Frauen, die wie Männer klingen—Männer, die wie Frauen klingen

Kennst du das, wenn du einen Song zum ersten Mal hörst und nicht weißt, ob da ein Mann oder eine Frau singt? Ziemlich irritierend, oder? Aber auch ziemlich super, finden wir. Wer will schon tagein tagaus immer nur mit Eindeutigkeit und Gewöhnlichkeit konfrontiert sein? Also haben wir eine unvollständige Liste zusammengestellt mit ein paar Männer-wie-Frauen und Frauen-wie-Männer-Clips.

Mit bipolaren Geschlechtsidentitäten (so nennen schlaue Menschen dieses „typisch Mann, typisch Frau“-Getue) haben Leute im Musikbiz schon immer gerne gespielt. Im Gegensatz zur harten und bösen Realität bietet die Musik eine Art Sicherheitsraum, wo du dich austoben und so sein kannst, wie du möchtest—ohne Angst davor haben zu müssen, an irgendeiner verlassenen S-Bahn-Haltestelle von irgendwelchen ignoranten Aschlöchern auf die Fresse zu kriegen. Deshalb erklärt es sich wahrscheinlich von selbst, dass Musikgenres, in denen Street Credibility eine Rolle spielt, beim Männlein-Weiblein-Versteckspiel raus sind.

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an:

Ja, man hat den Song wirklich zu oft um die Ohren gehauen bekommen, und es würde mich nicht wundern, wenn sogar deine Mutter schon mal einen Kommentar wie „Also, der klingt doch nun wirklich wie Janis Joplin“ abgegeben hätte. Man muss dem Typ aus Israel aber lassen, dass sein Gesang auch nach dem tausendsten mal Hören ziemlich abgefahren klingt.

Ihr erstes Album heißt Woman und die Musik des kalifornischen Duos wird in der Presse gerne als „mysteriös, aber gefühlvoll“ bezeichnet. Und Michael Milos‘ Stimme hat Gerüchten zufolge was von der nächsten Dame.

Sie selbst ruft mit ihrem Gesang nicht unbedingt Geschlechtsverwirrungen hervor, aber „reife“ Frauen (nicht Mädchen) sind in der Popmusik auch eher Raritäten.

Das klingt ziemlich altmodisch und ziemlich undefinierbar. Und löst in Kombination mit dem Video noch weitere Irritationen aus. Eine Frau, die wie ein Mann klingt und im Video von einem Mann ersetzt wird, wohlige Twin Peaks-Flashback-Gänsehaut inklusive.

Hier könnte auch ein pubertierendes Teenage-Girl singen. Oder Amanda Palmer. Oder die Hanson-Brüder. Okay, jetzt wird die Sache doch ein bisschen gruselig.

„I’m a girl, you’re a boy, we’re left outside” singt Frontfrau Shannon Funchess—mit Kind im Arm eine klassisch weibliche Pose, die einen spannenden Kontrast zur Stimme herstellt.

Wie lange dauert es eigentlich noch, bis dieses Metalcore-Ding als Revival durchgeht? Egal, über das Genre schweigen wir jetzt mal. Bei diesem Video haben wir es mit einem doppelten Verwirrspiel zu tun: Nicht aus akustischen Gründen, sondern aufgrund des üppigen Haupthaars ist die Frage „boy or girl“ hier durchaus berechtigt. Hier kommt die Auflösung: Es ist ein Boy.

Diesen Wir-sind-die-letzten-auf-der-Party-und-liegen-uns-rotzevoll-grölend-in-den-Armen-Klassiker von 1981 könnte irgendwie auch eine dicke Frau singen.

Im Fall Antony Hegarty ist die Mann-oder-Frau-Unentschlossenheit keine Spielerei für seine „Rolle“ als Musiker, sondern Teil seines Privatlebens. Die Ernsthaftigkeit und Traurigkeit von Hegartys Musik deutet wiederum an, dass es nicht besonders entspannt ist, im realen Leben intersexuell (dumme Menschen sagen: Zwitter) zu sein.

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