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Festival Summer

So war das Electric Love 2016 aus Sicht einer 18-Jährigen

"Die Partner wechselten häufiger als Unterhosen (Unterhosen auf einem Festival natürlich)."

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Letztes Jahr habe ich mir das erste Mal die volle Wucht des Festivals gegeben, bin im Geiste nie weg gewesen und habe mir meine Tickets—gerade früh genug—im Oktober bestellt. Man kann ja nie wissen. Die vier Tage Ausnahmezustand konnten nicht früh genug kommen. Und es war das Warten wert. Ladies and Gentlemen: Das Electric Love hat einen Platz auf der Liste der besten Musikfestivals gefunden. Nein, kein Scherz. Aber das haben wir euch ja schon letztes Jahr versucht zu erklären.

Gemeinsam mit zwölf anderen Menschen, die den EDM-Spirit so wie ich feiern, habe ich mich vergangenes Wochenende von Wien auf den Weg nach Plainfeld gemacht, um dem diesjährigen Hashtag, ähm, Festivalmotto #celebratemusic nachzugehen. Ein recht offensichtliches Motto, aber Tatsachen brauchen bekanntlich ja keine Ausschmückungen. Und hey, nichts einfacher als die Musik zu celebraten.

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Letztes Jahr haben wir nicht nur die Musik gefeiert, sondern auch den Stau. Wir standen letztes Jahr zu Mittag zwei Stunden in einem wunderschönen, von der Sonne beheizten Stau, bestehend aus angepissten Autofahrern und besoffenen Mitfahrern. Selbsterklärend, dass wir dieses Jahr auf der sicheren Seite sein wollten und deshalb wie die Pensionisten schon um 05:00 morgens losgefahren sind. Fünf. Uhr. Morgens. Livin' the dream.

Aber das Schicksal meinte es gut mit uns und wir wurden für unsere Pünktlichkeit gleich zwei Mal belohnt, denn die begehrten Parkplätze ganz oben waren noch frei und der Campingplatz, der für die kommenden Tage unser Spielplatz war, öffnete seine Tore bereits eineinhalb Stunden früher. EDM-Jackpot.

Was mich im Vergleich zu 2015 verwunderte, war die strenge Sicherheitskontrolle. Die Securitys durchsuchten nicht nur Taschen, sondern auch Zelte, Schlafsäcke und Campingsessel. Da Glasflaschen nicht erlaubt waren, musste alles (sogar Klopfer und sonstige Schnäpse) in Plastikflaschen umgefüllt werden, damit sich niemand verletzt. Trotzdem gab es in meiner Gruppe am letzten Tag eine angebrochene Nase, die durch das Werfen einer Plastikflasche entstand. Oh, the irony. Danke in dem Fall nochmal an die Sanitäter, die zufällig vorbeigingen und ihn sofort behandelten. Am Abend hat er dann dank euch eh wieder Vollgas gegeben.

Körperkontrollen gab es beim Eingang zum Campingplatz jedoch nicht, womit die verstärkte Sicherheit wieder einen kleinen Schritt nach hinten machte. Die einzige Kontrolle am Körper, die ich oag fand war, dass ich einmal am Weg zum Festivalgelände unterm BH abgetastet wurde. So richtig. Von einer Frau.

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So übel fand ich das eigentlich nicht, was aber auch an der allgemein steigenden Paarungswilligkeit auf einem Festival liegen kann. Genauso beeindruckend fand ich deshalb auch die ganzen Schmusereien, die ich vor den Stages betrachten durfte. Die Partner wechselten häufiger als Unterhosen (Unterhosen auf einem Festival natürlich). Und die schwangere Raverin, die ich wirklich nochmal fragen musste, ob das "Mini Raver" auf ihrem leicht ausgebeulten Bauch ernst gemeint war. Respekt.

Boxen waren am Campingplatz nicht erlaubt. Ist eh nur ein lauter Mistsack

Einen weiteren Schritt zurück machte auch die Hygiene. Bereits am Donnerstag, dem ersten offiziellen Festival-Tag, war kein Wasser mehr in vielen Toiletten vorhanden, von denen sowieso zu wenige aufgestellt wurden. Für die erwarteten 180.000 Festivalbesucher hat es geschätze 500 Toiletten gegeben—hätte man uns das früher gesagt, hätten wir uns wenigstens um Windeln gekümmert.

Man kann sich also vorstellen, wie lange man vorm tatsächlichen Wasserlassen warten musste. Um keinen Act zu verpassen, pisste ich mir einmal fast in die Hose. Und dann erfuhr ich erst nach einer dreiviertel Stunde von einem Freund, dass der DJ (den ich nach fünf Jahren endlich live gesehen hätte) verhindert ist, da die Fluglinie streikt. Danke für wirklich gar nichts. Richtig ärgerlich für Hardwell, dass er einen Tag vorm EM-Finale nicht aus Frankreich wegkommt. Kann ich mir vorstellen.

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Stattdessen gab es also einfach einen unbekannten Ersatz, der in den Charts von 2010 stecken geblieben ist, und als der auch keinen Bock mehr hatte, legten eben ein paar Hardstyle DJs auf der Mainstage auf. Ein echter Bruch mit der ELF-Tradition, aber für mich eines der Highlights vom ganzen Festival. Neben Q-Dance kooperierte auch die holländische Eventorganisation "b2s" mit dem Electric Love. Auf Deutsch heißt das, dass zahlreiche Raver bereits am Donnerstag Hardstyle-Stunden auf der Pussy Lounge mit Legenden wie Paul Elstak verbracht haben. Und ja, ihr lest richtig: Das Ding heißt Pussy Lounge. Man könnte also behaupten, dass Hardstyle schon bald einer der wichtigsten Bestandteile eines bedeutenden EDM-Festivals wird. Ich erhebe das jetzt einfach mal zum Trend.

Wer darf bei einem namhaften EDM-Festival nicht fehlen? Na? Richtig: Skrillex und Diplo, die erstmals als DJ Duo Jack Ü in Österreich auftraten. Ich glaube, ich muss nicht dazusagen, dass das eines der Hightlights des Electric Love war. Bisher spielten die Solo-Künstler nur auf ausgewählten Shows in Europa und sagten sogar Tomorrowland ab. Ein rares Ereignis also, das aber dann zwar nicht ganz so spektakulär war, wie es sich manche vorgestellt hatten. Aber dennoch super energetisch und cool.

Aber nicht nur die DJs, Stages und wasserlosen Toiletten, sondern auch die Besucher des #ELF16 machten die vergangenen Tage unvergesslich. Egal wo man hinsah, überall sah man Turnsackerl, LED-Schuhe und ein Lächeln auf den Lippen.

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Wenn man kein Lächeln sah, dann war es vermutlich ein Deutschland-Fan, denn als sich das Match zwischen Frankreich und Deutschland zur Niederlage für unsere Nachbarn wandelte, wurde jeder, der entweder ein deutsches Dress oder eine deutsche Flagge trug, mit einem "2:0, du Opfer!" angelallt. Nicht sehr nett, Leute.

Der Rest war mehr bei Nordirland daheim. Von allen Seiten drang ein lautes und falsches "Will Grigg's on fire" hervor, und egal wer es wann anstimmte, es wurde mitgesungen. Natürlich suchte man auch Helga, und die Cantina Band spielte den selben Song nochmal und nochmal. Einmal hörten wir sogar das gesungene "Vater Unser" (ja, das aus der Volksschule) von unseren Zeltnachbarn, die wir aber für den Rest des Festivals nicht mehr gesehen haben.

Achja: Wir haben, gemeinsam mit dem verrückten Holländern von gegenüber, euren Pavillon mit den übrig gebliebenen Dosen abgschossen. Danach wurden unsere eigenen Pavillons zerstört, weil eurer nicht reichte. Shit happens. Und noch eine Nachricht an die Typen mit dem WB-Kennzeichen auf der Autobahn, mit denen wir auf der Heimfahrt so abgegangen sind: Wir haben euer Spotted bekommen! Danke! Wiederholungsbedarf.

Screenshot via Facebook

Unterm Strich blieb das #ELF16 doch etwas hinter meinen—nach dem letzten Jahr hohen—Erwartungen zurück. Teils wegen organisatorischer Schwächen, teils wegen der überraschenden Ausfälle zweier Hauptacts. Und trotzdem war mir das noch tausend Mal lieber als David Guetta beim EM Finale, alleine schon wegen der wie immer großartigen Stimmung im Publikum. Da ist nämlich immer alles live und ungeschnitten.

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