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Interviewer

Bandraum-Geheimnisse von Velvet Two Stripes

Die St. Galler Rock-Girls erzählen die abgefahrenen Geschichten zu ihrer Bandraum-Deko.
Alle Fotos: Jojo Schulmeister

Der Bandraum ist eine heilige Stätte. Die Türe zu kreativen Gebeten an die Musikgötter und das Refugium für jeden Künstler. Und nur wenige Auserwählte erhalten Einlass in dieses geschützte Reich mit seinen Schreinen und Götzenbildern. Heute gibt uns die St. Galler Blues-Rock-Band Velvet Two Stripes einen Einblick in ihren Bandraum, ein Keller eines Industriegebäudes in der Zürcher Allmend und verraten die Geschichten hinter ihren Lieblingsgegenständen.

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Die Mates-Voyage-Fahne

Sara: "Mates Voyage war unser alter Bandname – damals hatten wir noch eine andere Sängerin und Sophie war Schlagzeugerin. Hinten drauf steht Young Blood, Hard Bread – unser noch älterer Bandname. Wir hatten immer sehr gute Bandnamen. Auf Mates Voyage sind wir übrigens mit dem 'Bandname-Generator' gekommen. Ich glaube, wir haben Voyage eingegeben und das Mates ist hinzugekommen. Der Name war uns aber schnell zu girly. Diese Fahne selbst haben wir gemacht, um sie am Openair St. Gallen aufzustellen, damit wir und andere unseren Platz finden. Nebeneffekt war natürlich ein wenig Werbung. Die Fahne haben wir damals in unserem alten Bandraum in St. Gallen gesprayt. Deswegen sind all unsere Lungen kaputt. Schlussendlich ist es unsere Vergangenheit und wir sind stolz auf sie."

Die Pylone just for Franca

Franca: "Diese Pylone ist ein Erinnerungsstück an die schöne deutsche Autobahn. Wir waren damals eine Woche mit The Blood Arm auf Tour – anno 2013. Wir standen ewig im Stau. Zuerst haben wir uns überlegt, wie wir den Stau aushalten können. Wir hatten kein Essen, nichts zu trinken. Dann haben wir angefangen, unsere Promo-CDs gegen Essen einzutauschen. Wir sind raus, haben an Fenster geklopft und gesagt: 'Hey, wir sind eine Band und haben mega Hunger und Durst. Hast du irgendwas zum Tauschen?' Wir haben jenste Sachen bekommen – auch halbe Sandwiches – und überall lief unsere CD. Als es etwas vorwärts ging, standen diese Pylonen da. Bill, unser ehemaliger Tontechniker und Fahrer, fand, wir sollten uns so eine schnappen. Während dem Fahren bzw. schleichend Rollen haben wir sie uns aus der offenen Tür gepackt. Der Grund, wieso 'Just for Franca' drauf steht: Ich habe mich so geschämt. Als wir schliesslich bei der Venue angekommen sind, wo wir aufgetreten sind, habe ich's mega geil gefunden."

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Das Damn-Dead-Circus-Schild

Sophie: "D.D.C. steht für das Damn Dead Circus Festival bei Sussex. Das war das schlimmste Festival, an dem wir je gespielt haben. Nein. Das Festival an sich war eigentlich geil. Das ganze Gelände ist wie ein Westernstadt aufgebaut – wir haben auch noch in einem Saloon gejammt und in einem Tipi übernachtet. Nur: Es hat so fest geregnet. Um zum Festival zu kommen, musstest du durch ein kleines Städtchen fahren. Dort gings ein wenig den Hügel hoch – das war aber weniger eine Strasse als ein Bach. Das Wasser ist in den Bus reingeflossen! Wir hatten so Schiss um unser Equipment und mein Laptop und Francas Handy sind sogar kaputt gegangen. Als wir angekommen und ausgestiegen sind, bin ich direkt aus dem Bus in eine kniehohe Pfütze gestanden. Das Festival war ein See. Sie mussten schlussendlich unser Equipment mit einem Traktor zur Bühne fahren, weil wir nicht weiter gekommen sind. Beim Laufen hast du die Schuhe verloren und vor unserem Auftritt gab's einen Stromausfall. Während unserem Auftritt hat dann unser Mischer einen falschen Knopf gedrückt und alles gemutet. Aber zum Glück haben alle gedacht, es hätte wieder eine Leitung gebutzt."

Bad-Bonn-Kilbi, hierlang!

Sophie: "Unser Tontechniker und Fahrer Bill war ein rechter Kleptomane, deswegen haben wir ein Erinnerungsstück an jedes Festival. Auch ein Schild von der Bad Bonn Kilbi. Das Geile war dabei: 2012 hat 10 vor 10 einen Bericht über uns gemacht. Das gab's wirklich mal und wir hatten das Gefühl, wir werden jetzt berühmt. Damals war das Schild noch in unserem alten Proberaum, in dem uns das Kamerateam besucht hat. Als wir den Bericht gesehen haben, ist uns erst klar geworden, dass das Schild die ganze Zeit im Bild ist und die Macher von der Kilbi sehen, dass wir das Schild geklaut haben. Kurz darauf kam das Mail: Und sie haben die Schleichwerbung mega geil gefunden. Wir waren so erleichtert, weil wir eigentlich einen Anschiss erwartet haben."

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Die Plattentaufe

Franca: "Wir hatten die Plattentaufe im Palace (Anm. d. Red: Konzertlokal in St. Gallen). Und wie man das so macht, wollten wir unsere Vinyl-Platte taufen, die wir schon mit voller Sehnsucht erwartet hatten. Auf alle Fälle haben wir eine Woche vor der Taufe Bescheid erhalten, dass das gesamte Presswerk kaputt ist und sich deswegen die Auslieferung verzögert. Als dann der Tag gekommen ist, waren die Platten zwar gepresst, mussten aber noch trocknen. Deshalb sind wir ohne unsere eigene Platte dagestanden. An dem Tag hatten wir ohnehin schon immens Stress wegen der gesamten Organisation. Und eine CD wollten wir nicht taufen, das sieht einfach mega schäbig aus. Also sind wir aus der Not ins Brocki eine Vinyl kaufen gegangen. Die erstbeste, die wir gefunden und gefeiert haben, war die von Tina Turner. Bei der Taufzeremonie haben wir dann gesagt: 'Schön seid ihr alle da, heute müssen wir aber leider eine andere Platte taufen. Deswegen: Gläser hoch für Tina Turner.' Im Publikum gab's einige, die nicht gecheckt haben, dass das gar nicht unsere Platte war und sie uns deshalb fast aus der Hand gerissen haben. Sogar Freunde von uns, die das eigentlich gewusst haben. Die Platte von Tina ist gerade bei mir zuhause. Eigentlich müssten wir sie aber einrahmen und aufhängen."

Der Männerkalender

Sophie: "Schon wieder ist Bill schuld. Seine Mutter arbeitet in einem Berufsbekleidungsladen und sie hat den Kalender bekommen. Sie fand, sie müsse ihn an uns vermachen. Weil wir natürlich auf solches Zeug stehen. Aber eigentlich hatte der Kalender mal einen anderen Platz: Wir haben einen männlichen Schlagzeuger und wir wollten ihm eine kleine Freude bereiten, indem wir ihn über das Schlagzeug hängen – und wir haben schön jeden Monat umgeblättert. Irgendwann hat er sich so darüber aufgeregt, dass er ihn abgerissen und in eine Ecke geschmissen hat. Sein Vorgänger hingegen fand, wir würden das sehr gut machen. Männerbands hätten immer nackte Frauen im Bandraum hängen und wir eben halbnackte Männer."


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