Muso. Er ist mein Mitbewohner. Und ich kenne seine Tracks schon auswendig, weil ich sie jeden Tag hören muss. Er rappt immer in seinem Zimmer.
Philipp: In unserer Welt gibt es nur Muso.

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Schön wie loyal ihr seid. Hört ihr ansonsten auch deutsche Musik?
Fabian: Klar. Krautrock, Ambient, Noise. Alles deutsch.
Marc: Tangerine Dream, Kluster … Techno halt.
Fabian: Aber deutschen Techno höre ich nicht so viel. Man versucht ja irgendwie alles abzudecken.
Philipp: Dominik Eulberg auch.

Was haltet ihr von der deutschen Musikszene, wenn man mal von Muso absieht?
Marc: Ich bin ein bisschen gekränkt davon.
Fabian: Es gibt ja gar keine Szene. Das ist momentan echt ein bisschen eingeschlafen.
Marc: Es ist schon schwierig, weil ich das Gefühl habe, dass es auch keine kleinen Labels gibt, die Underground fördern könnten und würden. Vielleicht ist die deutsche Mentalität auch einfach so, dass alles auf Profit aus ist. Es gibt auch gute Sachen, aber es ist eben schwierig. Es fehlen aber nicht nur die Labels, sondern generell irgendwelche Plattformen.
Fabian: Es fehlt die Masse. Es gibt immer so ein paar vereinzelte, die irgendwie cool sind.

Meint ihr, ihr hättet es in einer anderen nationalen Szene einfacher?
Philipp: Ich glaube, hier stechen wir leichter raus.
Fabian: Es ist auf jeden Fall zweischneidig. Für uns ist es auf jeden Fall einfacher, mit dem, was wir jetzt machen, Aufsehen zu erregen. Hier in Deutschland ist sowas eben seltener. Aber als deutsche Band ist es natürlich schwieriger, irgendwo anders erfolgreich zu sein.
Philipp: Viele sagen ja auch, wir klingen nicht deutsch.

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Aber ihr sagt selber, dass ihr nicht wie eine deutsche Band klingt?
Das sagen die Leute über uns.
Marc: Das ist ja aber auch eine grundlose Diskussion. Ich meine, wir sind ja deutsch. Ist mir doch egal.

Ihr habt alle Künstlernamen.
Fabian: Ja. Mein Spitzname ist Wayne und mein Künstlername ist Deaf Sty.

Warum denn Wayne?
So hat mich mein Bruder getauft. Seitdem heiße ich so. In der Schule hat mich jeder so genannt. Ich hieß nie Fabian. Geil, oder?
Marc: Ich hatte nie einen Spitznamen. Immer schon Marc.

Ist ja auch kurz und knackig. Sehr griffig …
Ja geil, oder? Das ist genauso kurz und knackig wie „geil“.
Philipp: Bei mir ist das dann P.

Aber warum haltet ihr als Band noch an euren Künstlernamen fest?
Marc: Die werden eben gebraucht.
Fabian: Für uns war das wichtig. Ich mache das, um etwas zu erschaffen. Wenn ich auf der Bühne stehe oder Musik mache, dann will ich nicht ich selbst sein. Ich will mir dann schon eine gewisse Rolle aneignen. Es ist nicht so, dass ich dann jemand anderes bin. Aber ich finde es wichtig, einen Künstlernamen zu haben, um das von meiner Privatperson abzugrenzen. Das ist schwierig zu erklären. Natürlich ist es etwas anderes, ob ich zu Hause sitze oder ob ich auf einer Bühne stehe.
Marc: Wir sind ja eigene Personen und nicht nur der Block Sizarr. Wir machen auch eigene Sachen.
Fabian: Es war auch schon immer so, dass wir keine Band im klassischen Sinne waren. Wir schreiben nicht in der Band, wir jammen nicht, damit dann Songs daraus entstehen. Es ist mehr eine individuelle Art zu arbeiten, wie bei einem Kollektiv. Wenn wir live spielen, sind wir natürlich schon eine Band und das ist auch wichtig. Trotzdem sind wir eigene Köpfe. Und deswegen wollen wir alle eigene Identitäten haben.

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Willst du zu deinen Texten auch diese Distanz aufbauen?
Ja, na klar. Das ist ja auch schon etwas sehr Privates. Und ich schreibe natürlich aus meiner eigenen Sichtweise und zum Teil ist es auch autobiographisch. Ich würde sogar sagen, dass die Texte nicht von mir als Fabian sind, sondern als Def Style. Das ist schon irgendwie ein Kunst-Ding. Es ist ja nicht so, dass ich meine Autobiographie schreibe. Es ist abstrahiert und ich verwende viele Symbole und Metaphern.

Und dann habt ihr Psycho Boy Happy als Albumnamen gewählt?
Fabian: Ja, das bezieht sich im Prinzip auf die Texte. Es ist eine Umrahmung des ganzen Konzepts und der ganzen Thematik des Albums. Die Texte beschäftigen sich viel mit Menschwerdung und dem Prozess, den man durchläuft, um der zu werden, der man letzen Endes ist. Psycho Boy Happy ist ein schönes Sinnbild für die Phasen, die man durchläuft, bis man fertig oder in dem Stadium ist, in dem man dann irgendwie ankommt. Fertig ist man wahrscheinlich nie, aber eben bis zu dem Stadium, in dem man gerade steckt. Die Höhen und Tiefen, die einen zu dem machen, was man ist und mit dem man dann hoffentlich glücklich ist. So ungefähr.

Wohnt ihr noch zu Hause in Rheinland-Pfalz?
Wir wohnen in Mannheim und Heidelberg.

Bleibt ihr da?
Ja, erstmal schon. Es ist ganz schön da. Wir haben da ein Haus mit Keller, wo wir auch den Großteil des Albums aufgenommen haben. Wir wohnen da zu viert, aber wir sind ja auch viel unterwegs. Dann ist es auch gerade gut, dass in Mannheim nichts los ist, auch wenn es da eigentlich total scheiße ist. Ich brauche ja auch meine Ruhe. Da ist tote Hose.
Marc: Wenn wir mal das Bedürfnis haben, irgendwo hinzuziehen, machen wir das auch. Aber momentan ist es ganz gut, dass wir unsere Ruhe haben. Und wenn, würden wir nicht nach Berlin ziehen, sondern ins Ausland.

Das ist bei Bands ja immer ein großes Thema.
Ja, das ist bei vielen Bands so.
Fabian: Das ist aber doch Quatsch. Natürlich sagen das die Leute und natürlich ist auch was dran. Wenn du in Berlin bist, bist du schneller verfügbar und alles drum und dran. Aber es hat noch niemand versucht, uns einzureden hierher zu ziehen. Ich schließe es auch nicht aus, irgendwann in einer größeren Stadt zu wohnen, weil man auch mehr Möglichkeiten hat und es irgendwie spannender ist, zumal man auch ein Umfeld hat, das künstlerischer drauf ist. Aber momentan ist alles gut, wie es ist.

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Sizarrs Psycho Happy Boy ist bei Sony Music erschienen. Kauft das Album bei Amazon oder iTunes.