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Neue Musik

Kraftklubs neues Video hält der beschissenen Arbeitswelt den Spiegel vor

Deichkind, Die Ärzte, Depeche Mode, New Order, Bronski Beat – all das steckt im neuen Kraftklub-Song "Sklave".

Foto: Screenshot von YouTube aus dem Video "Sklave" von Kraftklub

Das Hobby zum Beruf machen. Diese Phrase scheint in unserer Gesellschaft der heimliche Traum eines jeden zu sein. Bis man es dann geschafft hat und dann doch nach ein paar Jahren "Arbeit ist scheiße" ins Feierabendbier flennt und nörgelt. Wer noch mehr motivierende Worte braucht, um sich wöchentlich nach 40 bis 140 Stunden ins Wochenende aka den reinigenden Rausch zu schleppen, ist bei Kraftklub an der falschen Adresse. Denn in ihrem neuen Song "Sklave" besingen die Chemnitzer das langsame Seelensterben in der Arbeitswelt. Erst auf der Bühne können sie für einen kurzen Moment der Hölle des Alltags entkommen.

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Auch mal nüchtern am Wochenende feiern:


Und wie wir uns so den Song anhören, fällt uns schnell auf, dass diese Nummer ein einziges Feuerwerk der Referenzen zu vielen Songs der 70er und 80er Jahre ist. Allgegenwärtiger Kalter Krieg, wachsende Kritik am Kapitalismus, Post-Industrialismus – kein Wunder, dass damals schwermütige Musik wie Wave, Industrial und natürlich auch Punk entstand. Man wollte den rostigen Ketten entkommen und das in jeglicher Hinsicht. Viele Menschen wurden kurz gesagt überdrüssig, nur als Maschine funktionieren zu müssen.

Aus dieser Ära picken sich Kraftklub einzelne Tracks, um ihre Aussage nochmal fett zu unterstreichen. Etwa die "Lass mich dein Sklave sein"-Line, die sich einerseits auf den Song "Bitte Bitte" der Ärzte bezieht, andererseits aber schon damals eine Referenz auf Depeche Modes "Master and Servant" war. Ein Song, in dem für damalige Verhältnisse schonungslos offen über BDSM-Sex gesungen wurde. Ausbruch aus der sterilisierten Arbeitswelt in allen Bereichen eben. Kraftklub wenden das dann wieder auf den Job und das Machtverhältnis von Chef und Arbeiter an: "Ich will ein Teil dieser Firma sein / Nich' immer leicht, doch Strafe muss sein / Lass mich dein Sklave sein."

Die Synthie-Melodie, die im Hintergrund von "Sklave" dudelt, erinnert dann an jene aus New Orders "Blue Monday". Montags schlendern wohl wenige fröhlich aus der Wohnung und wieder zur Arbeit, sondern fühlen sich eher ziemlich beschissen. Zumal: Der Song handelt von einer unglücklichen Beziehung voller Schmerz und fehlender Stärke, sich endlich vom anderen zu befreien. So eine Kündigung schreibt sich eben nicht so einfach – selbst wenn man längst weiß, dass dieser Job einen fertigmacht.

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Gegen Ende von "Sklave" scheint die Gesangslinie von Karl passend stark an jene des Hits "Smalltown Boy" von den Bronski Beats angelehnt zu sein. Im Original heißt es da immer wieder "Run away, turn away!" und Kraftklub singen jetzt zu dieser ähnlichen Melodie eben: "Nimm dir Zeit, du hast frei – ich mach deine Arbeit."

Sicher gibt es noch viel mehr Verweise. Der Song scheint nur auf den ersten Blick eine weitere Version des "Bück dich hoch, Arbeit nervt"-Duktus zu sein, den Deichkind schon vor ein paar Jahren treffend in Freitagabend-Hymnen verwandelten. Kraftklub nutzen über 30 Jahre alte Songs, um euch zu zeigen, dass sich auch nach aaaaaaall den Jahren nichts geändert hat. Ziemlich deprimierend.

Aber hey! Einfach Zähne zusammenbeißen, grinsen und weitermachen, Leude! So wie er hier:

Das neue Kraftklub-Album Keine Nacht für Niemand erscheint am 02. Juni.

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