Mein Musikjahr 2016: Sandro

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Mein Musikjahr 2016: Sandro

Sorry, liebe Ohren. Das war alles nicht so gemeint.

Das Jahr 2016 war ein extrem turbulentes Jahr für die Musikwelt, für die weltweite Politik, für den armen Kanye West und auch für mich. Es ging drunter und drüber und jetzt, wo sich das Jahr seinem Ende nähert, häufen sich die "Fuck 2016"-Beiträge, die ich in meinem Instagram-Feed zu sehen bekomme. (Ja OK, manche davon hab ich auch geliket.)

Aber trotz aller Miseren war das vergangene Jahr für mich sehr schön. Ich startete im Jänner von der Quasi-Obdachlosigkeit in eine neue WG, in der es mir besser nicht gehen könnte, ich wurde Praktikant bei Noisey (No na ned, woher soll sonst dieser Artikel kommen?) und ich habe meine Steop-Prüfungen beim dritten Anlauf endlich geschafft. Ah ja, es geht um Musik. Ganz zur Freude meines Trommelfells habe ich es 2016 geschafft, mir erstaunlich oft Geld für Konzerte zusammenzukratzen: #blessed

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Ich könnte mich in diesem Artikel damit beschäftigen, welche Neuerscheinungen es denn so gab oder aber auch die verschiedenen Skandale von Justin Bieber (die es 2016 ja zuhauf gab) nochmal breittreten. Aber das wäre ja lame. Stattdessen habe ich mir überlegt, euch mein Musikjahr 2016 der Reihe nach zu präsentieren und euch mitzunehmen auf eine Reise zwischen Vorarlberg, Wien und einem bunten Genremix.

Disclaimer: Falls ihr manche Wörter in dem Text nicht auf Anhieb entziffern könnt, entschuldige ich mich hiermit. Ich habe den Rückblick nicht betrunken geschrieben (zumindest nicht den ganzen), sondern wollte ihn nur ein bisschen vorarlbergisieren. Ich hab mich eh schon zusammengerissen und mich dazu entschieden, nicht den ganzen Text im Gsi-Slang zu schreiben. Also regan euch ned uf, Zefix! Mir ist übrigens auch klar, dass es manche Lieder schon länger gibt als das vergangene Jahr. Aber in Vorarlberg kommt halt alles ein bisschen später an, OK?

Jahresbeginn: Bühnenpräsenz en masse

Wer mich kennt, weiß, dass ich Konzerte liebe und diese nicht immer nur vor der Bühne genieße. Vor allem bei barrierefreien Konzerten kommt es öfters vor, dass ich meine Parcours-Skills unter Beweis stelle und die Bühne entere. Wenn ich die Band sehr gerne mag, sind auch Barrieren und Wavebreaker nur ein kleines Hindernis. Vielleicht ist das mal einen separaten Artikel wert, stay tuned.

Vielen Leuten muss das extrem auf den Sack gehen. Deshalb wundert es mich, dass ich nicht längst von einer wütenden Crowd gelyncht wurde. Auch die Bandmitglieder haben bisher durchwegs positiv reagiert und die Securitys waren auch immer freundlich. Ich will das hier aber nicht verschrei(b)en, darum klopfe ich gerade auf unseren Holztisch. Ja, das gilt. Auch wenn ihr es nicht seht.

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Das erste Konzert, das ich 2016 besuchte, war im Flex. Dort spielte Anfang Jänner die Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet aus Mecklenburg-Vorpommern. Die sechsköpfige Band, die in ihrem Heimatland vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist auf der Bühne extrem energetisch und hat eine super Stimmung erzeugt. Es waren einige Stagediver unterwegs, was ich besonders gefeiert habe. Auch die Band teilte die Bühne gerne mit ihren Fans, das habe ich mir natürlich nicht nehmen lassen. (Sorry an den Dude, den ich beim Stagediven kurz ausgeknockt habe.)
Ihr Song "Wut" wurde bei diesem Konzert am lautesten mitgesungen. Er ist auch einer der Gründe, warum sie auf der Beobachtungsliste vom deutschen Verfassungsschutz stehen. Nur weil man sich mal ein bisschen über die Arbeit der Polizei beschwert. Kumman amol a kle aba, he! Das Video zu dem Song stellt mir immer wieder aufs Neue die Nackenhaare auf.

Im Februar hat man als österreichischer Student einen Monat wohlverdiente Semesterferien. Deshalb habe ich mich auf zum Heimaturlaub in Vorarlberg gemacht. Dort spielten im Spielboden die Vorarlberger Metalcore-Legenden The Sorrow im Spielboden. Perfekte Vorband dafür war From Scratch, nur um hier mal ein bisschen die Vorarlberger Bandszene zu pushen. Dieses Konzert war für mich eines der emotionalsten in diesem Jahr, wenn nicht sogar in meinem Leben. Und das, obwohl es mit geschätzten 500 Besuchern eigentlich relativ klein war. Erstens, weil ich durch das Vorarlberger Geschrei zum Metal gefunden habe und mich ihr Song "Crossing Jordan" in der Zeit begleitet hat, als meine Uroma gestorben ist. Zweitens, weil The Sorrow ihre Auflösung bekanntgaben und das einer ihrer letzten Konzerte sein sollte. Wahrscheinlich auch ihr letztes in Vorarlberg.

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Schon 2012 stand ich bei ihnen das erste Mal auf der Bühne, um einen Stagedive bis zur Bar zu machen, weil Sänger Mätze Durst hatte. Im Februar besuchte ich sie nochmals auf ihrer Bühne und "sang" den Refrain von "Crossing Jordan". Ich weiß eh, es ist schon sehr egoistisch 500 Leuten den Refrain zu versauen, nur damit ich meinen Enkeln mal eine coole Anekdote erzählen kann. Die meisten haben es aber eh mit Vori-Humor genommen—und mir Gesangsstunden empfohlen.

Frühling: Ab in die Hofburg, Oida!

Die österreichische Bundespräsidentenwahl—beziehungsweise Nicht-Wahl—hat 2016 ihre Wellen bis weit über die Landesgrenzen geschlagen. Da wir in unserer WG auch unseren Beitrag leisten wollten, standen wir im Mai vor dem Puls 4-Studio im dritten Bezirk und motivierten Alexander Van der Bellen—vor seinem TV-Duell mit Norbert Hofer—mit funky Rhythmen und fidelen Gesängen. Gewonnen hat der gute Sascha schlussendlich wohl nur deshalb, weil ich nicht gesungen habe.

Foto: Amélie Chapalain

Die längste Wahl der Welt hatte aber auch gute Seiten. Es war nämlich genug Zeit, um eine ordentliche Menge an guten (und weniger guten) Wahlkampfsongs zu produzieren. Das beste Exemplar lieferten meiner Meinung nach Mirac, DemoLux, P.tah und Con. "I am from Austria" hin oder her, diese Doubletime-Passagen toppt selbst der Fendrich nicht. Und nachdem jetzt auch der letzte Österreicher weiß, wer zum Bundespräsident gewählt wurde, können wir uns alle wieder ein bisschen beruhigen.

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Sommer: Nix is so sche wia da Summer in Vori

Wenn das Wetter wärmer wird, erwärmen sich bekanntlich auch die Herzen der Menschen wieder. Mein Herz hat sich in Richtung Rap geöffnet und vor allem Cloudrap und Rap auf trappy Beats haben meine Playlists erobert. Ich habe den Großteil des Sommers im Ländle verbracht, war aber mit dem Kopf sehr oft in meiner Wahlheimat Wien. Ernst Palicek lief in dieser Zeit bei mir auf und ab. Seine Hymne an den Sommer in Wien sollte jeder mindestens einmal gehört haben, wenn er im Museumsquartier sein 16er-Blech schlürft.

Auch wenn man es kaum glauben mag, aber in Vorarlberg findet sogar ab und zu das ein oder andere Festival statt. Das Szene Openair fand zum 27. Mal statt und unter anderem spielten dieses Jahr auch Wanda auf der Mainstage in der Provinz. Ich habe von einer Freundin ein VIP-Ticket bekommen (Bussi, Jules. Es isch echt massiv gsi!) und pendelte drei Tage lang zwischen Ferialjob und Festivalschlamm hin und her. Das Wetter war durchgehend beschissen und mein Favorit war—zum ersten Mal bei einem Festival—keine Band, sondern das DJ-Duo Delta Heavy aus Großbritannien. Was sich zuerst sehr nach Spaß anfühlte, pfiff die nächsten Tage nicht schlecht im Ohr. Aber wer was hören will, kann es dann ja auch gleich fühlen.

Herbst: Ghöriga Sound, he!

Nach fast einem Jahr in meiner neuen WG habe ich es geschafft, meine neuen Mitbewohner mit meinem Dialekt-Kauderwelsch zu infiltrieren. Sie verstehen quasi jedes Wort und versuchen sich selbst schon an der Sprache von der West Coast. Auch in der Noisey-Redaktion hat sich mein Dialekt schon eingeprägt. Das ging soweit, dass sich Fredi "Vo Mellau bis ge Schoppernau" (siehe oben) von mir übersetzen lassen hat und mir meine Chefin Isa verboten hat, Hochdeutsch zu sprechen. A Träumle! Aber im Ländle wird nicht nur lustig geredet, sondern auch ziemlich gut gerappt. Also checkand da Gsi-Slang, ihr Füdla! Shoutout Penetrante Sorte.

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Winter: Snow is falling; oder auch nicht.

Langsam aber sicher kommt das Jahresende immer näher und das Wetter wird kälter. Deshalb muss man sich gut einpacken und Musik hören, die einem ordentlich einheizt. Umgeben von all den Weihnachts"hits", die Wien von den Weihnachtsmärkten aus beschallen, kommt es vor, dass die eigenen Kopfhörer manchmal ein bisschen mehr leisten müssen. Am besten funktioniert das mit fetten Beats. Mein Advent-Song 2016 kommt von Miami Yacine. Dieses Lied ist zwar nicht wirklich weihnachtlich, aber immerhin geht es darin trotzdem um Schnee. Das passt eh ganz gut, da bei dem derzeitigen Wetter der Schnee wohl noch länger ausbleiben wird.

Die Endstation der Reise durch meine Geschmacksverwirrungen bildet Sierra Kidd. Auf Anhieb fällt mir kein anderer Künstler ein, der seine Songs von Anfang bis Ende selbst produziert, bei seinen Videos Regie führt und diese dann auch noch selber schneidet. Außerdem macht ihn die Videobeschreibung "Mix/Master von Sierra Kidd (btw es soll so klingen)" extrem sympathisch. "Sober zu sein, ist für mich ein Handicap." I feel you, Brudi.

Sandro twittert, wenn er nicht gerade auf fremden Bühnen abhängt: @voriboy

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