"Einen Scheiß erleben wir hier einen Hype" – Real Talk mit P.tah im 15. Bezirk
Alle Fotos: Jana Sabo 

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Interviews

"Einen Scheiß erleben wir hier einen Hype" – Real Talk mit P.tah im 15. Bezirk

P.tah hat uns seine Hood gezeigt und mit uns unter anderem über den Österreich-Hype und alte Zeiten mit Raf Camora gesprochen.

Dass man im Rapgame nicht immer alles auf eine Karte setzen muss und sich auch sehr wohl fühlen kann, wenn man sich "nur" im Untergrund aufhält, beweist der Wiener Rapper P.tah sehr eindrucksvoll. Heute feiert er den Releaseday seiner neuen EP Leng. Um ein bisschen mehr über ihn und seine Musik zu erfahren sind wir mit ihm durch den 15. Wiener Gemeindebezirk geschlendert und haben uns seine Comfort Zones angeschaut.

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Noisey: Welche Beziehung hast du zu Wien und zum 15. Bezirk? Wohnst du schon immer hier?
P.tah: Ich komme eigentlich aus dem Burgenland, aber Eisenstadt liegt so nah an Wien, dass wir ziemlich früh angefangen haben, hier fortzugehen. Sobald die ersten im Freundeskreis einen Führerschein hatten, sind wir hierher gefahren und haben unsere Wochenenden dann eben in der Stadt verbracht. Und seit meinem Umzug nach Wien hab ich immer im 15. Bezirk gelebt.

In welchen Clubs seid ihr dann fortgegangen?
Ein Lokal, das ich ganz besonders mit meiner Jugend verbinde, hieß Kunstwerk. Das war so ein Club, in dem es extrem viel Jungle, Drum'n'Bass, Dancehall und solche Sachen gespielt hat. Die Musik eben, die damals mit 16 am einflussreichsten war. Sehr viel Einfluss auf mich hatten aber auch die Raggae-Soundsplash-Festivals in Wiesen. Damals war Wiesen eben noch stark Raggae-besetzt. Dieser Platz hier ist übrigens ur chillig, um mit Freunden und Familie abzuhängen, wenn hier nicht gerade Baustelle wär. Jimmys Eissalon ist auf jeden Fall zu empfehlen. Hinten bei der Kirche fühl ich mich ganz wohl, weil es durch das Backsteingebäude einen britischen Flair hat.

Gibts sonst noch Clubs, die du in jugendlicher Erinnerung hast?
Im Bricks und im Sub Zero waren wir auch noch oft. Und sonst halt Flex und Arena. Ah ja, und das alte Fluc. Dort hab ich meine ersten Independent Rap-Shows gesehen. Das war auf jeden Fall sehr aufregend.

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Am Telefon hast du mir schon erzählt, dass du seit sieben Jahren ausschließlich schwarze Kleidung trägst, was hat es damit auf sich?
Meine Freundin hat mir danach noch erzählt, dass es eigentlich schon viel länger so ist. Aber mir fällt das nicht mehr so auf. Ich trag hauptsächlich schwarz, weil es für mich ein Ausdruck dafür ist, so gut wie möglich auf irgendwelche Marken zu verzichten. Ich möchte mich halt nicht plakatieren lassen und fühl mich wohl, wenn nichts vom Wesentlichen ablenkt. Klar, ich trag auch meine Nikes und meine Sonnenbrillen, aber grundsätzlich versuche ich, bewusst zu verzichten und so meinen kleinen Beitrag zu leisten. Ich verzichte ja auch auf Alkohol und Zigaretten. Das hier ist einer meiner Lieblingsplätze.

Ah, den kenne ich. Dort hatte ich mal einen Fahrradunfall mit einem kleinen Jungen.
Oh shit. Da am Meiselmarkt ist schon immer sehr viel los. Ich bin ja vor Kurzem Vater geworden und wir versuchen gerade, öfters mit dem Baby rauszugehen und da ist das eine schöne Runde.

Gratuliere nochmal zum Baby! War das für euch jetzt gegen Ende schon ein Wettlauf, ob zuerst das Kind oder die EP rauskommt?
Haha, ja voll. Die Kleine hat sich ziemlich Zeit gelassen. Aber der Release und alle Shows waren so geplant, dass sich alles super ausgeht. Ich hatte dann zwar schon einiges nachzuholen. Weißt eh, alles do it yourself, alles independent.

Deine EP klingt doch sehr politisch und manche Zeilen musste ich mir dreimal anhören, bis ich sie verstanden habe. Wie wichtig ist dir die Message in deinen Tracks?
Ich mach gern auch Tracks, die live gut funktionieren und einfach nur gut klingen. Aber in irgendeiner Weise hab ich immer einen gewissen Anspruch an meine Tracks. Sei es jetzt eine deepe Message oder einfach mal fette Rhymes, die gut rüberkommen. Ab und zu feier ich auch gute Disslines. Das finde ich auch eine schöne Kunstform im Rap.

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Apropos Kunst, du bist ja eh Kunstprofessor, oder?
Na ja, Professor. In Österreich ist ja gleich jeder Professor, der am Gymnasium unterrichtet, haha. Ich bin auf jeden Fall Kunstlehrer, habe Kunst studiert und immer schon Musik produziert. Schon 2005 waren wir dann mit der Hörspiel Crew und B-Seiten Sound in Deutschland unterwegs. Ich wollte mich aber nie finanziell auf die Musik oder auf das Kunst machen verlassen, deshalb hab ich dann das Lehramt studiert. Jetzt unterrichte ich eben Kunst und es macht mir extrem viel Spaß.

Und wie ist das mit deinen SchülerInnen? Wissen die, dass du auch rappst?
Die wissen das schon zum Teil. Die älteren SchülerInnen checken das dann auch und erzählen es natürlich den Kids. Die verstehen dann nur nicht immer, warum man Videos auf YouTube hat und trotzdem unterrichtet. Das ist dann aber spannend zu erklären, dass es Material gibt, dass sich leichter verkaufen lässt als andere Sachen. Dass es eben eine bewusste Entscheidung ist, im Underground zu bleiben und Musik einfach zu machen, weil man Bock drauf hat. Es ist für mich ein großes Anliegen, mehr in den Vordergrund zu stellen, dass Musiker keine fucking Heiligen sind. Für mich sind Leute Helden, die Behindertenbetreuer sind, Pädagogen, Hebammen. Die große Verehrung von Popstars abzubauen, wäre mir ein großes Anliegen.

Ich versteh die Kids aber auch. Es war für mich auch immer extrem strange, wenn man Lehrpersonen in der Freizeit getroffen hat. Für Schulkinder haben eben Lehrerinnen und Lehrer einfach nur den Job und that's it.
Haha, ja. Der nervt da einfach in den zwei Stunden und nicht mehr. Ich habs da aber ein bisschen leichter, weil ich eben Kunst unterrichte und da lassen sich bestimmte Zusammenhänge viel leichter herstellen.

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Die Brücke hier find ich ziemlich nice.
Ja, voll! Wir haben hier auch schon Silvester gefeiert. Das hier ist übrigens der Club 28. Den würd ich sehr gerne zu meinem Club machen. Ich stells mir extrem geil vor, hier ein Ravelokal zu haben. Aber die sitzen da wohl noch länger drin.

Schaut auch ein bisschen einschlägig aus.
Ich glaub, dass das ein Puff ist.

Ich glaub, dass wir auch mit Ernst Palicek mal auf dieser Brücke waren.
Ja voll, der wohnt auch hier im 15. Wir haben in dieser Wohnung auch mal recordet früher. Lex Lugner wohnt ja mit ihm zusammen.

Rudolfsheim-Fünfhaus hat auf jeden Fall eine starke musikalische Geschichte. Raf Camora kommt ja auch von hier und ich glaube auch Money Boy.
Mit Raf Camora hab ich in meiner Jugend sehr viel Musik gemacht. Damals hatte er noch Dreadlocks und wir haben ab und zu miteinander gefreestylet.

Aber er hat sich dann ja nach Deutschland geschlichen.
Klar. Alle, die was reißen wollen, hauen ab nach Deutschland. Und ich versteh das auch. Gerade die, die so ambitioniert sind wie der Raf, müssen in eine deutsche Stadt, weil Österreich eben der urbane Raum fehlt und ein bisschen auch das Rückgrat, das andere europäische Städte haben. Und du merkst das auch in der medialen Welt. Bei uns wird so Zeug eben auch nicht gepusht. Da fehlt total der Bezug und Deutschland ist da einfach das erfolgreichere Pflaster. Und wenn man dann wieder hört, dass Österreich einen Hype erlebt. Einen Scheiß erleben wir hier. Es werden genau Wanda und Bilderbuch gehypet – vielleicht noch Yung Hurn und Crack Ignaz, aber das wars dann auch schon wieder.

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Wo gehen wir jetzt hin?
Dort unten kommt jetzt dann die Reindorfgasse, dort feiern wir dann auch unsere Blockparty mit Duzz Down San.

Ah fix, da schau ich vorbei!
Ich feierte dort eben den Leng EP-Release, Mirac hat ein Live-Beatset gespielt. Mirac ist generell ein super Studiomann, ich hab schon viel mit ihm gemacht. Bei Duzz Down San bin ich da eh sehr gut aufgehoben.

Haha, das Wortspiel, das ich ewig nicht verstanden habe.
Wir haben früher diesen Slang immer so gesprochen. Die Verbindung mit dem Dialekt und dem Englischen hat sich dann für uns so ergeben.

Lass uns noch ein bisschen über deine EP sprechen. "Leng" ist ja Chinesisch und bedeutet kalt. Aber das war nicht deine Intention, obwohl es gut zum Cover passen würde.
Geile neue Auslegung, aber das kommt von wo anders. Das Bild hatte ich schon eine Zeit lang, das hat mein Onkel geschossen. Es erzählt halt eine gute Geschichte. Dieses aufs Handy-schauen, die Limousine im Hintergrund. Es hat ein bisschen was Dystopisches und erzählt eine Geschichte.

Woher kommt aber der Ausdruck aus deiner Interpretation?
"Leng" ist für mich ein Ausdruck aus dem UK-Grime. Ein Leng-Mann ist aus dem jamaikanischen Slang kommend ein Messerstecher, wird aber in der Musiksprache für jemanden verwendet, der im lyrischen Sinne killt. "Leng" an sich wird dann auch verwendet wie "dope" oder "nice". Es ist ein typischer Grime-Ausdruck.

Außerdem steh ich sehr auf kurze Ausdrücke. Worte, die so ein bisschen abstrakt sind. Auch bei den Songtiteln. Die Tracks klingen jetzt auch sehr grimey, weil ich mit Lost Tourist daran gearbeitet habe. Er ist da genau der richtige Mann dafür. Wahrscheinlich auch, weil er noch ein Stück jünger ist als ich.

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Übrigens hab ich gesehen, dass du Testimonial der O5-Bewegung bist. Was geht dort ab?
Voll. Es haben dort jetzt eh mehrere Rapper Tracks dafür gemacht. Kinetical ist zum Beispiel dabei und Foz – und auch Skero. Es geht dort darum, Leute zum Wählen zu motivieren. Vor allem auch junge Wähler sollen dabei angesprochen werden. Ich find das gerade deswegen gut, weil ich der Meinung bin, dass Österreich zu sehr von reaktionären und veralteten Meinungen geprägt ist. Hier können uns junge Menschen raushelfen, indem sie sich mehr in der Politik beteiligen.

Verstehe! Vielen Dank für das Gespräch, Happy Releaseday und wir sehen uns bei der Blockparty! Sandro auf Twitter: @voriboy

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