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Fünf Typen von Musiknazis und wie du mit ihnen umgehst

Menschen werden immer über Musik schimpfen, daran können auch wir nichts ändern. Aber wir können euch sagen, wie ihr diesen Leuten zumindest ein bisschen den Wind aus den Segeln nehmt.

Leute, die über Musik schimpfen, gibt es bereits so lange wie die Musik selbst. Schon die Beatles mussten sich anhören, dass sie ihren Musikstil nur aus alten Sachen zusammengeklaut haben und ich könnte wetten, dass auch Mozart und vermutlich sogar musizierende Höhlenmenschen schon mit der Missgunst von ein paar Miesepetern leben mussten.

Musiknazis werden auch in einer Million Jahren noch haten, wenn die Menschheit den Planeten Erde bereits zerstört hat und mit Raumschiffen und in stark mutierter Form auf einem fernen Stern Zuflucht gesucht hat. Wir werden die Suderanten nie ganz loswerden, damit müssen wir uns abfinden. Doch es gilt: Hater ist nicht gleich Hater. Wie auch bei den Musikkennern gibt es auch beim Musikhasser ganz unterschiedliche Subtypen. Im Umgang mit dem Musikhass hilft es, sich vor Augen zu führen, mit welcher Form des Musiknazis man es eigentlich zu tun hat, wenn man im Konflikt gewappnet sein will. Hier sind fünf ganz spezifische Typen des Musiknazis für euch erklärt:

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Der Anti-Electronik-Nazi

Überall irren sie herum, die Menschen, die das Prinzip elektronischer Tanzmusik bis heute nicht mal im Ansatz verstanden haben, und sie in Folge dieses mangelnden Verständnisses bei jeder guten Gelegenheit durch den Dreck ziehen. Diese Form des Haters hat seit dem EDM-Hype leider wieder starken Rückenwind bekommen, um ihre Hauptargumente („Um DJ zu sein braucht man null Talent“, „Das Lied geht eh acht Minuten nur gleich dahin“, „Scheiß auf DJs!“) zu verbreiten. Henry Rollins, der ehemalige Black Flag-Frontmann, ist ein sehr anschauliches und ziemlich fremdschämwürdiges Beispiel für einen undiffenzierenden Hasser elektronischer Musik:

Wie Henry Rollins ist dieser Hater-Typ häufig in unserer Elterngeneration zu finden (wie konnte man mit dieser Haltung überhaupt die Neunziger Jahre überleben?). Aber nicht alle, die elektronische Musik aus Prinzip hassen, sind 40+. Immer mehr junge Menschen konvertieren zu dieser Form des Musikhasses. Tipp: spielt ihnen einfach ein paar Bonobo-, Caribouu, oder Aphex Twin-Songs vor, und die Verteidigungs- oder viel eher Angfriffslinie dieser Leute bricht ganz von allein zusammen.

Der Kritikenlese-Nazi

Der Kritikenleser lebt seine musikalische Missgunst auf verhältnisweise intellektuelle Weise aus. Und er hat einen ganz erheblichen Vorteil im Vergleich mit den anderen Hatern: Er muss die Musik nicht einmal gehört haben, um sie scheiße zu finden. Für ihn ist ein Album schon unten durch, wenn die Durchschnittsnote auf Metacritic unter einem Wert von 70 liegt—in den meisten Fällen genügt es ihm aber sogar, wenn deine neue Lieblings-LP eine unterdurchschnittliche Kritik (oder noch schlimmer: gar keine Kritik!) auf Pitchfork bekommen hat, um deinen kompletten Musikgeschmack pauschal zu verurteilen.

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Wenn man in direkten Kontakt mit einem kritikenlesenden Klugscheißer kommt, ist das Wichtigste, sich auf keinen Fall verunsichern zu lassen. Tatsächlich versteht er nämlich oft nicht halb so viel von Musik, wie er einen gerne glauben lässt. Seine vermeintliche Kompetenz basiert lediglich auf dem was andere bereits im Vorhinein für ihn aufgeschrieben haben. Dafür zeichnet er sich durch ein außergewöhnliches Zahlengedächtnis aus. Der kritikenlesende Hater lässt sich oft schon damit bezwingen, dass man ihm die Musik tatsächlich einmal vorspielt.

Der Nazi, der jede Anlage übernimmt

Diese Musiknazi-Spezies (auch bekannt als Auxkabel-Nazi) bewegt sich ungefähr auf dem selben Hinterhältigkeitslevel wie Gollum, im letzten Teil der Herr der Ringe-Triologie. Wenn du ihm deine Musik auf einer Party oder einer Autofahrt vorspielst, gaukelt er dir womöglich sogar vor, so etwas ähnliches wie Interesse an dem zu haben, was du gerade spielst. Aufrichtigen Tribut könnte er deiner Songsauswahl aber niemals zollen. Tief drinnen hasst er die Songs, die du spielst, und in Wirklichkeit wartet er hinter deinem Rücken nur den idealen Moment für einen musikalischen Putsch ab, um endlich die Macht über das Aux-Kabel, das Youtube-Fenster oder die iTunes-Mediathek zu bekommen. Vorsicht! Wenn er die Kontrolle erst einmal erlangt hat, wird er sie unter keinen Umständen mehr abgeben. Eröffne ihm also erst gar nicht die Möglichkeit. So schlimm wie ein richtiger Nazi ist er übrigens trotzdem nicht.

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Der „In der Golden Era war alles besser“-Rap-Nazi

Der New School Rap Hater unterscheidet sich ganz massiv vom allgemeinen Rap Hater, der jegliche Form des Genres zum Kotzen findet und es auf möglichst derbe Art und Weise zum Ausdruck bringt (wie ihr mit dieser eigenen Hater-Spezies umgeht, steht sehr schön im Urban Dictionary beschrieben). Nein, der Hater, von dem wir hier sprechen, ist gänzlich anders. Er bezeichnet sich selbst nämlich als größten Hip Hop-Fan überhaupt und verehrt die 'Golden Era' des Hip Hop. Nur hält er eben alles für Scheiße, was in den letzten fünf Jahren in der Welt des Hip Hop passiert ist. Er stört sich nicht nur am musikalischen, sondern auch an den Kleinigkeiten rundherum. Er kann beispielsweise auch nach zehn Jahren noch nicht wirklich akzeptieren, dass Rapper jetzt enge Hosen tragen.

Der Golden Era-Lover/New School Hater ist ein lebender Widerspruch. Einerseits liebt er es, auf die alten, harmonischen „Eine Liebe“-Werte der 90er Jahre-Rapszene zu plädieren. Auf der anderen Seite ist er, wenn es um musikalische oder kulturelle Veränderungen im Rap geht, so konservativ, dass er auch gut als Bürgermeister in irgendeinem bayrischen Dorf durchgehen könnte. In sozialen Netzwerken teilt er besonders gerne halblustige Memes mit der Kernaussage dass Hip Hop spätestens seit Lil Wayne komplett am Arsch ist und 2Pac sich in seinem Grab windet. Auch hier gilt: der New School-Feind versteht tatsächlich nur halb so viel von Rap, wie er selbst glaubt. Meistens braucht er nur Zeit, um zu realisieren, das Veränderung nicht das schlechteste ist, was es auf dieser Welt gibt. Und damit kommen wir schon zum nächsten Typ Hater:

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Der Slow-Poke-Nazi

Diese Musiknazi-Sorte ist die vergleichsweise harmloseste, und auch jene, die man am häufigsten antrifft. Tatsächlich gehört so gut wie jeder von uns ab und zu mal zu dieser Hater-Subspezies. Im Gegensatz zu vielen anderen Arten meint der langsame Musikhater seine Kritik oft auch wirklich nicht böse, und er hört sich neue Musik zunächst auch geduldig an—sein Hirn weigert sich dann aber einfach vehement, diese ungewohnten Klänge als gut anzuerkennen, eine kurze Zeit lang wird er seine Wut in sich hineinfressen, aber schon bald (etwa nach zweieinhalb Minuten) wird er seine Abneigung vermutlich sehr laut und entzürnt kundtun.

Dann gilt die dringende Devise: Lass den Hater haten. Denn schon bald—spätestens auf der nächsten wirklich guten Party auf der die neuartige Musik gespielt wird—wird dem Miesepeter ein Licht aufgehen, und er wird dich fragen, warum in aller Welt er diesen Song nicht schon längt so abartig geil gefunden hat. Glaub mir, einen schöneren Moment der Genugtuung gibt es gar nicht.

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