Wir waren mehr – Beeindruckende Bilder aus Chemnitz
Alle Fotos: Hakki Topcu

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Wir waren mehr – Beeindruckende Bilder aus Chemnitz

"Wir werden auch da sein, wenn all die Kameras wieder weg sind" – Trettmann, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z, Kraftklub, Casper, Marteria, Nura und Die Toten Hosen zeigten, wie Protest gegen Neonazis geht.

Wer gestern in der Chemnitzer Innenstadt unterwegs war, hatte ein bisschen das Gefühl, auf einem friedlichen Stadtfest zu sein. Allerdings auf einem, bei dem immer wieder laute "Nazis raus!"-Chöre ertönten, viele Fahnen, Plakate und Schilder mit eindeutigen Botschaften hochgehalten wurden und man in viele lächelnde Gesichter blickte, die ausgelassen zu einem ungewöhnlich hochklassigen Line-up tanzten. Rund 65.000 Menschen waren zum "Wir sind mehr"-Konzert gekommen, um gemeinsam mit Trettmann, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z, Kraftklub, Casper & Marteria & Nura und den Toten Hosen ein deutliches Zeichen gegen Rechts zu setzen. Ein Zeichen, das deutschlandweit gesehen wurde.

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Zuvor machten zwei Sprecherinnen von Chemnitz Nazifrei klar, dass die Lage ernst ist – nicht nur in Chemnitz, sondern überall: "Es herrscht keine Partystimmung, es ist ziemlich beschissen." Die pogromartigen Angriffe auf Menschen anderer Herkunft von vor einer Woche hätten gezeigt, wie gut rechtsradikale Strukturen vernetzt und wie real die Gefahren nicht nur in Chemnitz seien. Nach diesen Redebeiträgen wusste wirklich jede und jeder, warum sie und er hier vor der Bühne stand.

Nach einer Schweigeminute für das Mordopfer vom 26. August wurde dann zu den Acts wild gepogt und mitgesungen, ihre ernsten Ansagen wurden bejubelt und mit schallenden "Alerta, alerta, Antifascista"-Chören beantwortet. Und auch K.I.Z. sorgten mit Songs wie "Urlaub fürs Gehirn" dafür, dass hier keine bleiernde Schwere auf den Gemütern lag, sondern eher eine bunte Party gefeiert wurde. Allerdings mahnte Maxim: "Ich habe etwas Angst, dass es ausartet, dass wir uns hier so fühlen, als wären wir die besseren Deutschen. Als würde das, was hier vor ein, zwei Wochen passiert ist nicht auch zu Deutschland gehören. Als hätte diese Nation nicht einiges Blut an ihren Händen. Als würden nicht die Länder der dritten Welt ausgebeutet werden. Als würden nicht Kriege verursacht werden, aufgrund derer Menschen flüchten."

Am Ende des Konzertabends luden Die Toten Hosen noch Rod von den Ärzten und Arnim von den Beatsteaks ein, um gemeinsam die größte Anti-Neonazi-Hymne überhaupt zu spielen – "Schrei nach Liebe". Als aus zehntausenden Kehlen ein kräftiges "Arschloch" ertönte, hatte man das Gefühl, dass auch Chemnitz noch nicht komplett im Arsch und dieser Tag hier nicht das Ende ist. Was hatte Kraftklub-Sänger Felix Brummer doch gleich auf der Pressekonferenz gesagt: "Wir werden auch da sein, wenn all die Kameras wieder weg sind. Wir haben hier schon oft gegen Rechts gespielt, und es wird auch immer wieder nötig sein."

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VICE-Video: "Chaos in Chemnitz"


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