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Rudis Brille

Leben und tschicken lassen – Ein paar Gedanken zum Rauchverbot in Österreich

Mit Mai 2018 werden die österreichischen Clubs und Bars rauchfrei sein. Unser Kolumnist Rudi Wrany hat sich ein paar Gedanken dazu gemacht.

Seit einem Jahr bin ich passionierter und glücklicher Nichtraucher. Die 15 Jahre davor habe ich mich in die Kategorie "Partyraucher" gereiht. Unter der Woche habe ich abstinent gelebt, am Wochenende dann dafür 60 Sargnägel in mich förmlich hineingefressen – vor allem während meiner DJ-Gigs oder rund um Partys, wenn mich die Nervosität heimsuchte, ob denn wohl genug Leute kommen werden.

Die Folge waren gefühlte 200 Tage Halsschmerzen, begleitet von Dauerschnupfen und Husten.
Den letzten nahm ich zum Anlass, das Pofeln sein zu lassen. Es fühlt sich gut an, wenn man nun gefragt wird "Host an Tschick?" und man dann mit einem leisen "Ich rauche nicht" antwortet. Oft erntet man ungläubige Blicke, denn wie ist das möglich? Schafft man das denn mit dem Lifestyle? Kann man trotzdem zwei – bis dreimal die Woche in Clubs gehen und nicht rauchen, aber trotzdem ein bisschen oder ein bisschen zu viel dazu trinken. Wir kennen es ja: Das Bier zur Zigarette oder umgekehrt ist ein altes Ehepaar. Man hat sich aneinander gewöhnt, man will sich nicht trennen, auch wenn man am nächsten Tag schlecht riecht.

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Ich habe das natürlich nicht deswegen getan, weil im Mai 2018 in Österreich nun ein sehr strenges Nichtrauchergesetz in Kraft treten wird. Das Gesetz soll auch keine typisch österreichische Wischi-Waschi-Lösung mehr sein, sondern streng durchexerziert werden. Was in echten Raucherländern wie Italien, Spanien, Portugal, Griechenland oder sogar Brasilien einst undenkbar schien, wurde dort schon Realität. Der blaue Dunst wurde aus Clubs, Restaurants und Bars verbannt. Und die Leute halten sich dort daran. In Deutschland ist man zweigeteilt, das eine Bundesland zieht es streng durch, in Berlin wiederum ist alles egal, dort versuchte man erfolglos vor einigen Jahren, die Zigarette aus den Clubs zu verbannen.

Bei uns ist das seit Jahren ein Geeiere vom Feinsten. Zuerst wurde räumlich getrennt, teure Lüftungen wurden eingebaut, dann setzte sich die im Februar traurigerweise verstorbene Sabine Oberhauser am Ende durch. Österreich sollte rauchfrei werden – überall! Überall? Bisher sträubten sich vor allem die Clubs und Bars gegen dieses Unterfangen vehement. Man fürchtet Kundenverlust und Anzeigen wegen Lärm vor der Tür. Nun, das stimmt in manchen Fällen leider, denn vor allem in dicht bebauten Gebieten würde eine Ansammlung von leicht betrunkenen, qualmenden Menschen vor einem Lokal den bösen Anrainer sofort auf den Plan rufen und dem Club große Probleme bereiten – was ja auch jetzt schon passiert.

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Leider hat es in Österreich bis jetzt keine großen Avancen gegeben, die Nichtraucherwerdung per se zu fördern. Es galt vor allem – und das gilt auch für mich – die Devise: Leben und rauchen lassen. Die Clubs und Bars hofften irgendwie bis vor Kurzem auf eben jene österreichische Lösung, dass am Ende ohnehin nichts passieren werde. Doch dann tauchte plötzlich der Albtraum aller Lokalbesitzer auf: Jene berüchtigte Nichtraucherlobby, die mittels Klagsdrohung alle Clubs anzeigt, unterstützt von absichtlich rauchenden Lockvögeln und damit verbundenen Handyfotos und so Beweise vorlegte, die zeigen sollten, dass in den Lokalen trotz anderer Gesetzgebung geraucht wurde.

Die Folge: Nach und nach musste reagiert werden – mit all den negativen und uncharmanten Konsequenzen. So wurde beispielsweise aus dem Sass erfolgreich ein Nichtraucherclub, der Volksgarten erlaubt das Rauchen in der Disco ebenfalls nicht mehr und auch in der Pratersauna wird man höflich gebeten, nach draußen zu gehen. Das Flex verteilt sogar Zettel an seine Besucher mit dem Hinweis, dass man als Club schwere Strafen zu befürchten habe, wenn man nicht auf den Nichtraucherschutz achte.

Mit der Konsequenz, dass sich einige darüber im Internet lustig machen und posten: "Gehen wir halt nicht mehr in die Scheißhütte." Hier sehe ich durch meine Brille allerdings rot, ob solch naiver Ignoranz: Sind denn die Clubs Schuld an dem Desaster? Hätten die nicht lieber zufriedene Gäste, die meinetwegen rauchen? Glauben denn die Leute ernsthaft, dass diese Restriktionen samt Aufstockung des Security-Personals den Clubs Spaß und Freude bereitet?

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Die zähneknirschende Einhaltung der Gesetze dann noch via spöttischen Rants auf Facebook ins Lächerliche zu ziehen, finde ich persönlich sehr bedauerlich. Wenn man bisher gerne in eine Bar oder einen Club gegangen ist, sollte man dies auch weiterhin tun und nicht die Betreiber noch wirtschaftlich durch Fernbleiben bestrafen. Denn die haben es nun ohnehin schwer genug. Kampfrauchen erzwingen, wird eben nicht mehr möglich sein, auch wenn viele hierin eine Beschneidung der Menschenwürde erkennen wollen.

Wir alle kennen das ja: Ein Club ist zuerst voll, dann wieder halbleer, ein ständiges Aus und Ein und wer nicht über (Lärm)geschützte Outdoor-Areas verfügt, hat es doppelt schwer.
Immerhin können Volksgarten, Pratersauna und Flex noch immer auf einen Raucher-Indoor-Bereich verweisen, der vor allem im Winter und bei Regen extrem nützlich ist. Andere wie das Werk haben keine Nachbarn, das Donau etwa lebt aber mit der neuen Regelung bei weitem nicht so gut.

In der Grellen Forelle ist man diesbezüglich mit einem aufwändigen Rauchergang, der auch gleichzeitig Kommunikations- und interpersoneller Anbahnungsort ist, wieder einmal einen Schritt weiter gegangen. Auch weil man dort sogar noch ein wenig von der Musik hört, für die man bezahlt hat. Doch auch das wird wohl 2018 vorüber sein. Dann wird der Staat sich darum kümmern müssen, ob geraucht wird oder nicht. Dem Argument, man rieche danach anstatt des angenehm würzigen Tabakduftes, mehr Schweiß und Darmwinde möchte ich entgegen halten, dass kalter Rauch am ganzen Körper am Tag danach auch nicht sexy ist.

Bisher durfte der Nichtraucher sich nicht beschweren, jetzt kann er es, das Ganze wirkt aber oft kleinlich und borniert. Ich hätte persönlich – eine starke Lüftung vorausgesetzt – gut damit weiterleben können, dass in Clubs und bestimmten Bars weiter geraucht wird. Dass findige Anwälte dem nun schon früher ein Ende setzen, ist eben typisch österreichisch. Es verdient noch schnell jemand Geld damit, bevor es der Staat durchsetzt – alles auf Grundlage der Gesetze, versteht sich.

Es bleiben den Hardcore-Rauchern noch die Backstageräume und kleine, geheime Mitgliederläden, die nun gerade im Kommen sind. Und manche DJs werden sich wohl auch noch darauf hinaus reden, dass Rauchen ein Teil ihrer künstlerischen Performance ist. Einige wenige Etablissements bleiben wohl bis zum letzten Tag standhaft Raucherläden. Ob nicht das schrittweise, wenn auch schmerzhafte Umsatteln, mehr Weitblick hat, wird man sehen, wenn dann der Stichtag im Mai 2018 eintritt. Bis dahin zieht die Karawane qualmend weiter. Auf der Suche nach Plätzen, wo noch die gute alte Anarchie herrscht. Aber wie sagte schon Fred Sinowatz einst: "Es ist alles sehr kompliziert."

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