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Wir haben Feministinnen sexistische Texte von Money Boy, Wanda & Co gezeigt

Wir haben feministische Professorinnen und Studentinnen nach ihrer Meinung zu Zeilen wie "Ey, du Fiqqhure, saug meinen Pint" gefragt.

Offener Sexismus in Songtexten – ist das noch künstlerische Freiheit oder schon Antifeminismus? Unter dem Schlagwort "Satire" oder "Kunst" lässt sich so mancher sexistische Text rechtfertigen. "Is eh ganz normal, oder? Is halt so, scheißts euch nicht so an", würden an der Stelle vielleicht einige sagen. Wir haben anlässlich des Weltfrauentags Feministinnen Auszüge aus Songtexten von Money Boy, Hustensaft Jüngling und Wanda gezeigt – und sie gefragt, was sie dazu sagen.

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Die Feminismusdebatte stößt mittlerweile auf sehr kontroverse Meinungen. Manche finden, dass Frauen sich so als Opfer der Gesellschaft darstellen und dadurch ihre Benachteiligung aufrechterhalten. So eine Art Self-Fulfilling-Prophecy. Andere wiederum denken, dass es noch immer keine Gender-Gerechtigkeit gibt – beispielsweise was Sprache und Berufschancen betrifft. Was für die einen ausgelutscht ist, will von anderen noch mehr besprochen werden – zurecht.

Erfolgreich ist heutzutage, was polarisiert. Aber ist es OK, auf Kosten von Frauen zu polarisieren? Professorinnen, Studentinnen und arbeitende Frauen haben dazu Stellung bezogen. Dass wir dieses Thema aufgeriffen haben wurde sehr positiv aufgenommen, denn vielen war es wichtig, sich auch persönlich zu diesen Themen zu äußern.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die weibliche Hälfte der Weltbevölkerung irgendwann einmal keinen extra Tag mehr braucht, an dem diese Themen angesprochen werden. Es geht bei abwertenden und beleidigenden Texten nicht zwangsläufig um Männer oder Frauen – sondern einfach um deren Würde und Respekt. Viele Frauen empfinden so eine Darstellung des weiblichen Geschlechts eben als verletzend. Manchen ist es aber auch wirklich egal.

Money Boy – "Cock die Bitch weg"

"Hat die Bitch nen geilen Arsch, dann:

Cock die Bitch weg. Cock die Bitch weg. Bitches werden weggecockt.

Und hat sie geile Titten, dann: Cock die Bitch weg. Ganz egal ob braune Haare oder blond:

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Wenn sie geil ist, dann wird sie von uns genagelt, bis sie kommt.

Ganz egal, ob sie jung ist oder alt:

Wenn sie geil ist, dann wird sie von uns im Bungalow geknallt."

Petra: Ich verstehe Money Boy als eine Kunstfigur. Seine Texte sind provokante "Rhymes", die Teil seiner Kunstfigur sind. Die Texte greifen mich persönlich nicht an, ich kann darüber lachen. Ironie und Sarkasmus sind wichtige Stilmittel im HipHop. Das höre ich auch manchmal bei Money Boy und seinen Crewmitgliedern heraus. Generell bedenklich und wirklich traurig finde ich, dass Homophobie und Sexismus tatsächlich im HipHop zum Alltag gehören und den Großteil der Texte ausmachen.

Julia : Money Boy swaaaaaag.

Luise : Sowas sollte keine Frau ernst nehmen. Da sollte jede drüberstehen. Das ist ja lächerlich, wenn man sich von Konsorten wie Money Boy oder Hustensaft Jüngling angegriffen fühlt.

Stefanie: "Cock die bitch weg, cock die bitch weg. Bitches werden weggecockt." Money Boys rhetorische Fähigkeiten sind bemerkenswert. Aber jetzt nichts gegen Publizistik-Studenten. *hust. Traueremoji.

Hustensaft Jüngling – "Fiqqhure"

"Ey, du Fiqqhure, saug mir meinen Pint. Saug meinen Pint, saug meinen…

Ey, du Fiqqhure, saug meinen Pint….Komm sei einfach leise Bitch und nimm ihn in den Mund…

Ich fick sie richtig hart, schieb ihr den Pint rein.

In den Butt. Ich geb’ keinen Fuck, was ich mach.

Denn ich bin dieser Plug, also komm und shut up."

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Foto via Flickr I Garry Knight I CC by 2.0

Mag. Dr. Gerlinde Mauerer: Ich finde es eklig und widerlich, nicht nur sexistisch. Es geht um den Körper und Männerkumpelei. Und um Frauen geht es nicht, gar nicht. Als wären sie nicht existent. "La femme n’éxiste pas" hat Lacan analysiert. Sich zum Verschwinden bringen, nicht Vorhandensein (Magersucht), leise sein (Schweigen), Kleinmachen (enge Schuhe, Hammerzehen, Buckel), Unterordnen (Dienen und Zuarbeiten unter anderem in der Familie, im Beruf), all das ist eine Folge dieses "n’èxiste pas" und bringt es zum Ausdruck.

Wobei – haben die Texte eine theoretische Analyse verdient? Sie gehören schlichtweg auf einen Index wegen Menschenverachtung. Künstlerische Freiheit ist das nicht. Musik ist das nicht. Unser Land ist das nicht. Unsere Zeit ist das nicht. Menschenwürdiger Umgang ist das nicht. Es ist eklig, widerwärtig, sinnlos, geistlos, sicher kein Paradies – sondern die Hölle auf Erden, die in diesen Texten beschrieben wird.

Marina: Klar kann man Texte von Money Boy oder Hustensaft Jüngling als Satire und Überzeichnung betrachten. Doch die Frage ist, ob auch jede/r dies als Satire wahrnimmt oder wahrnehmen muss. Aus soziologischer und auch feministischer Perspektive stellt sich mir die Frage, wie es dazu kommt, dass es legitim ist, auch aus Spaß heraus oder zu satirischen Zwecken, Frauen als Objekt darzustellen. Vielleicht ist auch "nicht so gemeint". Was aber in meinen Augen passiert ist dass, durch solche Texte, Sexismus eine gewisse Salonfähigkeit bekommt und ohne Kommentar/ Reflexion/ Aufklärung der "Witz" an der Sache mögliche Problemfelder überdeckt.

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Wanda – "Nimm sie wenn du’s brauchst"

"Nimm sie, wenn du glaubst, dass du’s brauchst.

Steck sie ein mit 20 Cent.

Nimm sie, wenn du glaubst, dass du’s kannst. Besser so als dass Sie sich verrennt.

Sie kennt niemand in Wien. Und dass Sie deine Worte glaubt, das ergibt sich ohnehin."

Foto via Flickr I VSStÖ I CC by 2.0

Martina: Oida?!? Tja…OK. Das ist einfach nur ekelhaft. Wanda sind sonst eigentlich nicht wirklich politisch – eher Wohlfühlpop mit ein bisschen Provokation. Hätte nicht gedacht, dass sie so einen Text schreiben – wundert mich! Ich werd sie jetzt disliken auf Facebook. Ich fand sie eigentlich ganz cool. Es gibt nämlich gewisse moralische Dinge, die du vertrittst. Und ich höre eigentlich Musik, die meine Meinung vertritt – und sowas antifeministisches gehört absolut nicht dazu.

Mag.a Dr.in Simone Grandy: Ich bin kein Fan von Wanda. Kunst hat aber unter anderem auch den Auftrag zu provozieren – der Wanda-Text kann auch als Gesellschaftskritik verstanden werden und ob die Band nun ein Haufen chauvinistischer Ärsche ist, oder Gesellschaftskritik übt, indem sie chauvinistische Ärsche verarschen, bleibt ein wenig im Zwielicht – Die Band provoziert, polarisiert und bewirkt in jedem Fall, dass Leute über sie reden.

Frederika: Rap kann meiner Meinung nach mit Übertreibungen und lustigen Sätzen arbeiten – es ist ein Stilmittel. Es ist so lächerlich, dass man es nicht ernst nehmen kann. Aber bei Wanda beziehungsweise Pop-Musik (sprich, populärer Musik) hat es schon etwas… Bitteres.

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