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Das müsst ihr zum gewonnenen Prozess gegen Amazon wissen

Die österreichische Musikbranche hat eben einen der wichtigsten Gerichtsprozesse der letzten Jahre gewonnen. Das solltet ihr dazu wissen.

Header: Grafik von Samazing, Bildermaterial via Flickr | Dave Gibson | Maryland GovPics | CC BY 2.0 | CC BY-NC-SA 2.0

Wie gestern Abend bekannt wurde, hat der Oberste Gerichtshof nach einem jahrelang laufenden Prozess entschieden, die Speichermedienvergütung – weitläufig bekannt als Festplattenabgabe – auch für Amazon schlagend zu machen. Der Konzern hatte sich bisher geweigert, die Festplattenabgabe in Österreich zu zahlen – mit den Argumenten, dass es gegen das EU-weite Diskriminierungsverbot verstoße und Privatnutzer kaum Möglichkeiten haben, das Geld der Abgabe wieder zurückzuerhalten. Der OGH hat beide Argumente nun für ungültig erklärt, was für Amazon voraussichtlich eine Rückzahlung in zweistelliger Millionenhöhe innerhalb der nächsten drei Jahre bedeuten wird, wie der Kurier berichtet.

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Das ist ein schöner Batzen Geld, der nun der Austro Mechana zukommt, die das Geld an Künstler, Verwertungsgesellschaften und sozialen und kulturellen Einrichtungen weitergibt. Und weil Leute immer noch nicht verstehen, dass die österreichische Musikszene ohne die Festplattenabgabe nicht funktionieren kann, wie man in den Kommentaren hier lesen kann, kommt hier ein Erklärungsversuch.

1. Brauchen wir die Festplattenabgabe wirklich?

Ja. Denn Verwertungsgesellschaften wie die AKM oder Literar-Mechana brauchen dieses Geld, um Künstlern ihre Tantiemen auszuzahlen und der Österreichische Musikfonds wird ebenfalls daraus gespeist. Ohne die Abgabe würden also viele Albenproduktionen, Tourplanungen einfach nicht zustande kommen – habt ihr schonmal ein Album produziert? Das geht ganz schön ins Geld. Die anschließende Verwertung (wenn zum Beispiel ein Song im Radio gespielt wird) der Songs würde ebenfalls nicht wirklich funktionieren.

Beispiel: Die hoffentlich bald gegründete Band "The Greate$t Band 4 Ever" will ein Album aufnehmen. Dazu bewirbt sie sich beim Musikfonds für eine Förderung. Weil sie so super sind und ihr Schaffen ernst nehmen, kriegen sie dafür einen Zuschuss. Anschließend geht die mittelmäßig benannte Band mit ihrem Greatest Hits-Album auf Tour. Dafür brauchen sie allerdings noch Fahrtengeld, weil sie noch ausschließlich in Bierkisten ausbezahlt werden und anschließend freuen sie sich, weil ihr Song endlich auf FM4 läuft und sie dafür ein paar Euro von der AKM abstauben.

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Um eine Professionalisierung im österreichischen Musikgeschäft überhaupt erlauben zu können, brauchen sie natürlich auch auch irgendwann eine Sozialversicherung, denn nach ein paar Jahren müssen sie den Schritt machen und ihre Jobs als Kellner aufgeben und sich vollständig ihrer Musik widmen, um auch wirklich erfolgreich zu werden. Dabei unterstützt sie die austro mechana (bzw. SKE) ebenfalls mit Zuschüssen. Das System ist zwar noch unausgewogen und bei weitem nicht perfekt, aber vielen Bands wurde so schon geholfen und damit dem Ruf Österreichs etwas Gutes getan.

2. Werden Speichermedien jetzt teurer?

Höchstwahrscheinlich ja, falls ihr eure Festplatten, Handys, Speicherkarten und so weiter bei Amazon kauft. Da die Festplattenabgabe schon vorher für so gut wie alle anderen in Österreich situierten Firmen gegolten hat, ändert sich sonst nichts, wenn ihr in den Elektrofachmarkt geht und mal wieder eure Festplatte ersetzt. Die haben die Abgabe wahrscheinlich vorher schon draufgeschlagen. Dabei handelt es sich laut Urheberrecht um Beträge von 35 Cent bis maximal fünf Euro.

3. Kommt jetzt das goldene Zeitalter für Musik aus Österreich?

Nein. Dass Amazon jetzt zahlen muss, ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung, gerettet ist damit aber noch nicht alles. Da gibt es immer noch Streamingdienste, die noch nicht so an die Verwertungsgesellschaften zahlen, wie es eigentlich sein sollte. Es sei denn, man betreibt ein großes Label und hat einen eigenen Vertrag mit Spotify aufgesetzt. Kleinere Labels werden immer noch stark untervergütet. Thomas Hangweyrer von The Boys You Know sagt im Noisey-Gespräch dazu: "Ich glaube, dass die wirklichen Verwertungsmodelle noch erfunden werden müssen. Entweder, es wird einem egal werden müssen, ob man mit Streaming Geld verdient oder es müssen gscheite Verträge her." Laut dem Kulturministerium (wie es der Standard hier erwähnt) wird bereits an einer Urheberrechtsnovelle gearbeitet.

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