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Der Klugscheißer-Guide für House- und Techno-Labels

Hier erfährst du, wie du über fünf wichtige Plattenlabel reden kannst, ohne dass irgendjemand dahinter kommt, dass du noch nicht mal Move D von Fred P unterscheiden kannst.

Okay, beim letzten Festival hast du jemanden abgeschleppt und während Joy Orbisons Set hast du dir die Gehirnzellen mit Lachgas dezimiert. Du willst dich endlich mal „so richtig" mit elektronischer Musik beschäftigen. In der Theorie könnte man meinen, das wäre so leicht, wie am Monatsanfang in einen Plattenladen zu gehen und den Typen hinter dem Tresen einfach zu fragen, was gerade von wem gespielt wird.

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Leider ist die ganze DJ-Szene unglaublich versnobt. In dieser Welt wird jeder hart bestraft, der aus Versehen Perlon sagt, wenn er eigentlich Playhouse meint; es ist eine Szene, in der du schneller wieder ganz unten in der Nahrungskette ankommst, als britische Touris auf Junggesellenabschied, die in der Schlange vom Watergate stehen und es irgendwie geschafft haben, Kenny Dixon Jr und Kenny Larkin zu verwechseln. Du musst deine Fakten einfach auf dem Schirm haben und das bedeutet eben auch, unzählige Stunden bei Discogs zu verbringen, deinen Kontorahmen mit Plattenkäufen auszureizen und furchtbare Tech-House Sets von Künstlern zu ertragen, „die man unbedingt kennen sollte“. Wer hat bitte Zeit und Geld für so etwas? Trauerklöße, die Stunden in schlecht beleuchteten Kellern verbringen und durch abgenutzte 12“ blättern, und die Art von Arschlöchern, die einfach mal so 60 Euro für schlechtes Koks auf einer „total abgefahrenen Deep-House Party“ im Bussey Building raushauen können. Solche Menschen sind das.

Du bist natürlich ganz anders und wir wollen dir das Leben etwas erleichtern, also haben wir dir einen Guide zusammengestellt—hier erfährst du, wie du über fünf wichtige Plattenlabels reden kannst, ohne dass irgendjemand dahinter kommt, dass du noch nicht mal Move D von Fred P unterscheiden kannst.

Strictly Rhythm

In drei Worten: Big Room Banger

Das sagt es über mich: Du hast schon Bicep gehört, als sie noch Studenten-DJs in Manchester waren, und was New York-House angeht, kann dir keiner was—du lebst House-Musik. Echte House-Musik. Nicht die Art von House, den 17-Jährige mit Hurraches hören. Richtiger House. House eben.

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Das sollte ich dazu sagen: „Wenn es irgendetwas geben sollte, das besser ist als eine fette Kickdrum, dick aufgetragene Orgelakkorde und eine jaulende Diva, dann will ich es nicht hören“, ODER, „Alter, Masters at Work sind IMMER NOCH die Master, weil ihre Tracks einfach überall funktionieren!“

In diesen Clubs wird das gespielt: Wenn du deinen Fuß nicht gerade in eine fluoreszierende Goa-Hölle oder einen düsteren Fetischtempel setzt, wirst du wenigstens einen der beruhigend treibenden NYC-Housetracks hören, die von diesem altehrwürdigen Label veröffentlicht wurden.

Diese drei Platten sollte ich auf dem Schirm haben: Photon Inc. – „Generate Power“ (Wild Pitch Remix), South Street Player – „(Who?) Keeps Changing Your Mind (The Night Mix)“, Hardrive – „Deep Inside“

L.I.E.S.

In drei Worten: Acid für Autisten

Das sagt es über mich: Scheiß auf diesen sauberen, kommerziell klingenden Deep-House Mist. Scheiß auf diesen polierten, kristallklaren Kompakt-Techno-Nonsens. Du willst Tanzmusik, zu der man nicht tanzen kann. Du willst, dass deine Platten klingen, als ob man sie mit Schmirgelpapier bearbeitet hätte. Du schaust dir regelmäßig Slasher-Filme auf VHS an und hast dir schon mal zu einem Snuff-Streifen einen runtergeholt.

Das sollte ich dazu sagen: „Diese neue Willie Burns-Platte klingt, als würde sie zerfließen, total abgefahren, ach ja, hast du mal was von William T. Vollmann gelesen? Er schreibt Bücher über Prostituierte und er …“

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In diesen Clubs wird das gespielt: In allen modrigen, dunklen Löchern von Brooklyn über Brixton bis nach Berlin, deren Besucher Clubs hassen und Tanzen noch viel mehr.

Diese drei Platten sollte ich auf dem Schirm haben: Delroy Edwards – „4 Club Use Only“, Florian Kupfer – „Lifetrax“, Maximillion Dunbar – „Stayn Away“

Dance Mania

In drei Worten: Ficken, Tanzen, Drogen

Das sagt es über mich: Ich werde dir für Stunden deinen Hintern lecken, während dazu in deinem Schlafzimmer 320kbs MP3s von DJ Funk laufen. Ich werde nie aufhören, dir den Hintern zu lecken. Ich werde nie aufhören, meine Zunge da rein zu stecken. Ich will ihn küssen, ich will ihn liebkosen. Wenn ich könnte, würde ich meinen ganzen Kopf reinschieben.

Das sollte ich dazu sagen: „Hast du je versucht, zu DJ Aussault kopfüber auf Speed zu vögeln? Es fühlt sich so an, wie die eine DJ Slugo Platte klingt. Ihr hattet gerade Sex, oder? Ja, ich auch.“

In diesen Clubs wird das gespielt: Die Art von Clubs, in denen Leute tatsächlich tanzen, anstatt Selfies zu machen und pausenlos Twitterupdates über ihren „geilen Clubabend“ zu posten. Dort stinkt es in der Regel nach Schweiß, Sex und Drehtabak.

Diese drei Patten sollte ich auf dem Schirm haben: DJ Deeon – „Work This Dick“, Club Style – „Crazy Wild“, DJ Slugo – „Freaky Ride“

Hyperdub

In drei Worten: Jungle in Nachtbussen

Das sagt es über mich: Deine bevorzugte Klolektüre ist so ziemlich alles von Simon Reynolds und deine bevorzugte Clubmusik kommt von Fatima al Qadiri. Du kaufst nur regionale Produkte. Du baust selber an. Du hast einiges von Kodwo Eshun gelesen und seit Jahren nicht mehr geträumt. Du kannst kein Gericht kochen, das nicht Pasta mit Chillisoße ist, aber Tüten baust du in weniger als 30 Sekunden. In deinem Schrank stapeln sich die Carhartt-Cargohosen.

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Das sollte ich dazu sagen: „Die Sache ist ja die, Hyperdub ist nicht einfach nur ein Label. Es geht viel mehr darum, diese internalisierte Ästhetik weiter zu erforschen, die sich vor dem Hintergrund der demoralisierten und grauen Metropolen Großbritanniens abspielt.“

In diesen Clubs wird das gespielt: Jeder Londoner Club, bei dem der Türsteher gerade an seiner Masterarbeit in afrikanischer Anthropologie sitzt und die Thekenkräfte verschwurbelte Essays über die Verbindung von Neoliberalismus und der Raveszene in Huddersfield für pseudoakademische Popkulturzeitschriften verfassen.

Diese drei Platten sollte ich auf dem Schirm haben: DJ Rashad – „Feelin“, Joker – „Digidesign“, Kode9 + The Spaceape – „9 Samurai“

Ostgut Ton

In drei Worten: Angsteinflößende Berliner Brutalität

Das sagt es über mich: Du hast alle Artikel über die Darkrooms im Berghain verschlungen, ausgiebig den Gebäudeplan auf Bild.de studiert, hast von den sechs Tage dauernden Partys gehört und machst dir pausenlos Gedanken darüber, wie du am besten an den Türstehern vorbeikommst. Leider wohnst du in irgendeinem beschaulichen Vorort, hast keine weiblichen Freunde und trägst die Klamotten, die dir deine Mutter kauft. Dein kleiner Berlinausflug wird mit großer Sicherheit in Tränen enden. Du brauchst aber kein schlechtbeleuchtetes Heizkraftwerk und die Aussicht auf eine ausgiebige Fistingsession mit einem sympathischen Muskelpaket, um den brachial hämmernden Techno dieses Labels genießen zu können.

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Das sollte ich dazu sagen: „Ich habe gehört, dass Marcel Dettman diesen Song sieben Mal in seinem dreizehn Stunden Set im Hain gespielt hat. Die Leute sind ausgerastet.“

In diesen Clubs wird das gespielt: Berghain

Diese drei Platten sollte ich auf dem Schirm haben: Steffi – „Yours“, Answer Code Request – „Status“, Dettmann und Klock – „Dawning

So, das ist jetzt natürlich nur das Starterpaket. Hoffentlich wird das mit der Sorte von Arschlöchern funktionieren, denen es wirklich wichtig ist, über Platten zu reden, während der Rest von uns einfach fröhlich Platten kauft, Platten hört und zu Platten tanzt. Viel Erfolg!

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Thump.

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