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Mein Musikjahr 2015: Fredi

Dieses Jahr war arg. Wie jedes Jahr.

Foto von VICE Media

Was für ein Jahr. Während ich versuche, den Rest meines Selbstwerts für 2016 zusammenzukratzen und an den zerbrochenen Träumen und Wünschen von 2015 festhalte, bleibt mir ein Lichtblick: Die Musik. Dieses Jahr hab ich viel gelacht, geweint und Krisen geschoben. Also eh wie jedes Jahr. Irgendwie ändert sich immer ur viel und gleichzeitig gar nichts. Diese Einleitung macht fast keinen Sinn—was auch irgendwie egal ist, weil die Zeit nur ein Konstrukt ist. Ich höre schon auf. Jedenfalls hatte es das Jahr 2015 für mich in sich. Zu Ende geht es gut, eh auch wie jedes Jahr. Nicht zuletzt oder sogar wegen der Musik. Hier meine Highlights.

Clubkultur: Die Partys wurden länger und wilder

Clubkultur, 2015, Wien: Alle wollen die geilen Soletti und zerstören dabei mit der Gier alles. Foto von der Autorin

Als Veranstalter-Tussi, Party-Gängerin und Noisey-Tante ist mir Wiens Entwicklung im Bereich der Fortgeh-Szene 2015 mehr als geläufig. Sass, Grelle Forelle, Pratersauna, die Kantine, Queens Club, Goodmann und ein paar Schuppen, die nicht genannt werden wollen, haben sich im Bereich der Morgen-Partys neu etabliert oder wieder etabliert. Die geschundenen Gesichter der Hauptpartys hatten 2015 mehr Wahl als Qual, wenn es ums Weitertanzen ging. Teilweise mit hochkarätigen Namen. Fast immer mit 10 Euro Eintritt—leider. 2015 war Wien für mein Gefühl hemmungsloser—auf allen Ebenen.

Auch im Booking-Bereich. Dafür ein Dankeschön—es waren DJs und Producer in unserem heimeligen Wien, die man sich nicht hat erträumen können. Wöchentlich. Manchmal sogar unter der Woche. So haben manche der großen Namen vor 30 Menschen aufgelegt. Das aktiviert meinen Fremdscham mehr, als es RTL jemals geschafft hat. Deshalb zusätzlich zu dem Dankeschön auch ein Facepalm. Ein ordentlicher. Genau wie 2014 zu Ende gegangen ist, ging es 2015 das gesamte Jahr weiter. Große Namen in allen Clubs gleichzeitig. In Wien gehen gefühlt 500 Menschen auf Techno-Partys—nicht 5.000. Jeez.

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Dass die Rechnung nicht aufgeht, spüren wir deutlich—Sauna steht vor einer Neu-Übernahme, Camera Club ist schon zu, Flex ist insolvent (aber Gott sei Dank noch aktiv), Grelle Forelle wird nächstes Jahr zum Teil ein Restaurant. Kantine geht auch (aus anderen Gründen). Kaum ein Club schafft es mit einem Plus aus dem Jahr zu kommen. Viel bleibt da bald nicht mehr übrig. Ohne die Feminismus-Keule schwingen zu wollen, aber es schaut mir nach einem männlichen Ego-Booking-Krieg und weniger nach sinnvoller Zusammenarbeit aus. Für 2016 wünsche ich mehr weibliche Booker, DJs, Producer und Festl-Schmeißer. Und mehr sinnvolle Zusammenarbeit. 2016 wünsche ich mir auch neue Clubs, die frisch an die Sache rangehen und es schaffen, mit dem Zeitgeist mitzugehen. Und nicht in ihrer hippen Blase die immerselben Kollektive hosten lassen und nicht immer die selben Hawis ins Line Up lieblos hinfetzen. Freunderlwirtschaft ist nicht nur zum Erbrechen, sondern offensichtlich auch nicht zielführend.

Außerdem war 2015 das Jahr der Open Airs. Auf der einen Seite finde ich das super—wenn ich richtig viel trinke stechen die Mücken auch nicht—auf der anderen Seite hat die Stadt Wien es verpasst, Gesetze und Rahmenbedingungen für angenehme Open Airs zu schaffen. Wir waren 2015 draußen—an den üblichen Orten, nur mit mehr Facebook-Präsenz. Oder auf unangemeldeten Partys—auch an den üblichen Orten. Die Stadt Wien hat übrigens einige Partys 2015 sabotiert und abdrehen lassen—ich wünsche mir für 2016 (genau wie für 2015 und 2014)—dass die Stadt jünger wird. Auch am Papier. Vor allem am Papier.

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Ich liebe Deutschrap immer noch, nur anders

Deutschrap—meine wahre Leidenschaft. 2015 wurde einiges an Alben veröffentlicht. Unterhalten hat mich Marisimotos Ring der Nebelungen. Aber ich bin auch alter Fan von Marteria und alles, was Marten grundsätzlich so einatmet und ins Mikro haucht. Ernsthaft, melde dich endlich Marten. Bisschen enttäuscht hat mich Sierra Kid und Punch Arogunz, die ich beide für ziemlich talentiert halte. Mama von MoTrip hat einige gefühlvolle Mainstream-Tracks—Gefühlsduselei gefällt mir bei ihm aber nicht so. Dafür hat er es auf der Platte mit Nummern wie „Wie ein Dealer” wieder gutgemacht.

Dieses Jahr habe ich viele alten Sachen gehört—vor allem die anfänglichen Deine Lieblingsrapper- und Sido-Alben. Mit VI bleibt er zwar stabil, aber irgendwie zahnlos und mainstream. Aber in dem Alter, nach dieser Karriere, finde ich es nicht besonders verwerflich und voll OK.

Ein Top-Album kam von einem österreichischen Burschen dieses Jahr—Raf Camora. Die weiße EP ist bei mir auf und ab gelaufen. Raf Camora macht mich übrigens mit jedem Release sehr, sehr stolz. Gut aussehen tut er auch. Ist unser Bua, Leute! Olexesh, Celo&Abdi und Genetikk sind mit ihren Alben auch sicher in meinen Top 10. Und auch wenn man mich dafür wohl hassen wird: Hurra die Welt geht unter! von K.I.Z macht mich eher traurig als glücklich. Und ich liebe K.I.Z. Positiv überrascht hat mich Ali A’s Amnesia—irgendwie hat mich sein „HoodiexChucks” für immer gefangen und viele Monate über auf den Straßen Wiens begleitet. Wahrscheinlich mein Soundtrack 2015.

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Das Kontra K-, Schwesta Ewa- und Prinz Porno-Album habe ich auch ganz gerne gehabt. Alle drei Rapper haben etwas Erfrischendes in das ganze unspektakuläre Spektakel gebracht. 2015 fehlten mir aber im Deutschrap die richtigen Wuchteln. Vielleicht werde ich auch einfach alt. Money Boy—ich erwähne ihn jetzt ausnahmsweise—hat mit dem Bravestarr 2-Mixtape gezeigt, dass er eigentlich eh rappen kann. Meine Top-Überraschung 2015. Aus Österreich kam auch die Platte von Ansa Jägiritter, von Dame Lebendig Begraben und von Gerard Neue Welt. Heimisches Zeug lobe ich mir, und die Platten können auf ihre Art und Weise mit Deutschland mithalten.

Alben: Fabian Römer, ZHU und The Weeknd bescheren mir meinen musikalischen Ständer 2015

Kalenderblätter—Fabian Römer

Ich weiß ich oben geschrieben, dass mich heuer nichts im Deutschrap umgehaut hat. Stimmt nicht ganz. F.R hat sich dieses Jahr in Fabian Römer verwandelt. Seit der Erscheinung des Albums feiere ich es bis heute mehrmals am Tag. Ich liebe jeden einzelnen Track. Das Album ist melancholisch, deep und gefühlvoll—nicht unbedingt Gangster, auch nicht unbedingt klassischer Rap. Was auch immer es ist—für mein Empfinden ist es ein lyrisches Meisterwerk. Es lässt mich an verflossene Gspusis, jetzige Hawis und zukünftige Ex-Männer denken—das schaffen wenige Songs. Alben schon gar nicht. Vom Stil her erinnert mich es an Tua’s ältere Werke. Wurscht, es ist einfach fucking gut produziert und ich habe absolut nichts auszusetzen. Danke Fabian, du hast mit deinen Wortspielen meine Ohren, mein Herz und alles verzaubert. Meine unerreichte Nummer 1 des Jahres.

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Genesis—ZHU

Seit „Faded” like, teile und vor allem höre ich alles von ZHU. Alles. Wenn ich hören sage, dann meine ich eigentlich, dass ich jeden Track in Dauerschleife spiele, bis er mich komplett ankotzt. ZHU hat es trotz Dauerschleife noch nie geschafft. Sein neues Album ist sogar besser wie The Nightday EP. Wenn man ZHU hört, denkt man, dass es gar nicht so schwer sein kann Musik neu zu erfinden. Genesis hat prominente Features, ein paar Saxophon-Tunes und eigentlich auch wirklich coole Lyrics. Gekauft. Freue mich jetzt schon auf sein nächstes Album.

Beauty behind the Madness —The Weeknd

Manchen ist es zu sehr Pop, mir passt es genau richtig. Es ist sexy, es ist spannend und es ist gut produziert. The Weeknd läuft immer bei mir im Zimmer, wenn ich mich fürs Fortgehen aufstyle. Oder wenn ich aufwache. Oder—ihr seht wo das hinführt. Seine Arschloch-Party-Lyrics spiegeln noch immer meine verkorkste Einstellung zur Liebe wieder. Wenn es Weeknd nicht mehr gibt, werde ich wohl häuslich. Ah, damit es bei meinem Kommentar zum Album auch nicht fehlt: MJ.

Heimische elektronische Musik kann locker mithalten

HVOB, Austrian Apparel und Ken Hayakawa sind Locals, die mich dieses Jahr auf Partys überwältigt haben. Schon alleine deshalb kann ich die Booking-Wut aus dem Ausland nicht ganz nachvollziehen. Es fängt eigentlich schon bei den noch nicht so großen Namen an—Dan Bog hat den Track „Kröpfelt Anders” auf Soundcloud gestellt und die meisten Plays sind von mir. Der Track ist perfekt zum Vorglühen. Ohne Label, ohne irgendetwas. Auch das kann Österreich.

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Pischinger & Dermota aus dem Hause 35 Grad haben eine wirklich spannende Platte namens Reisedrang rausgebracht. Die ist ziemlich fresh und „Can’t Breathe Without You” hört man fast zu selten auf GoTV und FM4. Oliver Gruen—aus dem selben Hause—hat einen dünkleren Remix von dem Track gewagt. Und hat mein Herz gewonnen. Dunkel ist leiwand und genau meins. Wer auf dunkel, selbst produziert und hart steht: Lange war der Produzent FreshOtis nicht aktiv—jetzt hört man seine geilen Produktionen wieder im Werk, der Kantine und sonst überall in Wien. Den habe ich nämlich, wie die anderen Burschen, zu mir ins Kollektiv geholt. Weil ich sie so feiere, als Party-Gängerin. Talent ist in diesem Land vorhanden und gehört supportet. Partys kann man auch mit nur Locals voll bekommen—nach diesem Jahr kann ich es sagen—es geht echt.

Rihanna und Seiler und Speer haben jede Berechtigung in den Charts, Tinashe sollte in die Charts

„Bitch Better Have My Money”—Rihanna

Mit starken Frauenbildern zu nerven und sie exzessiv zu spielen, ist nicht Belästigung, sondern einfach nur wichtig und richtig. Rihanna ist meine sister from another mister und sie beweist es jedes Mal aufs Neue. Hier geht es ihr offensichtlich um Kohle und nicht irgendeinem Herzbruch-Scheiß. Wir haben sogar dasselbe Sternzeichen. RiRi, du Göttin. Wem das Lied zu Mainstream ist—Lorde hat mit „Magnets" ein ähnliches Meisterwerk geschaffen. Am Ende bringt sie im Video den Typen um. OK ist eh auch mainstream. Ich wollte sie nur erwähnen.

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„Ham kummst”—Seiler und Speer

Ich bin jetzt nicht so unbedingt Wanda-Fan. Bilderbuch finde OK. Die beiden Bands sind mir ein bisschen zu hip und zu cool. Meistens verstehe ich sie auch einfach nicht. Aber Seiler und Speer? Horvathslos? Da sind wir genau bei meinem Geschmack. Grandiose Nummer.

„All Hands On Deck RMX”—Tinashe ft. Iggy Azaela

Bis jetzt war ich nicht der Meinung, dass Rihanna jemals ein Weib in den Nacken atmet. Aber Tinashe tut es. Von der tanzenden Oiden werden wir noch einiges hören. Gut so. Aquarius kann ich nur empfehlen. Aber das war noch 2014. Remix mit Iggy kam dieses Jahr. Neues Album kommt. Freue mich.

Fredi hat Twitter: @schla_wienerin

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