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Homophober Dancehall-Sänger in Zürich – die LGBTQ-Community demonstriert mit Knutschen

Bounty Killer ruft in seinen Songs zum Mord von Homosexuellen auf. Am Freitag tritt er im Escherwyss Club auf – trotz Protesten.
Foto: Screenshot YouTube/BountyKillerVEVE

Der Auftritt des jamaikanischen Dancehall-Stars Bounty Killer hätte das April-Highlight im Escherwyss Club sein sollen. Doch statt langer Schlange wird es eine Demonstration vor dem Zürcher Club geben: Weil Bounty Killer in seinen Texten extrem homophob ist, rufen diverse LGBTQ-Organisation und die JUSO am Freitag zu einem Knutsch-Protest auf. Ausserdem fordern sie in einem offenen Brief an den Club und Stadtpräsidentin Corine Mauch die Verhinderung des Auftritts.

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Bereits 2011 waren die Proteste gegen Auftritte von Bounty Killer so gross, dass damals das Konzert in Zürich abgesagt wurde und der Künstler sogar ein Einreiseverbot für Deutschland erhielt. Nun fasste sein Management eine neue Europatournee ins Auge. "Bounty Killer macht keine homophoben Äusserungen. Das haben wir uns zusichern lassen", sagt Arnold Meyer, Presseverantwortlicher des Club Escherwyss. Ähnliche Verträge haben sich laut taz.de Veranstalter in anderen Ländern ebenfalls unterschreiben lassen. Doch der Widerstand ist auch 2018 noch gross. In Berlin wurde der Auftritt des Jamaikaners bereits abgesagt. Nun soll Zürich folgen.

"Bounty Killer vertritt Ansichten, die für einen grossen Teil der jamaikanischen Bevölkerung direkt zu negativen Erfahrungen führen und trägt so zur Diskriminierung von Homosexuellen auch in der Schweiz bei", schreiben die JUSO Kanton Zürich, die Milchjugend, das Transgender Network Schweiz, die Lesben Organisation Schweiz, Pink Cross und die Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich in ihrem offenen Brief. Sie fordern deshalb den Stadtrat auf, alle Möglichkeiten zu prüfen, um das geplante Konzert abzusagen.

Den Protesten gegen Bounty Killer liegen sehr explizite homophoben Zeilen aus den Songs "Another Level" und "Man Ah Bad Man" aus den Jahren 2000 und 2001 zugrunde. "Lasst die Schwulen im Feuer brennen", singt Bounty Killer etwa.


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Das war vor fast 20 Jahren – und diese Songs darf Bounty Killer vertraglich nicht performen. "Die jamaikanische LGBTQ-Organisation J-Flag hat sich schon 2012 von diesen ganzen Boykott-Kampagnen und Auftrittsverboten in Europa distanziert und für einen Dialog ausgesprochen", sagt Patrick Helber, Autor des Buches Dancehall und Homophobie, gegenüber taz.de. Das Escherwyss lehnt indes auch jegliche Homophobie ab. "Aber wir sind nicht gewillt, einen Künstler wegen eines fast 20 Jahre alten Songs auf Lebzeiten an seiner Kunst zu hindern", sagt Meyer.

Der Berliner Festsaal Kreuzberg begründet seine Konzertabsage damit, dass Bounty Killer den Reggae Compassionate Act nicht unterschrieben hat. Ein Bekenntnis gegen Hass und für die Verbreitung von Liebe in der Musik, unterzeichnet von mehreren Dancehall-Künstlern, die für Gewaltaufrufe in ihren Texte in Kritik gerieten. "Solange er sich nicht öffentlich von diesen Songzeilen distanziert, muss Bounty Killer boykottiert werden", sagt Nadia Kuhn, Co-Präsidentin der JUSO Zürich, zu Noisey. Ausserdem kreidet sie an, dass er immer noch Geld mit diesen Songs verdiene – sie stehen auf iTunes zum Verkauf und sind auf Spotify streambar. "Und nur weil er die Songs nicht in Europa spielt, heisst das nicht, dass er das auch in Jamaika nicht tut", fügt die Jungpolitikerin an.

Mit ihrem offenen Brief konnten JUSO und LGBTQ-Organisationen indes keine Absage erzwingen. "Der Stadtrat kann das Konzert nicht absagen, solange keine Straftrat in der Schweiz begangen wird", sagt Kuhn. Auch beim Escherwyss trafen sie nicht auf offene Ohren. Ihr Brief wurde ignoriert und nach diversen negativen Bewertungen auf der Facebook-Seite des Clubs, hat dieser die Bewertungsfunktion deaktiviert. "Wir möchten den Ball flach halten und nicht noch mehr Öl ins Feuer giessen", sagt Meyer und wirft der JUSO vor, den Protest politisch auszunutzen. Auf diesen Vorwurf Antwortet Nadia Kuhn: "Wir nutzen das sicher nicht aus. Homo- und Transphobie ist eine Tatsache für viele von uns. Und wir stehen jetzt hin und sagen, dass wir das nicht akzeptieren."



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