Diese Frauen veranstalten in Wien und ihr solltet sie kennen
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Diese Frauen veranstalten in Wien und ihr solltet sie kennen

Der feministische Diskurs dreht sich hauptsächlich um weibliche DJs. Aber auch Veranstalterinnen verdienen es, vorgestellt zu werden. Wir haben mit drei Veranstalterinnen-Duos aus Wien über die Szene gesprochen.

In der letzten Zeit wurde viel über weibliche DJs diskutiert – wie man sie fördern kann, ob es eine Booking-Quote braucht und wie sie dargestellt werden. Es ist auch wichtig und richtig, Frauen in der männerdominierten Szene zu thematisieren. FemDex will dabei nicht nur quatschen, sondern handelt auch, in dem sie zum Beispiel eine ausführliche Liste an weiblichen DJs verwalten.

Was aber bisher fast gänzlich vergessen wurde: Die Frauen, die nicht (nur) hinter dem DJ-Pult stehen, sondern Partys veranstalten. Frauen, die sich von DJs oder Kollegen Technik mansplainen lassen, Geld um 5:00 Uhr abrechnen und die selbst am Hebel der Booking-Gerechtigkeit sitzen.

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Wir stellen euch drei Veranstalterinnen-Duos vor, auf deren Partys ihr vielleicht schon mal wart. Und wenn ihr noch nicht dort wart, dann solltet ihr unbedingt hin. Keines der drei Duos sitzt nämlich gerne Backstage – eher tanzen sie vorne in der ersten Reihe mit und unterhalten sich bestimmt auch privat gerne über ihre Erfahrungen.


"Kann es sein, dass du deine Tage hast?" und weitere Sätze mit denen Veranstalterinnen konfrontiert werden:


Falls du auch schon leiwande Partys besucht hast, die von Frauen organisiert wurden, schreib mir: frederika.ferkova@vice.com

Elena Schneider (23) und Kerstin Mayerhofer (25) veranstalten zusammen seit 2016 techtelmechtel

Elena (links) und Kerstin (rechts), Foto von Samantha Tobisch

Das erste techtelmechtel fand 2016 im ehemaligen Kinski mit Oberst&Buchner als Hauptact statt. Seitdem haben die beiden das Sass für sich erschlossen, aber auch in der neuen Pratersauna oder Grellen Forelle haben sie schon einen Floor bespielt. Kerstin hatte – außer die Freude am Ausgehen und der Musik – keine Vorkenntnisse, Elena war zusammen mit ihrer ehemaligen Studienkollegin Isabella für die HipHop-Party Bad Habits im Camera Club zuständig.

Weil beide Techno-Fans sind, ist techtelmechtel eine Techno-Veranstaltungsreihe. Entstanden ist sie, weil sie genug schlimme Abende mit schlimmen Bekanntschaften in Wien hatten: Der Name ist Programm und soll die Liebe für wilde Nächte ausdrücken. Eine Party bezeichnen die beiden dann als gut, wenn sie glücklich in die glücklichen Gesichter der Gäste zurückgrinsen können.

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Feminismus verstehen die beiden als einen Inbegriff von Hilfe unter Frauen. Das Binnen-I interessiert sie nicht, dafür aber die internationalen Frauenrechte und -themen, wie Menschenhandel, Beschneidung und Prostitution. "Es gibt definitiv Vorteile und Nachteile, allerdings gilt das genauso für unsere männlichen Kollegen", antworten sie mir auf die Frage, ob man als Frau anders von Kollegen behandelt wird. Dass das Äußere oft bei Konditionen und Kooperationen eine Rolle spielt, verbuchen sie als positiv. Dass sie wegen eben dem ab und zu auch schon mal nicht ernst genommen werden – von den Securitys bis zu teilweise den Gästen – als einen Nachteil.

"Erklären zu müssen, dass man auf der Party etwas zu sagen hat, ist eine unangenehme Aufgabe", sagt mir Elena, fügt aber hinzu, dass es eh läuft, sobald klar ist, wer das Sagen hat. "Man muss nur die Club-Hierarchie kennen und im Ernstfall auch zu seinem eigenen Vorteil zu nützen wissen", meint Kerstin. Warum so wenige Frauen veranstalten? Laut Elena und Kerstin ist ein Hauptgrund die männliche Freunderlwirschaft, die abschreckend wirken kann. Weibliche Vorbilder in der Szene finden beide wichtig.

Weibliche DJs würden sie buchen, aber es gibt wenige, die das spielen, was sie suchen. An einem typischen Abend reden sie viel mit Gästen – unter denen natürlich auch Freunde sind – und feiern ab einem gewissen Punkt so mit, als wären sie privat da. Immerhin sind sie die größten Fans ihres Bookings. Das macht die techtelmechtel-Partys wahrscheinlich so sympathisch: Immerhin verkriechen sich besonders Veranstalter gerne im Backstage und nicht in der ersten Reihe.

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Zum Abschluss antworten sie mir auf die Frage, ob sie anderen Frauen etwas mitgeben wollen: "Da wir in Wien den Luxus haben, bei der Berufswahl nicht über unser Geschlecht nachdenken zu müssen, sollten wir das auch einfach nicht tun."


Wir haben die weibliche Burschenschaft Hysteria begeleitet:


Clarisse Devata (25) & Candice Randall (30) veranstalten zusammen seit 2015 Art after Dark

Candice (links) und Clarisse (rechts), Foto von Samantha Tobisch.

Art after Dark ist eine Veranstaltung, die Vernissagen und Musik vereint – oft gibt es noch Essen oder Live-Performances dazu. Die letzten zwei Termine fanden im Dual statt, aber man hört den Namen auch im Tachles oder der AU. Der Kunst-Twist, die Locations und auch die Selbstbeschreibung als "Afterhour" sind für die Events bezeichnend. Candice ist als Künstlerin nach Wien gekommen und hat verschiedenste Galerien angeschrieben. Ohne Erfolg. So entstand 2015 ihre Idee, selbst einen Raum für Künstler zu schaffen, die noch keinen großen Namen haben. Später fragte sie Clarisse, ob sie mitveranstalten möchte.

Beide kommen nicht aus Österreich: Candice hat es aus Chicago hierher verschlagen, Clarisse aus Los Angeles. Clarisse hat sich seit 2014 mit Hotellerie-Events in das Fach einfühlen können. Die erste Veranstaltungsreihe von Art after Dark ging 2015 in der AU Galerie über die Bühne. Beide sagen, dass der Job trotz Stress erfüllend sei. Stress verursache unter anderem die ständige Erreichbarkeit, aber mit Geduld schaffe man auch das.

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"Wir hatten bis jetzt keine Erfahrungen mit männlichen Veranstaltern. Man hat uns auch nicht das Gefühl gegeben, dass man uns helfen wollen würde. Wir sind komplett auf uns alleine gestellt", antworten sie mir auf die Frage, welche Erfahrungen sie in den zwei Jahren mit Veranstaltern machen konnten. Während weibliche DJs durch verschiedenste Vereine und Kollektive gepusht werden, sind weibliche Veranstalterinnen auf ihr eigenes Netzwerk angewiesen. Und das kann – wenn man aus den USA kommt – mager ausfallen.

Das sind aber die einzigen negativen Erfahrungen, die sie mit dem anderen Geschlecht gemacht haben: Männer die sie buchen oder auch fremde Männer reagieren äußerst zuvorkommend und positiv. "Ich bin nicht nur eine Frau sondern eine schwarze Frau und möchte beweisen, dass ich einen Platz in dieser Welt habe", sagt Candice auf die Frage, wie wichtig ihr Feminismus ist. Der ist beiden sehr wichtig. Clarisse wurde zuhause von ihrer Mutter feministisch erzogen. Das ist für sie auch der Vorteil am Veranstalterinnen-Dasein: In so einer männerdominierten Szene sticht man heraus.

"Ein Nachteil ist, dass ich oft das Gefühl habe, dass man mir nicht zutraut, ein Event richtig zu gestalten und man mir oft das Gefühl gibt, dass ich zu schwach bin oder mich nicht durchsetzen kann, weil ich eine Frau bin." Ein Vorteil sehen die beiden in ihrer verstärkten Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeit. Warum so wenige Frauen veranstalten? "Weil so wenige sichtbar sind." Auf ein ausgeglichenes Booking achten sie aber nicht: Sie buchen Menschen und achten eher auf die Kunst.

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Alle Art after Dark-Partys sind auf ihrer Facebook-Seite zu finden.

Anna Ullrich (25) und Joanna Fraczyk veranstalten seit 2013 Puppenhouse

Anna (links) und Joanna (rechts), Foto von Lichterwaldt

Anna Ullrich und Joanish sind jedem technoaffinen Wiener ein Begriff. Die beiden sind hochgefeierte DJs, aber eben nicht nur. Anna hat 2013 mit der Puppenhouse-Reihe im Sass begonnen, mit dem Ziel nur Frauen zu buchen. Dass das in Wien keine leichte Aufgabe ist, bestätigen mir beide. Joanna stieß 2015 als Veranstalterin dazu. Seitdem machen sie die Partys zu zweit, auch wenn Anna wegen einer Babypause kurz aussetzen musste: Am 22.6. wird ihr Comeback gefeiert.

Puppenhouse findet zirka sechs Mal im Jahr statt - nicht nur im Sass als Hauptveranstaltung, sondern auch als Floorhostings in der neuen Pratersauna zum Beispiel. Feminismus ist beiden nicht wirklich wichtig: Sie spüren auch weder Vor- oder Nachteile wegen ihres Geschlechtes. Beide sind ja auch fest verankert in der Wiener Technoszene. Deshalb sehen sie das alles mit einer gewissen Lockerheit. Auf die Frage, was es braucht, damit mehr Frauen veranstalten antworten sie humorvoll: "Mehr Eier."

Dass ihnen trotzdem Frauen nicht egal sind, beweist das Ursprungskonzept von Puppenhouse: Es gab mehr Partys, die rein weiblich gebucht waren, als gemischte Partys. Solche Abende zu veranstalten, war für sie naheliegend. Immerhin sind beide DJs und sie wurden auch stets von Freunden in ihrem Musikgeschmack bestärkt. Das Backstage-Veranstalter-Klischee erfüllen sie nicht, gerne mischen sich unters Partyvolk und unterhalten sich mit ihren Gästen.

Zu ihrer Arbeit gehört von der Organisation bis zur Werbung eigentlich alles, was man unter "Veranstalten" versteht. Unterstützt werden die beiden von ihrer Familie und Freunden, was auch notwendig ist, da beide Vollzeit-Mamas sind. Anna von ihrem Baby, Joanna von ihrem Hund. Und gewohnt locker schließen sie auch das Gespräch. Was sie Frauen mitgeben wollen, die mit dem Gedanken spielen, zu veranstalten: "Jeder, der mehr erfahren möchte und hinter die Kulissen schauen möchte, kann gerne auf einen Drink vorbeikommen."

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Weitere weibliche Veranstalter-Kollektive in Wien ist zum Beispiel Henriette Herz. Viktoria Novicky war einer der Hauptorganisatorinnen unter lauter Männern. Wie es ihr erging, kann man hier nachlesen. Im nächsten Teil stellen wir Frauen vor, die alleine veranstalten.

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