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Wie Montreals Studentenrevolution dabei half, die lokale Punkszene wiederzubeleben

Seit den Protesten tausender Studenten ist die Punkszene in Montreal zu neuem Leben erwacht—mit dem Potenzial, die Gesellschaft zu verändern.

Seit den „Printemps érable“ oder „Maple Spring“ genannten Protesten 2012, während derer sich tausende Studenten in Quebec gegen die Pläne der Regierung stellten, die Studiengebühren zu erhöhen, scheint es so, dass es in Montreal einen spürbaren Anstieg von politisch aktiven Musikern zu verzeichnen gibt. Der Maple Spring war eins der ersten Ereignisse, in denen viele von Montreals Millennials zum ersten Mal für eine Sache politisch aktiv geworden sind, die ihnen wirklich am Herzen lag. Für Menschen, die nicht sowieso schon Punksongs von Bands wie Crass oder The Dead Kennedys über korrupte Regierungen hörten, war dies eine Art von Weckruf, der sich über der Jugend wie ein Eimer kaltes Wasser ergoss. Sie merkten, dass mit ihrer Regierung bei Weitem nicht alles okay ist und dass man deswegen auch ruhig angepisst sein darf.

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Lokale Bands wie L’Etat C’est Moi, Bearmace (die jetzt nicht unbedingt Aktivisten, aber in jedem Fall progressiv eingestellt sind), Riot Porn und viele andere gehören zu diesen Liveacts, die bei jedem ihrer Auftritte an ihre Grenzen gehen. Es ist gut möglich, dass ich mir—dank einiger Moshpits—ein paar Kopfverletzungen zuviel zugezogen habe, aber jedes Mal, wenn du eine dieser Shows verlässt, überkommt dich dieses dringende Bedürfnis, in den Straßen Aufstände anzuzetteln, die Jungs in Blau, den Kapitalismus und wenn nur irgendwie möglich die komplette Regierung zu überwinden. Und das schaffen sie allein aufgrund der ungezügelten Energie, die sie auf das Publikum loslassen, und dem Gemeinschaftsgefühl, das sie mit ihren Texten den Konzertbesuchern vermitteln. „Es ist schwer zu sagen, was die Punkszene eigentlich antreibt. Ich glaube, es ist eine Kombination aus vielen verschiedenen Faktoren, die durch die unterschiedlichen Lebensumstände einzelner Personen vermittelt werden“, sagt Jawn, der Sänger von L’Etat C’est Moi. „Hier in Montreal, würde ich sagen, kommen viele Faktoren zusammen: Es gibt viele Studenten, viele junge Menschen, es ist die größte Stadt in der Region, die Mieten sind billig, Straßengeschäfte florieren (Fensterscheibenputzen von Autos zum Beispiel), die Stadt hat eine sehr aktive Politszene, es gibt eine Menge Konzertlocations und die Stadt hatte schon immer eine große Punkszene.“

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Dieses engmaschige Netzwerk aus Bands, Politik und Unterstützern kann sich sehr glücklich schätzen, da es die Unterstützung vieler örtlicher Veranstalter hinter sich hat, die nicht davor zurückschrecken, Konzerte mit ihnen zu organisieren. Läden wie Barfly, TRH Bar, Cafe Chaos (inzwischen geschlossen), Foufounes Electric und viele andere Undergroundlocations machen es einem leicht, sich selbst in die wachsende Szene aus Musikern und Gleichgesinnten zu integrieren. Es liegt an diesen Menschen, die keine Angst davor haben, Barrieren niederzureißen, und an den Menschen, die die Szene mit Leibeskräften unterstützen, dass Montreals Punk-Bewegung momentan das bestmögliche Umfeld hat, um zu wüten und sich zu entfalten.

Montreals Punkszene bleibt aber weiterhin recht gespalten, wie man auch anlässlich der 2012er Proteste deutlich sehen konnte. Während der Graben zwischen besoffenen Asselpunks und der eher politisch motivierten Sorte von Punks verläuft, sind es vor allem Letztere, die das Potenzial haben, unsere Gesellschaft zu verändern. Die sozial aktiven Punks sind die Menschen, die Proteste organisiert auf die Straße tragen, um der Polizei und der Regierungskorruption etwas entgegenzustellen. „Vielleicht hilft der hohe Grad an politischem Aktivismus in Montreal dabei, die Punkszene weiter anzufeuern, indem junge Menschen mit Ideen gegen das Establishment in Kontakt kommen“, sagt Jawn. „Vielleicht sieht eine 12-Jährige, wie der schwarze Block ein Polizeiauto umwirft, und denkt dann so … *klick* Das will ich auch machen. Dann hört sie Leftöver Crack und schon jammt sie mit ihren Freunden im Keller ihres Elternhauses. Wer weiß?“ Seit langer Zeit ist Punkmusik schon einer der Grundpfeiler der „Fuck The System“-Mentalität und obwohl es jetzt nicht immer Politik ist, die die Szene antreibt, sind beide Aspekte historisch doch eng miteinander verbunden.

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Obwohl Montreal eine Insel ist, ist es die größte Stadt in der Umgebung. Dadurch ist es hier auch leicht, unterschiedliche und variierende Perspektiven auf die Undergroundszene aus der französischen und der englischen Bevölkerung, sowie den umliegenden Gemeinden zu finden. Es kommen nicht nur durchgängig unverbrauchte Perspektiven und Ideen aus jeder Ecke der Insel angeflogen, sondern darüber hinaus gibt es auch noch eine ordentliche Menge an Songs von lokalen Bands, die in beiden Sprachen geschrieben sind. Leider trifft uns der Winter hier—wie jede andere Stadt in Kanada—ziemlich hart. Es ist überaus selten, hier irgendeine Art von Protest im Winter zu sehen. Es wird einfach scheiße kalt. Das Wetter ist tatsächlich Schuld daran, dass Bewegungen wie Occupy, Maple Spring und die unzähligen anderen Proteste und Demonstrationen über den Winter wortwörtlich einfrieren und langsam wieder verschwinden.

Die Welt des Punkrock ist allerdings keineswegs perfekt. Frauen sind in der Szene weiterhin stark unterrepräsentiert und Probleme mit Drogensucht und Alkoholismus grassieren immer noch—ganz zu schweigen von den ganzen Menschen, die sich tagtäglich darüber beschweren, was alles am System kaputt ist, aber niemals auch nur den kleinen Finger rühren, um etwas daran zu ändern. Am Ende ist es aber unsere Punkszene und sie wurde von den Menschen auf der Insel Montreal geschaffen. Es ist egal, wo du herkommst, diese Musik kann von allen Menschen wertgeschätzt werden, da ohne Punkszene und Undergroundkultur hier in Montreal kein Platz für diejenigen unter uns wäre, die nicht in das aufgezwungene Wertesystem und die Lebensstilmodelle der Gesellschaft passen.

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