Ich war mit einem Vibrator im Club, der von der Musik gesteuert wurde
Foto von Maria Morri/Flickr  | CC BY-SA 2.0

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Sex

Ich war mit einem Vibrator im Club, der von der Musik gesteuert wurde

Wahrscheinlich hatte ich am Wochenende mehr Orgasmen als du.

Mit Feiern auf Drogen habe ich in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. Ich bin auf Drogen verrückt geworden, habe Mist gebaut und hatte einen Nervenzusammenbruch. Das Runterkommen fühlte sich an, wie über Glasscherben in die kontrastreiche Außenwelt zu kriechen. Wieder in der nüchternen Realität angekommen und geblendet von Sonnenstrahlen der Reue, musste ich stets wieder alleine klar kommen.

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Ich zog mich zurück, ging den Triggern, die überall lauerten, aus dem Weg und habe meine Zeit entweder mit anderen nüchternen Menschen im Keller einer Kirche verbracht – oder aber alleine, mit Atemübungen, Schokoriegel essen und Sailor Moon schauen. Langsam ging es mir besser, die inneren Dämonen wichen, auch die stundenlangen Panikattacken. Wie eine Kriegerin schaffte ich es durch den Tag, auch wenn ich von Zeit zu Zeit mit dem Drang kämpfen musste, mir etwas einzuwerfen und merkwürdige Erfahrungen auf Drogen zu machen.

Dann bot mir eines Tages eine Redakteurin an, einen neuen kabellosen Vibrator namens "Club Vibe 3.OH" zu testen. Das Sextoy soll vom Sound deiner Umgebung gesteuert werden und wurde ausdrücklich für die Verwendung im Club entwickelt.

Meine Nervenbahnen wurden wach und drängten mich dazu, es auszuprobieren. Also sagte ich zu und klickte ich mich das erste Mal seit einem Jahr wieder durch Facebook-Events und packte mein Wochenende mit diversen Veranstaltungen voll. Ich stieß auf ein Punk-Konzert, eine Lesung und eine queere DJ-Afterparty. Es war verdammt beängstigend, nach dem Nervenzusammenbruch wieder ein ganzes Wochenende auszugehen. Ich dachte mir jedoch, dass die Erfahrung mit meinem geräuschempfindlichen Sextoy und einigen Flaschen Mate bewaffnet surreal genug werden würde, um damit umgehen zu können.

Auf dem Punk-Konzert

Du musst wissen: Ich habe mich immer als Außenseiterin gefühlt – zu hyperaktiv, nicht geradlinig genug. Und mein "Club Vibe" war mit seinem dämlichen Marketing ein perfektes Beispiel dafür, warum ich mich so fühlte: Seine Verpackung zierte eine gebräunte Frau, anscheinend mitten beim Orgasmus, deren üppiger Vorbau vor heterosexueller Begierde glänzte. Dieselbe heiße Frau ist auf der Webseite des Spielzeugs zu sehen, dort allerdings zusammen mit einem muskulösen Bro, der den kabellosen Controller wie eine Fernbedienung auf sie richtet, so als wäre sie ein Fernseh-Sexroboter, der seinem Vergnügen dient.

Eine Promo für den "Club Vibe 3.OH"

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Meine merkwürdigen Außenseitergefühle führten dazu, dass Punk zu meiner ersten Liebe wurde. Und so folgte ich an jenem Wochenende einem mit Bierflaschen beladenen Mädchen durch ein Labyrinth aus Proberäumen in Richtung eines entfernt wummernden Punkerladens, um mir eine Frauen-Punkband anzusehen, die keine Gefangenen machte. Im Laden angekommen, versteckte ich mich in einer dunklen Ecke und ließ den Vibrator aus meiner Handtasche in meine Unterhose gleiten. Dem Sextoy liegt ein schwarzer Stringtanga bei, ich wollte allerdings nicht, dass meine Erfahrung dadurch geprägt wird, dass ich die ganze Nacht meine Unterhose in der Arschritze sitzen habe.

Ich hantierte mit dem eierförmigen Regler und probierte die Einstellungen aus: Der sogenannte "Tease-Modus" lässt dich (oder wer auch immer die, äh, Kontrolle hat), den "Vibe spüren", so lange der Knopf gedrückt ist. Im "Groove-Modus" kannst du dein eigenes Vibrationsmuster erstellen und der "Club-Modus" reagiert auf Livesound. Ich schaltete den "Club-Modus" ein und schrie.

Eine Band hatte begonnen zu spielen und das Mikrofon des Vibrators konnte keine einzelnen Geräusche unterscheiden, also pulsierte er wild. Ich konnte mich mit diesem surrenden Ding zwischen meinen Schenkeln nicht wirklich normal verhalten, aber das schien glücklicherweise niemandem aufzufallen oder niemanden zu interessieren. Der kleine Raum war voller betrunkener Leute, die brüllten, sie wollten 8-Chan und Effektpedale zerstören. Ich kannte nicht wirklich jemanden, also blieb ich für mich und versuchte den Rest der Show zum Orgasmus zu kommen. Doch die Intensität der Vibration war zu stark und ich fühlte mich taub in meinen unteren Regionen.

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Bei der Lesung

Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zu einer Lesung in einer ehemaligen Fabrik, die jetzt ein Ort für Kunst ist und in der eine ganztägige Musikveranstaltung stattfand. Ich beschloss, meinen kleinen Freund zu tragen, um zu sehen, ob er auf den Klang des Gesprächs reagieren würde. Nachdem ich mich hingesetzt hatte, tat ich so, als würde das lautlose Handy in meiner Hand die lauten Vibrationsgeräusche von sich geben, die durch den Metallstuhl, auf dem ich saß, noch verstärkt wurden. Anscheinend glauben die Leute einem alles.

Der "Club Vibe 3.OH" wurde für den Gebrauch im Club designt

Die Lesung drehte sich um Menschenrechte. Wenig überraschend schlug mein Versuch, hier zum Höhepunkt zu kommen, fehl. Also versuchte ich es mit meinem Lieblings-Impuls – dem Club.

Im Club

Dort wurde ich direkt von den treibenden Klängen von Vitalics "You Prefer Cocaine" begrüßt, ein ironischer Track, wenn man meinen nüchternen Zustand in dem verrauchten queeren Club bedenkt, wo die Leute an ihren Drinks nippten und bereits rummachten.

Der Vibrator schien mit den Klängen von Electroclash und Ghettotech, die der DJ spielte, perfekt zu funktionieren. Eine bizarre Form von Freiheit drang in mein Bewusstsein. Ich war vollkommen nüchtern, vollkommen bei Sinnen, auf dem Weg zum Orgasmus und es war in Ordnung für mich, etliche Leute zu sehen, von denen ich wusste, dass sie mich hassen. Denn ich hatte Spaß.

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Ich lutschte an einem Lutscher und die Zeit dehnte sich aus. Eine behagliche orgasmische Wonne nahm mich für einen Moment gefangen. Ich drehte mich im Raum herum und lachte.

Ich wusste: Sollte ich diese feudale Anime-Zukunft aus Sailor Moon noch erleben, die von bösen Konzern-Oberbossen, Schulden und christlichen Kreuzzüglern dominiert wird, dann will ich das nüchtern und überall zum Orgasmus kommend tun.

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