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Wien, du langweilige Partystadt

Wenn du einem Touristen gerne die Partytauglichkeit Wiens erklären möchtest, dann gähne ihm am besten genüsslich ins Gesicht.

Leider kein Symbolbild. Foto: Isabella Khom

Wenn du fortgehst, wie es ein richtiger Profi macht, dann machst du das schon am Freitag. Da kann auch nichts schief gehen. Es darf eskalieren und du wirst trotzdem am Montag wieder funktionieren. Das haben wir dem Samstag zu verdanken. Samstag ist der sogenannte Puffertag zwischen der Nacht der Eskalation und dem Sonntag, der zum Ausruhen ausgeschlachtet werden sollte.

Machen wir uns nichts vor: In der Afterhour am Samstag machst du das nämlich nicht, dieses sogenannte Ausruhen. Du vegetierst zwar schon für ein paar Stunden dahin, aber dem Körper gönnst du nicht wirklich Ruhe. Und wenn du ohnehin zu den ganz Wahnsinnigen gehörst, dann wirst du vermutlich den Samstag auch nochmal zum Abgehen nutzen.

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Genau deswegen ist der Freitag für uns auch so wertvoll, er ist eben nicht mit einem Gläschen Wein irgendwo abgetan—nope. Der möchte bis auf die letzte Minute—und eigentlich darüber hinaus—ausgekostet werden. Er erinnert uns daran, dass es auch noch so etwas wie Lebensfreude gibt.

Und deswegen stehen wir vor einem ganz großen Problem. Der Freitag ist nämlich vom Aussterben bedroht. Die Forelle hat dicht gemacht, weil sie renoviert. Die Sauna—naja—löst eher nur gemischte statt stürmische Gefühle aus. Sass macht an seinem besten (Donners-)Tag Urlaub—was wegen der Abwesenheit des Schanigartens ja noch zu verkraften ist. Die Auslage hat sich auch leise—nämlich wortwörtlich—mit einem Päuschen aus dem Staub gemacht. Das Chaya Fuera ist zu sehr das Chaya. Chaya Beach soll nicht so gut riechen, habe ich gehört, und die Steinchen am Boden stören beim Tanzen. Und wenn wir schon beim Thema "draußen" sind: Die OpenAirs sind wetterabhängig und immer nur bis 22:00 Uhr. Ihr versteht also jetzt meine Angst, oder?

Man hat es die letzten Wochen schon deutlich gespürt. Auf den Straßen waren überall obdachlose Seelen, auf der Suche nach ihrer Herberge der nächtlichen Tanzstunden. Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, was ich fortgeh-prophylaktisch gemacht habe, als ich noch nicht so diese gefühlten 45 Jahre alt war und deswegen keine zwei Tage zum Regenerieren gebraucht habe.

Früher war da das Flex, das Fluc und das Loft. Aber früher hab ich auch Drum’n’Bass und Dubstep gehört und auch den Aoki und Afrojack—früher ist daher keine gute Bezugsquelle für unser Heute.

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Also, what now? Das Hades war so schlau und versucht, sich unserer Not anzunehmen. Mit seinem [hype]-Programm samt einheimischer Größen und einer Funktion One. Das Flex hat ab jetzt jeden MIttwoch das Wohnzimmer, welches feinsten Sound verspricht, würden sie sich nur wieder trauen, lauter zu sein. Verteilt doch diese Gratis Ohropax und lasst uns unseren Spaß. Aber ist Mittwoch gleich Freitag? Nun, ab und zu haben sie auch freitags was für Raverleins. Also ja, du musst jetzt immer abchecken, wo etwas ist. Wir können leider nicht mehr wie gesteuerte Raver-Roboter in unsere Stammhütten gehen, denn die gibt es (vorerst) nicht mehr.

Wie ein Star nocheinmal uprisen könnte dafür das Werk. Die Security scheint da komplett neu gebrieft zu sein, denn von zwielichtigen Gestalten ist dort nur mehr selten eine Spur. Sie sind zudem sehr darauf bedacht, dass es den Girls beim Feiern gut geht. Und im Sommer grenzt es echt schon an "Urban Chic", wenn du voll gemütlich auf dem Gehsteig draußen chillst—drinnen ist nämlich Nichtraucher. Da auch eher kleinere und einheimische Kollektive die Partys schmeißen, musst du auch nie mit überspitzten Eintrittspreisen rechnen. Allerdings gibt es auch dort ab und an außerordentliche und/oder andersartige Events, die dem klassischen UmzUmz-Fan eventuell nicht ganz so liegen.

Aber, mehr haben wir nicht? Was würden eigentlich diese hiesigen Club-Besitzer davon halten, wenn wir ihnen den Winter einfach so boykottieren? Wir brauchen nämlich fix keinen Urlaub—Party all the time. Seriously eine Sommerpause? Jetzt, wo wir alle endlich mal gescheit Zeit haben, um zu feiern? Versteht mich nicht falsch: Ich weiß schon, dass es Clubs im Sommer nicht besonders einfach haben, aber ich weiß auch, dass gute Konzepte auch unabhängig von der Jahreszeit funktionieren können. In anderen Städten funktioniert das ja auch. Wieso schafft Wien das nicht? Wieso können wir hier nicht Samstag Vormittag einfach in einen Club schauen und bis Sonntag bleiben, wenn es uns passt?

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Ich hab keinen Bock mehr darauf, dass mein Nachtleben von Unfairness diktiert wird. Ich wünsche mir einen Club, der sich auch im Sommer traut, gescheit Programm zu machen. Beziehungsweise, sich generell traut, gescheit Programm zu machen. Ein Club, der nicht seine Seele verkauft.

Ich möchte, dass Wien einen Schuppen hat, der nicht von irgendwelchen namhaften Bookings abhängig ist. Sondern qualitativ so gut beschaffen ist, dass der Laden an sich ein Garant für gute Musik und Atmosphäre ist. Ein Mekka, das nicht um sechs Uhr morgens schlafen geht—die Besucher machen es ja meistens auch noch nicht. Berlin hat etliche dieser Sorte, dabei nur doppelt so viele Einwohner als Wien. Wieso haben wir nicht einen einzig guten Laden, auf den wir uns auch im Sommer verlassen können? Denn schon ein Club dieser Art würde reichen, um uns glücklich zu machen. Also why, Wien, why?

Ja. Die Katze packt es auch nicht mehr. Foto via Flickr | David Brown | CC BY 2.0

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