FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Wir waren bei einem Clubbing der Wiener ÖVP

Die Wiener ÖVP hat gestern zum ersten Mal „Manfreds Nachtflug“ im Sass gefeiert. Da durften wir natürlich nicht fehlen.

Alle Fotos von der Autorin

In der Noisey-Redaktion wie im echten Leben bin ich ja so etwas wie eine Allzweckwaffe: Wohin ich gehe, wird es lustig. Als wir erfahren haben, dass die ÖVP Wien im edlen Sass feiert, war sofort klar, das wir hin müssen. Und mit „wir" bin natürlich ich gemeint. Die Veranstaltung namens „Manfreds Nachtflug“ sollte um 20 Uhr beginnen und bis 23 Uhr dauern. Ich stellte mir das ungefähr so vor: Alle sind betrunken, es spielt Helene Fischer und alte Herren grinden junge „Schwarz ist geil“-Mädls an. Aber ich bin vielleicht auch SPÖ-Fest vorbelastet.

Anzeige

Als ich dort ankam, gab es jedenfalls keine Helene und offensichtlich betrunken waren die wenigsten. Das Sass war voll, die Tanzfläche war leer. Alle Gäste standen bei der Bar in Grüppchen und sprachen miteinander. Na gut, Fredi is in tha House, die Party ist angekommen. Ihr werdet euch noch wundern. Meine Begleitung kehrte grinsend mit zwei Spritzern von der Bar zurück: „Bis halb ist gratis!“ Okay, eine halbe Stunde also noch. Ganz ausgefuchst ging ich also doch zur Bar, um noch mal zwei Spritzer zu holen. Und der Bartyp? Zwinkert mir zu und flirtet mit mir so: „Du bist nicht bei der ÖVP, gell? Es ist nur gratis für ÖVP-.Mitglieder, ich gebe es dir trotzdem umsonst.“ Ich sagte ihm entzürnt, dass ich NATÜRLICH und selbstverständlich ÖVP-Mitglied bin. Ha! Lügenpresse!

Hier sieht man nichts, weil hier niemand tanzt.

Um diese offensichtliche Ausgrenzung zu überwinden, wurden die ersten zwei Spritzer auch wirklich schnell geleert. So, Tanzfläche noch immer ohne Tänzer. Warum? Warum tanzen diese Leute nicht zu Avicii? Wahrscheinlich hätte DJ Dan Bessler doch Helene auflegen sollen. Ich war nach den zwei Spritzern innerhalb von zehn Minuten in den oberen 20% der Besoffenen dort. Vielleicht ist Alkohol einfach nicht die bevorzugte berauschende Substanz der österreichischen Volkspartei.

Als dann „Money on my Mind“ von Sam Smith kam, bin ich gestorben. Ich stürmte auf die leere Tanzfläche, und sang laut „I DONT HAVE MONEY ON MY MIND I DO IT, I DO IT FOR THE LOVE“. Haha, ÖVP, wirklich? Nächster Song dann „Pricetag“, um ein Grande Finale mit „ALARMA ALARMA ANTIFASCITA“ hinzulegen? Nein, die zwei Songs kamen nicht. Was aber kam, sind verwunderte Blicke. Sorry, ich dachte wir feiern eine Party hier. Jeez.

Anzeige

"I don't have money on my mind" yo.

So, dann wurde es Zeit, sich umzuschauen. Die Typen hatten alle einen Seitenscheitel und einen Anzug an. Ich gabe zu, ich habe eine absolute Schwäche für Typen, die wie ÖVPler aussehen. Deshalb ist mein Herz jedes Mal ein bisschen gebrochen, als sie mich charmant und sexy angeflirtet haben. Der betrunkene Teil in mir wollte einfach dieses nette konservative, leicht angsoffene Mädchen sein, das die Partei toll findet. But I am on a mission.

Die Frauen? Sagen wir, dass der Durchschnitts-BMI 17 war. Und das auch nur, weil ich ihn angehoben habe. Und sie trugen alle schwarz! Fast so, als würden sie um ihren Menschenverstand trauern. Nach den nächsten Spritzern wurde ich frecher. Ich machte ein Selfie mit dem Juraczka. Also zuerst habe ich ihn gesucht und mich mit der Kollegin durchgefragt, wo er denn ist. Und dann bin ich zu ihm hin und habe etwas in diese Richtung gesagt von: „OH-MEIN-GOTT! Dürfte ich ein Foto mit Ihnen machen? Diese Party ist soooo cool!“ Um mir dieses Schauspiel zu erleichtern, stellte ich mir vor, dass er Marteria ist. Juraczka antworte ganz soverän mit: „Joa klar darfst hübsches Mädchen!“ Haha.

Wir zwei Schlawiner <3< span="">

So nach dem niemand getanzt hat, weil ja alle connecten musste, hab dann einfach ich getanzt. Zu Happy-Remixes von Kronehit-Chart-Liedern. Kann auch lustig sein, bin ich ja vom Ride Club und Loco mittlerweile quasi wieder gewöhnt. Der Typ von der Bar kam dann zu mir und entschuldigte sich, dass er mir Unrecht getan hat. Oh Gott! Warum ist er so charmant! Argh! Also ich dann sagte, dass ich Fredi heiße, schaute er extrem verwundert. Warum sind ÖVPler so leicht zu verwundern? Ich habe kurz überlegt, ob ich ihn auf die nächste Freetekk-Party mitnehmen sollte.

Anzeige

Er fragte mich, wie ich zu dem Festl komme. Übrigens hat mich jeder, mit dem ich an den Abend sprach, gefragt, wie ich davon erfahren habe. Meine Kollegin wurde auch die ganze Zeit gefragt, woher und wie und was. Sie spürten, dass sie infiltriert wurden. Das kann nur ein bisschen daran liegen, dass wir die ganze Zeit Fotos gemacht haben. Jeder Typ sagte zu mir: „Hier geht es nicht um die Parteifarbe. Hier geht es darum, dass jeder Spaß hat!“ Das fand ich lustig, weil ja alle schwarz angezogen waren und es somit irgendwie doch um die Parteifarbe ging. Außerdem hatte jetzt niemand so wirklich offensichtlichen Spaß, außer ich. Alle haben miteinander gesprochen. Wahrscheinlich über irgendwelche Raiffeisenbankaktien. Kenn mich da eh nicht aus.

Die Frauen sprachen nicht mit mir. Sie standen bei ihren jungen adretten Freunden und lächelten leicht in die Menge. Mir ist aufgefallen, dass überhaupt eher die Typen sprachen und Grüppchen wechselten und die Mädls eher den Anhang gespielt haben. Als ich am Klo war, habe ich dann doch ein Mädchen-Klokabinen-Drama mitbekommen können: „Ja, aber ihm ist ja nicht bewusst, wie er meinen Ruf schädigt!“ „Claudia, beruhige dich, er sagt ja nur, dass du hysterisch wirst, wenn du sauer bist.“ Ich habe ur laut losgelacht, worauf die beiden die Klotür aufgerissen haben und mit dem bösesten Blick mich angefahren haben, ob ich aufs Klo muss. Ich sagte, dass ich meine Abende grundsätzlich am Klo verbringe, ohne aufs Klo zu wollen, sie sollen das nicht persönlich nehmen. Aber mein Humor wurde hier nicht verstanden. Ich wurde die ganze Zeit in meiner Personality missverstanden.

Anzeige

Abschließend lässt sich sagen, dass man den Wiener ÖVP nichts anlasten kann. Alle waren ur freundlich zu mir. Zuvorkommend, aber auch sehr kontrolliert. Weder ich noch meine Kollegin haben jemals erwähnt für die Presse zu arbeiten, trotzdem klangen Gesprächspassagen ein bisschen wie Presseaussendungen. Sie haben gelächelt. Und ganz ehrlich, ich war auf Parteifesten da hat‘s anders ausgeschaut—zumindest was das Bsuff-Level betrifft. Gut gegen Ende, gab es zwei Paare die den typischen Bsuff-Walzer zum David Guetta vollzogen haben. Das sind aber noch immer 100 Paare weniger wie auf den anderen Festen. Außerdem war mein Ego extrem befriedigt.Von feschen Typen angegraben zu werden, ist vier Ego-Level über Tinder-Flirtereien.

Bevor ÖVP-ler jetzt mit LÜGENPRESSE kommentieren: Nein, niemand hat mir dort gesagt, dass die Raiffeisen irgendetwas mit der Partei zu tun hat. Das ist meine laienhafte Meinung. Bussi.

***

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.