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Fotos von den kaputten Helden der Zürcher Silvesternacht

Sie haben vielleicht nicht die beste, aber dafür die exzessivste Partynacht des Jahres verbracht.
Alle Fotos: Dominik Meier

Und jährlich knallt der Korken wieder. Genau um 00.00 stösst die ganze Welt darauf an, dass nach unserer Zeitrechnung ein neues Jahr eingeläutet wird. Unter Feuerwerks-Leuchtkörpern und Knallern umarmen wir uns euphorisch und voller Enthusiasmus, mit dem "New Year, New Me" im Gepäck, in die Jahreswende. Am Silvesterabend lassen wir uns schwängern von der Bedeutung und hoffen alle, dass das neue Jahr UNSER Jahr wird. Es wird UNSERE Zeit. So treffen wir uns mit unseren Liebsten und mit dem Mantra im Hinterkopf dieses Jahr alles anders zu machen. Mehr Sport, mehr zu schlafen, gesünder zu essen, mehr zu lachen, mehr Gefühle zu zeigen, mehr für uns einzustehen, mehr Disziplin, weniger Selbstzweifel und "einfach mal mehr machen, als nur sagen". Ja, an der Liste könnte stundenlang herum geschnippelt werden. Jedenfalls ist uns allen klar, dass wir dieses Jahr unsere Vorsätze auch endlich in die Tat umsetzen werden. Dieses Jahr wird es auch wirklich so sein. Ja, wir spüren das doch regelrecht. Pünktlich um 00:00 liegen sich dann Paare küssend in den Armen, weil irgendjemand bestimmt hatte, dass dies uns Glück fürs neue Jahr bescheren wird. Das ist nämlich der einzige wirkliche Wunsch von uns allen, nicht wahr? Simples Glück, nicht mehr und nicht weniger. Die, die nicht zu den Auserwählten gehören und sich ihr Glück durch den besagten Silvesterkuss erküssen können, weil ihr einziger fester Partner ihre Tränen sind, mit denen sie sich jeden Abend mit ihrem gebrochenen Herzen zusammen in den Schlaf weinen, hängen sich noch kräftiger mit ihren Lippen ans Proseccoglas. Nachdem du, wenn nicht schon vorher, nun beginnst deine Vorsätze mit kräftigen Spirituosen und anderweitigen Substanzen wieder aus dir herauszuspülen, bricht in der Stadt der kollektive Fortgehdrang aus.

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So bewegen sich die Meisten von uns, nach dem Anstossen wie Party Lemminge in den kollektiven Absturz. Mit der Erwartung die legendärste Partynacht des ganzen nächsten Jahres zu feiern, rennen wir von Party zu Party, von WG Feier zur WG Feier, oder gleich alles zusammen. Wieso nur etwas, wenn du doch alles haben kannst. Mehr Leben, wollen wir nämlich im nächsten Jahr auch und so geben wir unserer sowieso schon vorhandenen FOMO, an diesem Abend ihren perfekten fruchtbaren Boden zum gedeihen. Kurzum bricht in dieser Nacht der totale hedonistische Krieg im Kampf gegen unserer Körper aus. Wir haben uns aber auch weniger Negativität geschworen und so gibt es natürlich auch genug positive Aspekte an Silvester. Alkohol ist laut Chemie eine Lösung und so kann Silvester auch als eine Reinigungskur von allem schlechten des letzten Jahres betrachtet werden. So kannst du durch das Hochprozentige alles schlechte des letzten Jahres austreiben und auskotzen. Unterstützt durch das exzessive Rumrennen von Party zu Party und dem schweisstreibenden Tanzen machst du gerade auch Sport für das ganze nächste Jahr und kannst dies darum sowieso direkt von deinen Vorsätzen streichen. Ausserdem kannst du endlich mit deinem Kumpel feiern, den du das ganze Jahr nicht aus seiner Wohnung kriegst und vielleicht versteckt sich irgendwo im Stroboskopgewitter, oder Nebel der Partyböller jemand, der um 00:00 Uhr auch wie du verkrampft am Proseccoglas hing und du den verpassten Kuss mit besoffenem Geknutsche nachholen kannst. Vielleicht wirst du es am nächsten Tag bereuen. Aber vergiss nicht, du wolltest mehr Leben und weniger bereuen. Also so what. Dann hast du eben mit deiner Ex-Affäre rumgeknutscht. Kommt schon gut. Mehr Positivität, schon vergessen?

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Und wenn der letzte Funken Magie mit dem Morgendlichen Tau verschwunden ist und du die vielen "New Year, New me's" Vorsätze als Alkohol mit Dönerresten im Strassengraben wiederfindest, werden die meisten von uns sich seelenruhig in den ersten Januar ausrauschen, während sich die Feuerwerksböller im Kopf eingenistet haben, um unseren Kater zu feiern. Irgendwo da in diesen morgendlichen Stunden tummeln sich noch die Veteranen der Silvesternacht, die sich unermüdet mit verquollenen Augen, brummendem Kopf, Bennomenheit und schlechtem Atem im Tageslicht des Ersten Januars zeigen. Ein paar von denen haben wir an der Zürcher Langstrasse in den Strassenecken und Gehweg Rändern gefunden. Diese Leute zeigen uns, dass Magie nicht nur im Moment liegt, sondern unabhängig von Tages und Jahreszeit im Herzen weitergelebt werden kann. Die im Gegensatz von vielen, vielleicht nicht die beste, aber exzessivste Partynacht des Jahres verbracht haben. Sie sind diejenigen, die auf all die vernünftigen, langweiligen, immer wieder gleichen Vorsätze von uns allen geschissen haben und sich unserer verkrampften Selbstoptimierung entgegengesetzt haben, nämlich sich einfach mal so zu nehmen wie man ist. Denn wahre Helden tragen keine Umhänge, sondern manchmal einfach einen Döner in der Hand und Partyhut auf dem Kopf.

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