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Interviews

GeilerAsDu über Winterdepressionen, Schlaf und Träume

Wir haben uns mit GeilerAsDu auf ein Skypedate getroffen, um uns mit ihnen über den Sinn des Lebens, Traumdeutung und Klebeband zu unterhalten.
Foto zvg von GeilerAsDu

GeilerAsDu haben erst kürzlich ihr zweites Album Turbo Mate & Kalaschnikow veröffentlicht und damit einmal mehr bewiesen: Mundartrap kann auch spannend sein. Das Trio bestehend aus dem DJ und Produzenten LUiG und den beiden Rappern Luzi und Mike, das 2005 in Luzern zusammengefunden hat, hat sich in den letzten zehn Jahren einen Ruf als solider Fixpunkt innerhalb der Szene erarbeitet. Spätestens seit dem Album Flöchted, das die Jungs 2011 veröffentlicht haben, aber auch mit Luzis Soloalbum und seinen Releases mit der Moskito-Crew gilt das Umfeld der drei Musiker als zuverlässige Quelle für gute Rapmusik. GeilerAsDu ist das Ass im Ärmel, das Mundartrap immer dann spielt, wenn er merkt, dass es dringend eine Alternative braucht.

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Turbo Mate & Kalaschnikow ist in sich konsistent, kein Konzeptalbum, aber es lässt sich ohne Schwierigkeiten in einem Guss hören und funktioniert als Ganzes. Es hebt sich inhaltlich vor allem aus drei Gründen von den meisten Mundart-Rapalben ab: Die Platte ist intelligent, sie hat Rückgrat und sie beschäftigt sich mit der Realität. Ja, das genügt bereits, um aus der textlichen Irrelevanz des Schweizer Rap-Ozeans herauszustechen. GeilerAsDu ist aber auch in Bezug auf Ästhetik, Style und Technik eine Ausnahmeerscheinung und macht darum einfach Spass.

GeilerAsDu—"Boys Don't Cry (Intro)"

Ich treffe die drei Jungs an einem kalten, grauen Tag im Dezember, und haben uns hierfür auf ein warmes, gemütliches Plätzchen namens Skype geeinigt. Das ist der perfekte Ort für ein Gespräch über ausgewogenen Schlaf, Traumdeutung und die Melancholie und erdrückende Schwere des Winters. Noisey: Es gibt viele Menschen, die Mühe damit haben, dass es gerade Winter ist. Es drücke auf die Stimmung und sorge für schlechte Laune—manche sprechen von "Winterdepression". Wie geht's euch?
Luzi: Ich kann das alles ganz gut nachvollziehen. In meinem Umfeld kenne ich einige Menschen, die sich zur Zeit ein bisschen verwirrt oder niedergeschlagen fühlen. Mir geht's manchmal auch selber so. Gestern zum Beispiel war ich grundlos down. Vielleicht liegt's ja an der Nebeldecke, die gerade über Bern hängt.
Mike: Also mir geht's ganz gut. Ich bin in Luzern, liege in meinem Bett und mir scheint die Sonne ins Gesicht. Ist ein bisschen wie Sommer. Aber klar: Das Ende des Jahres verbunden mit der ganzen Weihnachtshysterie kann schon enorm viel Nerven kosten.
LUi G: Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich den Winter relativ geil finde. Wenn es neblig ist, finde ich das auch ziemlich geil. Mir schlägt das gar nicht auf die Psyche.
Mike: Na gut, du bist auch der stabilste Mensch, den es gibt. OK, das ist eine Mutmassung. Aber in unserer Crew bist du eindeutig der Ausgeglichenste. LUi G, willst du deinen Freunden nicht das Geheimnis für ein ausgeglichenes Leben verraten? Ich frage für sie.
LUi G: Ich versuche vor allem im Moment zu leben und die Probleme oder Schwierigkeiten nacheinander zu lösen. Wenn du dich zu sehr mit Fragen beschäftigst, die irgendwo in der Zukunft liegen, machst du dir nur unnötig Kopfschmerzen und fällst in ein Loch. Das hilft weder einem selber noch dem Problem. Das klingt jetzt alles ein bisschen floskelhaft und die Schwierigkeit an diesem theoretischen Modell ist natürlich die gelebte Realität, aber es funktioniert.

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GeilerAsDu—"8 Kilometer"

Ich gebe dir Recht—das ist wirklich ein guter Vorsatz. Aber eben, es bleibt meistens ein Vorsatz. Und ich persönlich habe auch ein wenig mit diesem "Lebe den Moment" meine Mühe.
Mike: Also bei LUi G funktioniert es wirklich ganz gut. Aber ich kann auch deinen Einwand verstehen. Ich glaube, dass es grundsätzlich am besten ist, wenn du es schaffst, dich auf den Moment zu fokussieren. Eine gewisse Weitsicht ist ab und an aber doch sehr wichtig und hilfreich. Und wenn ich sage, dass du im Moment leben solltest, heisst es ja nicht, dass du immer total glücklich und überschwänglich sein musst. Es darf und soll einem auch mal schlecht gehen dürfen. Das wichtige ist, zu wissen: Wir sind ein kleiner Funke Scheisse im Universum.
Luzi: Mike hat das Interview gekillt. Das war der Schlusssatz. Wir können aufhören.
Mike: Nein, wir kommen doch erst richtig in Fahrt. Beispielsweise war ich letzte Woche an der Westküste Irlands, wo eine beeindruckende Klippenlandschaft das Bild prägt. Ich habe gelesen, dass diese Klippen vor 320 Millionen Jahren entstanden sind. Da habe ich mir überlegt, dass diese Klippen wahrscheinlich in 320 Millionen Jahren immer noch in irgendeiner veränderten Form da sind. Wir sind irgendwo in Raum und Zeit, und in der Relation sind wir genau etwas: nichts. Immer wenn ich denke, jetzt brechen alle Probleme über mich ein, dieses mal schaffe ich es wirklich nicht, das war's, ich bin am Arsch, und so weiter, passiert immer dasselbe: nichts.

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GeilerAsDu—"Mittelpunkt"

Ich mag diesen Gedanken sehr. Auf den ersten Blick klingt diese Erkenntnis nach Leere und Sinnlosigkeit. Ich finde aber sie hat was sehr Entlastendes: Dadurch dass du dich und deine Probleme nicht so wichtig nimmst, bekommst du erst richtigen Freiraum für das Leben.
LUi G: Ja, das macht einen in der Tat einiges befreiter und mutiger und man schärft dadurch auch seine Fähigkeit, sich auf das wirklich Wichtige zu fokussieren. Aber Jungs, ich rede hier so, als wäre ich erleuchtet. Ich sehe mich schon in einer Stunde in ein Loch fallen.
Mike: Ich glaube auch, dass diese Erkenntnis sehr befreiend sein kann. Leider ist aber auch hier die Umsetzung nicht ganz so einfach. Bemerkenswert finde ich, dass so viele Menschen, die ich kenne, spannende Projekte umsetzen und in diesen auch sehr eingespannt sind, sich irgendwie gestresst fühlen und sich unter Druck setzen. Aber sie möchten dann doch lieber nicht ganz offen und ehrlich über diese Probleme sprechen.
Luzi: Das machst du dann beim Psychiater, oder? Und vielleicht sind all diese spannenden Projekte und dieses Eingespanntsein eben genau die Fassade, die du benötigst. Ich weiss es nicht. Wenn du aber dein Glück an Projekte und deren Erfolg koppelst, wirst du immer wieder unzufrieden sein. Es ist nämlich ein Fass ohne Boden. Du setzt dir ein Ziel und sagst dir innerlich, "wenn ich das erreicht habe, dann bin ich glücklich". Und dann stellst du fest, dass du wieder was Neues willst. Das ist eine Spirale, die einen nie zufrieden machen kann. Dann doch lieber im Moment leben und sich einfach nicht allzu ernst nehmen. Und: Genug schlafen. Das wird total unterschätzt. Für mich ist das total wichtig.

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Dem kann ich nur beipflichten. Wie habt ihr es so mit ausgewogenem Schlaf?
LUi G: Ich versuche immer acht Stunden zu schlafen. Wenn ich einige Tage hintereinander nicht genug schlafe, werde ich anstrengend. Ich brauche das wirklich. Ist euch eigentlich bewusst, dass wir einen Drittel unseres ganzen Lebens mit Schlafen verbringen?
Luzi: Das ist krass, ja. Ich brauche auch meine acht Stunden. Manchmal schätze ich mich falsch ein und sage mir, dass auch vier oder fünf Stunden genügen. Am nächsten Tag bin ich dann gereizt oder hab nicht die Nerven, die ich an einem "normalen" Tag habe.
Mike: Ich brauche auch relativ viel Schlaf und den nehme ich mir auch. Ich habe aber auch sehr viel Glück, was meinen Schlaf betrifft. Ich lege mich hin und innerhalb von einigen Minuten schlafe ich ein. Und da gibt's auch kein Erwachen in der Nacht oder ähnliches.
Luzi: Bei mir ist das ein bisschen anders. Ich mach das wie die meisten Menschen in meinem Umfeld. Ich lege mich hin und checke mal mein Handy. Ich glaube auch, die wenigsten gehen wirklich schlafen, wenn sie sagen, sie gehen schlafen. Sie legen sich einfach mal ins Bett. Bei mir dauert das dann mal eine Weile, bis ich effektiv einschlafe.

GeilerAsDu—"Coke Zero"

Könnt ihr euch an eure Träume erinnern?
Mike: Ja, eigentlich sogar sehr oft. Kurz nach dem Aufwachen, kann ich mich sehr gut erinnern. Ich muss mir dann einfach kurz Zeit nehmen, mich zu erinnern versuchen und dann klappt das sehr gut. Ich schreibe mir das manchmal kurz auf oder mache eine Sprachaufnahme, damit ich es nicht wieder vergesse. Ich habe gewisse Träume, die sich mir auch ganz leicht erschliessen. Dann habe ich aber auch diese total verworrenen Gefühlsträume, die ich nicht wirklich verstehe, die aber irgendwie meinen Kopf aufräumen. Wenn ich dann am Morgen aufwache, merke ich, dass ich zwar nicht verstehe, was ich da genau zusammengeträumt habe, aber dass da einiges geordnet wurde.
Luzi: Ich mach das auch. Mir bringt das Träumen nämlich auf persönlicher Ebene echt was und hat mir auch schon geholfen, weil es mir quasi die Augen geöffnet hat. Ich finde Träume sind gar nicht mal so schwer zu entschlüsseln. Da brauch ich kein Traumdeutungsbuch. Mir ist meistens ziemlich schnell klar, was mein Gehirn mir sagen will.
LUi G: Ich schaue am Montagabend immer verschiedene Serien und danach träume ich richtig absurde Dinge. Ich habe kürzlich geträumt, dass ich meinem Vorgesetzten einen Streich spiele und den Sensor seiner Computermaus mit durchsichtigem Klebeband überklebe, damit er sie nicht benutzen kann. Er wurde dann während des Traumes so richtig wütend.
Luzi: Was für Serien schaust du denn, dass du danach von Klebeband träumst? Find ich aber cool, du bist ein smarter Junge und weisst dass man das System von innen heraus sabotieren muss. Unser nächstes Album muss unbedingt Turbo Mate, Kalaschnikow UND Klebeband heissen!


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