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Interviews

Portugal. The Man empfehlen Alaska

Anders als der Bandname vermuten lässt, stammt diese Band aus Alaska. Im Interview erzählen die Musiker vom Überleben in der Wildnis.

Foto: Maximilian Theßeling.

Es gibt noch diese Bands, denen man anmerkt, dass sie organisch gewachsen sind. Die mit den großen Rock-Idolen der 60er musikalisch sozialisiert wurden, obwohl die Bandmitglieder damals noch gar nicht geboren waren. Musiker, die sich über Jahre mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, ungeachtet von kommerziellem Erfolg ihr komplettes Leben in die Band investieren, und abseits von Castingshows, Hypes und Selbstvermarktung ihr Ding durchziehen. Portugal. The Man sind so eine Band. Vor etwas mehr als zehn Jahren im abgelegenen Alaska gegründet, hervorgegangen aus einer Hardcore-Punk-Band, ist es neben der musikalischen Qualität vor allem die Authentizität, die diese Formation auszeichnet. Jahrelanges Touren und sprichwörtliches „unter Ratten schlafen" ist schließlich auch nur eine Art Survival-Trip. Aufgrund ihrer Heimat war die Band von Beginn an bestens dafür präpariert.

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Noisey: Zach, du stammst aus Alaska, wo auch die Band gegründet wurde. Ihr habt diese Herkunft in dem Kurzfilm „Sleep Forever" thematisiert. Was ist am wichtigsten, um in der Wildnis zu überleben?
Zach: Was du grundsätzlich überall brauchst, ist Wasser. Wenn du im Winter in Alaska bist, gibt es nicht viel, was du machen kannst. Du hast die Möglichkeit, ein Loch ins Eis zu schlagen und darin Fische zu angeln, oder du versuchst mit einer Falle Hasen zu fangen. Ich glaube, das ist das einzige, was machbar ist. Einen Elch wirst du mit bloßen Händen nicht erlegen können. Dazu bräuchtest du eine Waffe. Ich war mal für eine Woche auf einem Überlebens-Trip in der Wildnis, und habe versucht, mich selbst zu versorgen. Das war ziemlich witzig. Aber auch ein bisschen beängstigend. Allerdings war das im Sommer, wo es wesentlich angenehmer ist. Es bietet sich an, zu campen, auf Berge zu klettern, zu fischen, und diese ganzen Outdoor-Aktivitäten zu machen.

Du hast mal gesagt, Alaska wäre immer ein paar Jahre hinterher. In welcher Zeit würdet ihr gerne leben?
Oh Mann, die 60er! Es wäre auch toll, im Los Angeles der 30er zu leben, als Hollywood groß wurde.
Kyle: Frankreich im frühen 20. Jahrhundert, um Sartre, Picasso und alle meine Lieblingskünstler persönlich kennenzulernen. Da gab es eine grandiose Kunstszene. Frankreich war das Land, in dem so viele bewundernswerte Geister zusammengetroffen sind. Ich glaube, diese Erfahrung wäre einzigartig.

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Du stimmt ihm zu?
Zach: Ich stimme zu. Aber ich fände auch die 60er in San Francisco ziemlich heiß. All die coolen Bands live zu erleben, die ich gehört habe, als ich aufgewachsen bin…oder JURASSIC PARK!

Das wäre eher ein Ort als eine Zeit. Aber gleich die nächste Frage: Ein Platz, an dem jeder mal gewesen sein sollte?
Kyle: Mann, das ist eine harte Frage…Berlin ist fucking cool.
Zach: Berlin ist irre. Oder Amsterdam, Bro! (lacht) Ich bin da letztes Wochenende rumgelaufen, an einem Samstagabend. Verdammt, das ist zu krass. Richtig verrückt. Aber ich habe auch ein feines Zuhause—und das ist Alaska. Das solltet ihr auch mal auschecken. Es kommen nicht viele Leute hin, aber wäre eine Schande, nicht dagewesen zu sein.

Und wo würdet ihr gerne mal ein Konzert spielen, wenn ihr alle Möglichkeiten hättet?
Auf der Rückseite des Mondes. Das hat noch keiner gemacht. Ooooder: Vor den Pyramiden. Auf der Erde also die Pyramiden, und wenn's weiter geht, nehmen wir den Mond. Wobei da vermutlich schon Pink Floyd spielen—mal nebenbei erwähnt. (lacht)

Eine verrückte Story aus eurem Tourleben?
Junge, da gibt es eine Menge. Ich überlege gerade, welche die verrückteste ist, die wir in der Öffentlichkeit erzählen können. Auf einer unserer ersten Touren sind wir durch den Süden der USA gefahren. Zu dem Zeitpunkt waren wir finanziell gesehen ziemlich blank und sind mit einem Getriebeschaden in einer unschönen Gegend liegen geblieben. Das war an einem Freitag, und wir mussten über das Wochenende im Van an einer Tankstelle leben. Das war eine ziemlich schaurige Tankstelle. Wir blieben da für vier Tage, inklusive der Zeit für die Reparatur. Dabei freundeten wir uns mit dem Mädchen an, das dort arbeitete. Diese Tanke hatte nicht mal eine Tür, wo man reingehen konnte, sondern man wurde durch so ein Fenster bedient. Das zeigt, was für eine schäbige, unsichere Gegend das war. Wir haben in der Zeit eine Sturmflut mit Blitzeinschlägen erlebt, und uns von Chips und Limonade aus dem Süßigkeitenautomaten ernährt. Diese vier Tage, an diesem Ort, ohne sich zu bewegen—das war ziemlich krank.

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Könnt ihr die Chips und Limonade noch toppen?
Das ist einfach. Wir waren außerhalb von Paris, und es gab Würstchen. Die haben von Außen normal ausgesehen, aber waren offensichtlich gefüllt mir Schweinegedärmen und haben buchstäblich nach Scheiße geschmeckt. Vermutlich weil da Scheiße drin war. Das wurde uns nicht gesagt, wir haben nur ein Bild gesehen und gemeint: „Ja, wir nehmen das.“ Ich habe einmal abgebissen und bin dann auf dem schnellsten Wege zu McDonalds, um mir einen Milchshake und einen Burger zu holen. Das war das Ekelhafteste, was ich je in meinem Leben gegessen habe. Später habe ich online recherchiert, und dieses Zeug auf einer Liste der widerlichsten Gerichte der Welt auf Platz drei gefunden. Ansonsten fällt mir noch Lutefisk ein. Das ist eine norwegische Spezialität. Ein Fisch, der nicht gekocht, sondern in einer Lauge aus Asche eingelegt wird. Auch nur bedingt zu empfehlen. Meine Stiefmutter ist Skandinavierin, und dort gibt es das immer an Weihnachten.

Ihr habt mal erwähnt, dass ihr jeden einzelnen Eintrag lest, der auf euren Social-Media-Plattfomen gepostet wird. Gibt es einen, der euch richtig berührt hat?
Da gibt es eine Menge. Wir bekommen Nachrichten von Leuten mit ziemlich tragischen Schicksalen. Menschen, denen Krebs diagnostiziert wurde, oder die einen Angehörigen verloren haben. Sie schreiben dann, dass unsere Musik ihnen geholfen hat, durch diese Zeit zu kommen. Sowas ist einfach nur krass. Das bedeutet uns unglaublich viel, und wir schreiben zurück. Das schönste Kompliment, dass ich jemals bekommen habe, kam von einem tauben Mädchen. Sie war 2007 auf einer Show in Cincinnati. Es war ein bisschen seltsam, denn man erwartet nicht jemanden ohne Gehör auf einer Rockshow. Wir waren nach dem Konzert an der Bar, sie kam zu uns, deutete auf mich, und meinte: „Ich kann deine Musik fühlen. Die anderen nicht, aber deinen Bass kann ich fühlen.“ Krass. Deswegen liebe ich es, Bass zu spielen. Du brauchst nicht mal verdammte Ohren, sondern kannst ihn spüren.

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Zum Schluss ein kleines Experiment. Kennt ihr eine interessante Antwort, oder etwas, dass ihr erzählen möchtet, aber es wurde noch nicht die passende Frage gestellt?
Kyle: Das ist wie in Jeopardy!
Zach: Ich habe was. Es gibt eine bestimmte Textstelle in dem Song „Modern Jesus“ auf unserem aktuellen Album. Die lautet: „Who cares if hell awaits, we're having drinks at heaven's gates.“ Jeder glaubt, es geht inhaltlich einfach um das, was zu lesen ist. Aber das stimmt nicht. Tatsächlich haben wir den Massenselbstmord der Heaven's Gate-Sekte in den 90ern thematisiert.

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